„Let us raise an army of bastards!“
(„House of the Dragon“)
Götter, Piraten, Dominas, Monster, Zeitschleifen und Drachen – abwechslungsreicher geht eigentlich nicht. Dass nicht jede der Serien meinen Geschmack getroffen hat, ist dabei fast verzeihbar, immerhin trauen sich die Kreativen endlich wieder was. Spoiler!
Kaos (Staffel 1)
Es könnte so ein schöner Tag für den Gott Zeus sein: Die alljährlichen Olympia-Feierlichkeiten stehen an. Doch auf der Erde wird ein Denkmal zu seinen Ehren geschändet und er entdeckt auf seiner Stirn eine neue Falte, die auf die Erfüllung einer alten Prophezeiung hindeutet, die seinen Fall vorhersagt. Derweil sucht sein gelangweilter Sohn Dionysos nach einer Bestimmung und hilft dem Musiker Orpheus, seine gerade verstorbene Frau Eurydike aus der Unterwelt zurückzuholen. Die aber ist genau dort, wo sie sein sollte – als Teil eben jener Prophezeiung.
Ich war noch während der ersten Folge skeptisch, weil ich fürchtete, „Kaos“ wäre nur wieder eine billige Verballhornung griechischer Mythologie. Das ganze Gegenteil ist der Fall! Die Geschichten werden in eine alternative Gegenwart verlegt und zeigen die Götter des Olymp als abgehobene Elite, die sich im eigenen Glanz sonnt und keinen Gedanken an das Leben der Sterblichen verschwendet. Das ist brillant erzählt, voller „Eastereggs“ und auch optisch clever umgesetzt. Dass es keine zweite Staffel geben wird, halte ich dennoch für eine kluge Entscheidung, weil die Story bereits rund wirkt.
4 ½ von 5 Bananen im Labyrinth.
One Piece (Staffel 1)
Seit Gold Roger, der König der Piraten, vor mehr als zwanzig Jahren hingerichtet wurde, befindet sich die Welt im Goldrausch – jeder sucht nach seinem legendären Piratenschatz, dem „One Piece“. Auch Ruffy, der schon als Kind von einer Karriere als Pirat träumte, gehört dazu, auch wenn ihm aktuell noch ein Schiff und eine Crew fehlen. Er tut sich mit dem Piratenjäger Zorro und der Diebin Nami zusammen, die allerdings darauf bestehen, dass sie keine Crew sind. Und weil sie die Karte zur Grandline aus dem Stützpunkt gestohlen haben, ist bald auch die Marine hinter ihnen her.
Irgendwie … ich weiß nicht. Ich hatte die Serie seit Erscheinen auf der Liste, und ich glaube, sie wurde mir sogar mal persönlich empfohlen. Aber ich bin nicht recht damit warm geworden, der comichaft überzeichnete Stil hat mich jedes Mal wieder rausgerissen, sobald ich anfing, die Story zu mögen. Das will ich „One Piece“ nicht zum Vorwurf, man will dem Anime als Urspungsgenre treu bleiben, aber da ich auch keine Anime gucke, funktionierte das für mich einfach nicht. Ich musste mich da ganz schön durchkämpfen und weiß aktuell nicht, ob ich für die Fortsetzung noch mal einschalten werde.
2 ½ von 5 Gummibananen.
Pete: „Hast du auch Sex mit diesen Leuten?“
Tiff: „Ich bin eine Domina, keine Prostituierte.“
(„Bonding“)
Bonding (Staffel 1+2)
Um ihr Psychologiestudium zu finanzieren, arbeitet Tiffany unter dem Namen Mistress May als Domina. Als sie bei einem Kunden Hilfe braucht, fragt sie ihren schwulen besten Freund Pete, der als Kellner kaum genug verdient, um die Miete zu bezahlen. Das Arrangement funktioniert, und so wird Pete offiziell ihr „Assistent“ Carter. Durch das Rollenspiel bringt er sogar endlich den Mut auf, seine Karriere als Standup-Comedian in Angriff zu nehmen. Als ein zudringlicher Kunde ihre Reputation zerstört, nehmen die beiden widerwillig Nachhilfe bei Misstress Mira und besuchen ihren „Dom 101“-Kurs.
Ich hatte „Bonding“ schon etwas länger als Recherche für meinen „Liebeshandlungen“-Artikel über SM-Darstellungen auf der Liste. Am Ende hat mich die Serie aber um ihrer selbst willen begeistert, obwohl mir die Festlegung auf Comedy von Netflix etwas vorschnell erscheint. Ja, es gibt Situationskomik, wenn wir den verschiedenen Kunden begegnen, aber das verfliegt schnell, weil dahinter echte Menschen stecken. Vor allem zeigt „Bonding“ die bemerkenswert liebevollen Beziehungen zwischen Dom und Sub. Wirklich zu schade, dass die Serie nach nur zwei Staffeln abgesetzt wurde.
