„Sometimes it seems that the world is alright. They put a coat of paint on it. But inside it’s rotting to pieces.“
Dolores sucht den Architekten eines Supercomputers, Bernard ist auf der Flucht. Spoiler!
The real gods are coming, and they are very angry
Drei Monate sind vergangen, seit Dolores Westworld hinter sich gelassen hat. Sie nutzt die Informationen über Parkbesucher, um den Mann zu finden, der den Supercomputer Rehoboam gebaut hat, auf dem das System läuft, das mehr oder weniger die ganze Welt kontrolliert. Dabei fällt sie wortwörtlich Caleb Nichols in die Arme, einem Ex-Soldaten, der sich mit seinem Bauarbeiter-Job mehr schlecht als recht über Wasser hält und sich deshalb auch als Kleinkrimineller verdingt. Unterdessen ist Bernard untergetaucht, da Charlotte Hale ihn für die Vorkommnisse in Westworld verantwortlich macht.
Holpriger Einstieg
Ich will es gestehen: Ich hatte diesmal schon im Vorfeld nicht wirklich Lust auf die neuen Folgen. Zu enttäuscht war ich von der konfusen zweiten Staffel, die ich streckenweise nur noch nachvollziehen konnte, indem ich anderer Leute Analysen und Reviews las. Auf der anderen Seite, so dachte ich mir, die Trailer versprechen einen Neuanfang, und vielleicht haben die Autoren ja dazugelernt.
Haben Sie? Das ist nach nur einer Folge schwer zu sagen. Ich hatte Schwierigkeiten, mit dem neuen Setting warmzuwerden, für meinen Geschmack gibt es längst zu viele Neo Noir-Filme über Roboter, die die Menschheit ausrotten wollen. Zudem ist der Versuch, uns diese neue Welt zu erklären, bestenfalls als halbherzig zu bezeichnen: Ich musste erneut nachlesen, wie Rehoboam, das System und ein gewisser Serac zusammenhängen.
„I’m the last of my kind. For now. If I want to survive, I need a competitive advantage. As for the money, think of it as an investment. A start-up. The origin of a new species.“
Nicht mehr die naive Bauerntochter
Vielleicht wird meine Enttäuschung eher verständlich, wenn ich erzähle, warum „Westworld“ in seiner ersten Staffel so eine Offenbarung für mich war. Es ging um die zentralen Fragen des Bewusstseins, darum, was das Ich ausmacht, und ob ein künstlich geschaffenes Wesen ein eigenes Ich haben kann. Das war hoch philosophisch, bediente sich aber auch spannender psychologischer Konzepte, die ich auf diese Weise kennenlernte.
Doch die Zeiten der Selbstfindung sind lange vorbei, schon in der zweiten Staffel standen Gewalt und Unterdrückung im Mittelpunkt. Dolores, deren Erwachen wir hautnah mitverfolgt hatten, wurde zum eindimensionalen Bösewicht, die offenbar alles vergessen hat, was sie zuvor über Menschlichkeit gelernt hat. Und jetzt will sie die menschliche Rasse ausrotten? Das ist nicht mehr die Serie, in die ich mich verliebt habe.
Kürzere Staffel für mehr Stringenz?
Dennoch bin ich gewillt, der Serie einen gewissen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Immerhin, diese Staffel hat nur acht statt wie bisher zehn Folgen, das macht dieses Projekt etwas überschaubarer. Außerdem hilft es vielleicht, die Geschichte geradliniger zu erzählen und auf die ermüdende Rätselei zu verzichten, auf die man sich zuletzt doch etwas zu sehr gestützt hatte. (Ja, ich weiß, es gibt schon das erste Rätsel: Welcher Host steck im Körper von Charlotte Hale? Darauf lasse ich mich gar nicht erst ein.)
„Robots don’t kill people. People kill people.“
Ein neues Gesicht
Was Caleb angeht, weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel über ihn zu sagen. Er wirkt sympathisch, hat offenbar ein Trauma aus irgendeinem Krieg und einen Konstruktions-Roboter als besten Freund. Aktuell wirkt er ein bisschen wie die Neubesetzung der Lücke, die William hinterlassen hat. Die drängendste Frage dürfte daher wohl sein, ob er einen mildernden Einfluss auf Dolores hat oder sie einen radikalisierenden auf ihn.
Und alte Bekannte
Bernards Rolle ist ebenso unklar. Nach dem Finale der letzten Staffel ging ich davon aus, dass Dolores ihn als Sparring-Partner sieht. Als jemanden, an dem sie wachsen kann. Doch wie soll das funktionieren, nachdem sie und Hale dafür gesorgt haben, dass er der meistgesuchte Verbrecher ist? Das ergibt nicht besonders viel Sinn. Und jetzt will er auch noch zurück nach Westworld.
Wo übrigens auch Maeve ist, wie wir nach den Credits sehen. Sie ist nun Teil der Warworld, die der sogenannten Winter-Linie in Italien während des Zweiten Weltkriegs nachempfunden ist. Mein Geschichtswissen dazu ist praktisch nicht vorhanden, aber Nazis! Ich meine, irgendwie war vorherzusehen, dass das eines Tages kommen würde, oder? Wenn ich ehrlich bin, freue ich mich auf diesen Teil trotzdem noch am meisten, weil ich Maeve mag und wissen möchte, wie es mit ihr weitergeht.
These violent Delights have violent Ends
• Es ist das Jahr 2058. Das ist tatsächlich erheblich früher, als ich angesichts der Technologie vermutet hätte.
• Die Mode dieser Zeit ist allerdings witzig. Könnte bitte jemand diese Stimmungs-Shirts erfinden und vermarkten?
• Dass Dolores Menschen in wichtigen Positionen gegen Hosts austauscht, ist übrigens der exakte Plot von „Futureworld“.
• Bernard lebt unter dem Namen Armand Delgado, laut Internet ein Anagramm von „Damaged Arnold“.
• Soll ich euch verraten, warum ich Neo Noir nicht mag? Da ist immer Nacht. Was haben Serien neuerdings nur mit Dunkelheit?
2 von 5 Stimmungs-Bananen.