Die Todessehnsucht des Einzelhandels

Es wird ja allenthalben das sogenannte Einzelhandelssterben betrauert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man sich dort mittlerweile so dermaßen weit vom Kunden entfernt hat, dass ich immer wieder überrascht bin, dass der Einzelhandel nicht tatsächlich schon tot ist. Drei Beispiele von Produkten, die ich einen Monat lang vor Ort zu kaufen versucht habe – zwei davon habe ich am Ende bei Amazon bestellt.

Beispiel eins: Schnürsenkel. Man würde wohl meinen, das simpelste, was es gibt. Kurzwaren, so was hat jedes Haushaltswarengeschäft. Zumindest dachte ich das bisher. Nur in zwei Geschäften fand ich überhaupt welche, namentlich bei Woolworth und bei Kaufland, und da hatten sie nur welche in schwarz und in weiß. Blöd, wenn man ausgerechnet braune, noch dazu runde und 150 cm lange braucht.

Das zweite, wonach ich mir wochenlang die Hacken wund lief, waren Teedosen. Versteht mich nicht falsch, man kriegt jede Menge Teedosen. Wenn man halt zufällig welche mit einem Fassungsvermögen von 500 g braucht oder keinen besonderen Wert auf Ästhetik legt. Aber kleine, hübsche Döschen für die klassischen 100 g losen Tee? Fehlanzeige. Gerade hier fand ich online richtig, richtig schöne.

Na ja, ein Happyend gab es dann aber doch – bei den Kochlöffeln aus Holz. Nachdem ich wochenlang nur handgeschnitzte Deluxe-Löffel aus Akazienholz zu zweistelligen Preisen fand und langsam zu zweifeln begann, ob der sagenumwobene einfache Holzlöffel überhaupt noch existiert, begegnete er mir schließlich bei Tedox. Einem Renovierungs-Discounter. Ich meine, darauf muss man erst mal kommen.

Und die Moral von der Geschicht? Der Einzelhandel ist immer schnell, anderen die Schuld für sein Scheitern in die Schuhe (ohne Schnürsenkel) zu schieben. Aber Kunden sind nicht blöd, und wenn sie einmal, zweimal, dreimal etwas nicht vor Ort kriegen, dann bestellen sie es beim vierten Mal eben gleich online. Ich war immer jemand, der den Charme einer Filiale zu schätzen weiß, aber selbst mir ist meine Zeit langsam echt zu schade dafür, jedem Kinkerlitzchen hinterherzurennen.