5 von 5 Bananen in Lack und Leder.
Eric (Miniserie)
New York in den 1980ern. Edgar, der neunjährige Sohn des Puppenspielers Vincent Anderson, verschwindet auf dem Weg zur Schule. Detective Michael Ledroit leitet die Suche nach dem Vermissten und glaubt, dass es einen Zusammenhang zu einem anderen vermissten Jungen gibt. Derweil erweckt Vincent Edgars Zeichnungen zum Leben, um sie als Puppe Eric in seine Fernsehsendung „Good Day Sunshine“ zu bringen. Doch Vincent gerät immer mehr in einen Strudel aus Alkohol und Drogen, bis ihn der monsterhafte Eric auch im wahren Leben verfolgt und in den Wahnsinn treibt.
„Eric“ ist ein seltsames Stück Fernsehunterhaltung. Ich könnte euch nicht mal eine Genre-Einordnung geben – ist es Krimi, Drama, Psychogramm, Groteske? Das Verkaufsargument ist sicherlich Benedict Cumberbatch, denn die bloße Story vom vermissten Jungen ist so konventionell, dass sechs Folgen dafür fast ein wenig übertrieben sind. Cumberbatch lotet die Tiefen eines Mannes aus, der von seinem Vater selbst keine Liebe erfahren hat und mit seinem eigenen Sohn irgendwie überfordert wirkt. Das ist zwar spannend, doch macht die Erzählung als Ganzes einen etwas unfertigen Eindruck.
2 ½ von 5 zotteligen Monsterbananen.
„Die wahren Monster lauern nicht unter dem Bett, Vincent. Du bist es. Du bist das Monster.“
(„Eric“)
Bodies (Miniserie)
In der Londoner Longharvest Lane wird eine nackte Leiche mit Kopfschuss gefunden. Die Kugel bleibt verschollen, doch das ist nicht das Ungewöhnlichste daran: Derselbe Körper wird 1890, 1941, 2023 und 2053 an derselben Stelle gefunden. Nur im Jahr 2053 überlebt der Mann knapp und kann als Gabriel Defoe identifiziert werden, Professor für Quantengravitationstheorie. Als Detective Iris Maplewood die Ermittlungen aufnimmt, trifft sie an der Universität jedoch den quicklebendigen Defoe. Und der eröffnet ihr, dass Zeitreisen nicht nur theoretisch möglich sind.
Eine elegant erzählte Zeitschleife – und das in nur acht Folgen. Die Kürze der Serie ist vielleicht ihr größter Vorteil, da „Bodies“ (anders als „Dark“) nicht lange mäandert, sondern sehr klar strukturiert ist. Das erleichtert es auch uns Zuschauern, die Schleife wirklich zu verstehen. Klar, dass die Serie trotzdem nichts ist, was man mal so nebenbei schaut, man muss schon konzentriert bleiben und mitdenken, dann macht die Erzählung extrem viel Spaß. Die Tür für eine Fortsetzung lässt man sich offen, doch wenn ihr mich fragt, sollte man es dabei belassen. Die Schleife ist perfekt.
5 von 5 unvermeidlichen Bananen.
House of the Dragon (Staffel 2)
Der Tod von Rhaenyras Sohn Lucerys lässt die angespannte Situation zwischen den Greens und den Blacks eskalieren. Daemon will Aemond töten lassen, doch am Ende wird mit Jaehaerys ein Kleinkind ermordet. Während Rhaenyra mit ihrem Rat um eine Strategie ringt, diesen Krieg ohne Blutvergießen zu gewinnen, macht sich Daemon auf nach Harrenhal, der größten Burg in Westeros, die jedoch völlig verfallen ist. Bei der ersten großen Schlacht wird König Aegon lebensgefährlich verletzt, worauf dessen Bruder Aemond die Regentschaft übernimmt und sogleich die Stadt abriegeln lässt.
Die zweite Staffel von „House of the Dragon“ entwickelt leider nicht denselben Sog wie die erste. Wir verbringen nur viel, viel Zeit damit, Ratssitzungen beizuwohnen, in denen über einen Krieg debattiert wird, von dem wir irgendwie nie etwas sehen. Daemons Sidequest kam mir streckenweise sinnlos vor, bietet Matt Smith aber die Möglichkeit, den Charakter auszuloten, und war für mich am Ende fast das Beste an der Staffel. Ein Highlight waren die Drachen, von denen sehen wir diesmal so viel mehr. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass die Staffel die Story wesentlich vorangebracht hat.
3 ½ von 5 Bastard-Bananen.