Interview with the Vampire | Don’t be afraid, just start the Tape (2×05)

„I want 20 minutes, for me. I’d like to know, for me, what happened between us.“

Louis und Daniel rekonstruieren, was damals nach ihrem Interview in den 1970ern wirklich passiert ist. Spoiler!

Do you normally interview your subjects with your shirt off?

Da Armand für eine Weile mit der Jagd beschäftigt ist, sieht Daniel seine Chance gekommen, mit Louis’ Hilfe seine verschwommenen Erinnerungen an das erste Interview vor fünfzig Jahren zu rekonstruieren. Als Louis damals ausrastet und Daniel beißt, rettet ihm Armand tatsächlich das Leben. Die beiden Vampire liefern sich einen erbitterten Streit über jahrelang unterdrückte Beziehungsprobleme – und Louis stürmt hinaus in die Sonne. Zwar kann Armand seinen Tod verhindern, doch Louis ist schwer verletzt und kann nur wenig tun, als sich Armand Daniel widmet und ihn über Tage quält, um herauszufinden, was Louis an ihm nur so faszinierend findet.

Eine Folge, die einen hinterrücks überfällt

Was für eine Tour de Force! „Don’t be afraid, just start the Tape“ macht einen wirklich fertig und entwickelt dabei gleichzeitig einen solchen Sog, dass man selbst in den grausamsten Momenten noch wie hypnotisiert am Bildschirm klebt. Seit elf Folgen reden wir davon, dass Lestat der große Bösewicht der Serie ist, und dann steht da plötzlich Armand, mit seiner undurchdringlichen Fassade der Ruhe, und foltert mit emotionslosem Kalkül einen harmlosen Reporter. Weil er Eheprobleme hat. Und damit kennen wir wahrscheinlich noch immer nur einen Bruchteil der ganzen Geschichte …

Daniel: „Armand fogged my brain. Redacted himself, which accounts for why I didn’t remember. And what accounts for why you didn’t?“
Louis: „I was disfigured. I was in pain.“
Daniel: „But you remember right up until you bit me. And I remember right up until when you bit me. And then both our memories cut out. Same precise edit on two brains?“

Der Dokumentierende wird selbst Teil der Geschichte

Es ist nicht ganz unbedeutend, dass sich die Dynamik zwischen Louis, Daniel und Armand in der Gegenwart erheblich verschiebt. Als Reporter ist es normalerweise Daniels Aufgabe, eine gewisse Distanz zu wahren und ausschließlich zu dokumentieren. Nun jedoch muss er feststellen, dass er selbst Teil der Geschichte ist – und kein ganz unwichtiger, wenn man bedenkt, dass das Interview 1973 offenbar einen entscheidenden Einschnitt in der Beziehung zwischen Armand und Louis darstellt.

Damit vollzieht sich ein massiver Wechsel in der Erzählstruktur, denn bisher standen Daniel und Louis gewissermaßen auf verschiedenen Seiten. Louis der Erzählende und Daniel der Dokumentierende. Nun stehen sie plötzlich auf derselben Seite und haben ein gleichermaßen großes Interesse daran, Louis’ verschüttete Erinnerungen freizulegen. Es wird spannend zu sehen, wie sich das Interview dadurch verändert, zumal sie Armand nun als vorsätzlich unzuverlässige Quelle ausgemacht haben.

Warum wollte Louis dieses Interview?

Eine Frage bleibt jedoch auch weiterhin bestehen: Was bezweckte Louis damals mit dem Interview? Armand erwähnt, dass er vor Daniel schon 128 junge Männer zu sich nach Hause eingeladen hatte, die er alle getötet hat. Nun könnte man einwenden, Daniel wäre es genauso ergangen, wäre Armand nicht dazwischen gegangen. Aber etwas ist trotzdem anders, sonst hätte Armand nicht so reagiert. Er spürt, dass Daniel für Louis wichtig ist, und ich denke, es geht nicht darum, dass er den Reporter „faszinierend“ findet.

Die Beziehung zwischen Louis und Armand ist zu dem Zeitpunkt geprägt von Überdruss und Frustration. Die Dinge, die sie sich gegenseitig an den Kopf werfen, sind genau die Dinge, die sie als Personen ausmachen. Man muss sich also fragen, warum sie zusammenbleiben und einander das Leben zur Hölle machen. Bei Louis haben wir eine gewisse Ahnung, es ist dasselbe Schema wie schon bei Lestat, eine Art unterwürfige Akzeptanz. Aber Armand? Wie sind sie an diesem Punkt gelandet?

Gibt Louis dieses Interview, weil er weiß, dass es Armand anpisst? Will er einfach nur mit jemandem reden, der ihm keine Vorwürfe macht, wenn er den Namen Lestat erwähnt? Ist es ein verzweifelter Versuch, vergangene Traumata aufzuarbeiten? Es ist immerhin offensichtlich, dass Louis sich die Schuld für Claudias Schicksal gibt. (Das ist für uns aktuell noch recht abstrakt, weil wir nicht wissen, was mit ihr passiert ist.) Und dann natürlich die nächste Frage: Wieso das zweite Interview jetzt?

„Suffocation by the world’s softest, beige-est pillow! The ten hours I spent with that boy were more exciting, more fascinating, than decades with you!“

Armand, der unbekannte Jedermann

Über Armand wissen wir im Grunde so wenig, aber mir ist erst jetzt bewusst geworden, dass das nur bedingt daran liegt, dass wir lediglich Bruchstücke seiner Vergangenheit kennen. „Oh, this is boring! You’re boring! You are so boring!“ schleudert Louis ihm entgegen. (Die Bezeichnung als „beiges Kissen“ dürfte die originellste Beleidigung sein, die ich seit langem gehört habe.) Und das ist es doch im Kern: Armand ist der Mann ohne Eigenschaften.

Armand ist in jeder Hinsicht unverbindlich. Er ist auf konventionelle Weise gutaussehend, er hat eine angenehme, aber letztendlich gewöhnliche Stimme, seine Gestik ist zurückhaltend, seine Mimik praktisch nicht vorhanden. Er hat keine Leidenschaften, oder zumindest zeigt er sie nicht, und das macht es auch so schwer, ihn zu durchschauen. Liebt er Louis? Nun, da müssen wir anscheinend seinen Worten vertrauen.

Don’t be afraid, just start the Notes

• Die Titlecard wurde für diese Folge erneut geändert und die Skyline von Paris durch die von San Francisco ersetzt.
• Gut, dass wir diese Frage geklärt haben: „Did we …?“ Die Antwort lautet nein.
• Das 1973er Interview endete an der Stelle, als Louis auf der Bank im Park sitzt, nachdem er Claudia hat gehen lassen. Der ganze Paris-Part ist demnach neu für Daniel.
• Armand wusste damals, wo Lestat ist, und nahm sogar Kontakt mit ihm auf. Ich frage mich, ob Lestat anschließend von sich aus versucht hat, Louis wiederzusehen.

5 von 5 Bananen, die lernen wollen, interessant zu sein.

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