„Irgendwann heute Nacht bin ich aufgewacht, dachte, ich sei noch zu Hause, und wollte mir aufschreiben, dicke Socken einzupacken. Am Schlafsack hab ich dann gemerkt, dass es dafür zu spät ist.“
Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich jenen unkomplizierten Tagen hinterhertrauere, als ich meine Sommer noch irgendwo in der Pampa verbrachte und im Namen der Wissenschaft Erde kratzte. Und das, obwohl ich nach meinen letzten sechs Wochen Ausgrabung drei Kreuze machte, weil ich wusste, dass ich so was nie wieder machen muss. Nostalgie halt, ihr kennt das.
Letztens stolperte ich über mein Tagebuch aus jener Zeit und klickte mich anschließend durch die wenigen Fotos, die damals in den raren Momenten zwischen arbeiten, essen und schlafen entstanden sind. August 2010, ein Sommer, der diesem nicht unähnlich war – anfangs brütend heiß, dann wochenlang windig und verregnet. Wir wohnten in einem alten Bauernhof, ein zweiteiliges Gebäude, wo die Dusche im einen Hausteil und die Toilette im anderen war. (Wer noch nie tief in der Nacht nur mit einer Taschenlampe bewaffnet an einem Maisfeld vorbeigestolpert ist, aus dem komische Geräusche kommen, hat nichts erlebt.)
Das hier war der Blick aus der Dusche, ein Foto, das ich garantiert nur schnell aus dem Handgelenk gemacht habe, um die Wohnsituation festzuhalten. Wenn ich es heute sehe, erkenne ich darin eine Einfachheit und Genügsamkeit, die mir manchmal fehlt. Ich meine, ich weiß, dass es in dem Hausteil beschissen kalt war, vor allem Nachts. Und abgesehen von der Dusche hatten wir nirgends in dem Haus Warmwasser (zum Geschirrspülen haben wir Wasser gekocht). Und in meinem Tagebuch habe ich auch viel darüber geschimpft, aber … ein bisschen fehlt es mir halt doch.
Au, der Riss in der Wand ist ja fies. Und Hundskälte nachts klingt auch nicht toll – schon seltsam, das wir das dennoch manchmal idealisieren.
In meine Jugend/Studentenzeit möchte ich ehrlich gesagt nicht um alles zurück, auch nicht zu den Jahren, die ich zu zweit auf 13qm verbracht habe. Ich bin immer noch baff, dass das überhaupt funktoniert hat damals.
Ich glaube, wenn ich so zurückdenke, bin ich gerade nirgendwo lieber als hier und jetzt. Klar, gefühlt habe ich deutlich mehr und existenziellere Sorgen als damals, schon allein hinsichtlich des Klimawandels, aber ich habe nicht mehr dieses „haltlose“ Gefühl als Jugendliche, dass die Welt noch so groß ist und ich meinen Platz in ihr noch nicht gefunden habe. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre ich in mein Fundament eingesunken. Ich bin zwar nicht mehr so spontan und flexibel wie früher, aber dafür deutlich „gesettelter“. Auch die Entspanntheit bei der Wahl der Kleidung, über die du ja schonmal gebloggt hattest, ist so ein Symptom von dieser Grundruhe, die ich gerade sehr genieße.