„The last thing anyone wants is singing Klingons.“
Gefangen in einem Quantenwahrscheinlichkeitsfeld, legt die Crew der Enterprise in Songs ungewollt ihre Gefühle offen. Spoiler!
Where’s that music coming from?
Die Enterprise trifft auf eine natürliche Subraumspalte, die sie, so glauben zumindest Spock und Uhura, zur Langstreckenkommunikation nutzen können. Doch das Experiment geht schief und öffnet ein Quantenwahrscheinlichkeitsfeld, in dem die Regeln eines Musicals gelten. Wann immer also jemandes Emotionen hochkochen, beginnt er zu singen – und legt dabei seine intimsten Geheimnisse offen. Der Versuch, die Spalte wieder zu schließen, führt lediglich dazu, dass sich das Feld weiter ausdehnt, und zwar nicht nur auf Schiffe der Föderation, sondern auch auf die der Klingonen. Die wollen die Subraumspalte deshalb kurzerhand zerstören.
Eine der besten Musical-Folgen überhaupt
Die Kurzfassung lautet: Ich liebe, liebe, liebe diese Folge! Meine Einstellung zu Musical-Episoden ist generell eher indifferent, es gibt wahrlich genauso viele gute wie schlechte Beispiele. Aber eine Portion Nonsens gehört seit jeher zu „Star Trek“ dazu, und eigentlich bin ich überrascht, dass man das Experiment nicht schon viel früher gewagt hat. (Andererseits, wenn es immer gleich um das Ende des gesamten Universums geht, bleibt natürlich wenig Zeit für Gesangseinlagen.)
Dennoch war zu erwarten, dass „Subspace Rhapsody“ die Fans spalten würde, und es ist ganz amüsant, dass bei der IMDb-Wertung zum gegenwärtigen Zeitpunkt vergleichsweise wenig im Mittelfeld passiert. Es gibt die 10, 9 oder auch 8 Sterne … und eine Menge Leute, die nur 1 Stern vergeben haben. Sei’s drum, in meinen Augen gelingt der Spagat zwischen reiner Spaßfolge und ernsthafter Charakterentwicklung herausragend. Nach dreimaligem Ansehen ist das jedenfalls meine neue Lieblingsfolge. (Da, ich hab’s gesagt.)
Pike: „So … that happened.“
La’an: „Reports of musical outbreaks have come in from every deck.“
Kirk: „Honestly, I thought it was something you had all rehearsed, but I sang too.“
Das Musical-Element erfüllt einen Zweck
Im Grunde gehört es heute für jede erfolgreiche Serie schon fast zum guten Ton, mindestens einmal eine Musical-Episode zu produzieren. (Wenn ich mich recht erinnere, hatte „The Magicians“ seinerzeit sogar drei.) Als Auslöser des ganzen Hypes und fraglos immer noch beste Umsetzung des Konzepts muss sich indes jeder neue Versuch an der „Buffy“-Folge „Once more with Feeling“ messen lassen. Eine Folge, die die Songs eben nicht nur dazu nutzte, den Fans mit einem Soundtrack Geld aus der Hüfte zu leiern (wir haben es trotzdem gerne dafür ausgegeben), sondern zugleich einen Wendepunkt in der Handlung darstellte.
Und das ist es auch, was „Subspace Rhapsody“ für mich zu einer so guten Folge macht. Trotz aller Albernheit, die keineswegs verneint wird, bleibt sich die Serie im Kern treu und nimmt ihre Figuren ernst. Beziehungen, die im Laufe der Staffel aufgebaut oder vertieft wurden, rücken nun in den Vordergrund, und das auf eine Weise, wie das ohne das Musical-Element nicht möglich wäre. Die Songs sind kein bloßer Selbstzweck, sondern bringen die Erzählung voran, weil sie die Protagonisten zwingen, Wahrheiten zu singen, die sie sonst nie laut aussprechen würden.
Kein Happyend für die Liebe
Am offensichtlichsten und auch tragischsten ist das bei Spock und Chapel. Auch deshalb, weil wir eigentlich nichts von dieser Beziehung gesehen haben, nachdem sie so lange vorbereitet wurde. Aber das ist wohl die Lektion daraus, sie hatten beide zu unterschiedliche Vorstellungen davon, was das zwischen ihnen ist oder sein könnte. (Im Grunde wurde das schon angedeutet, als Chapel sich weigerte, es irgendwie zu definieren.) Es passiert in Serien selten genug, dass sich eine Frau für die Karriere statt für die Liebe entscheidet, aber wie sie Spock einfach aus ihrer Gleichung herausstreicht, das ist schon sehr herzlos.
Die Liebelei zwischen La’an und Kirk hingegen wird direkt im Keim erstickt, und obwohl ich ein kleines bisschen enttäuscht bin, ist das auf lange Sicht sicher die bessere Entscheidung. Wenn man bedenkt, was Kirks Zukunft noch so bereithält, ist eine Beziehung mit einer Nachfahrin von Khan Noonien-Singh das Letzte, was er braucht. Es geht ohnehin mehr darum, dass La’an lernt, sich jemandem zu öffnen, selbst wenn es zu nichts führt. Sie muss die Last ihrer Gefühle nicht allein tragen, und die Ablehnung bringt sie auch nicht um, das sind zwei enorm wichtige Lektionen.
Weniger dramatisch ist die kleine Meinungsverschiedenheit zwischen Pike und Batel über das Ziel ihres gemeinsamen Urlaubs. Das ist nur passend, in dem Alter ist so was nicht gleich ein Grund zur Trennung und ihr ganz und gar nicht privater Streit entsprechend harmlos. (Nicht zu vergessen äußerst amüsant, wenn Pike dann noch theatralisch vor dem Bildschirm kniet, als La’an die Verbindung unterbricht.) Die beiden sind auch das einzige Paar, das in dieser Folge so etwas wie ein Happyend bekommt, wobei ich das gerne mit einem Fragezeichen versehen möchte, denn ich hab da eine ganz böse Vorahnung bezüglich Staffelfinale.
„Mr. Spock, you explained that very well. I almost understood it.“
Eine fantastische Songauswahl
Was die Songs selbst angeht, so sind die eigentlich über jede Kritik erhaben. Gewiss, ein wenig mehr stilistische Variation wäre wünschenswert gewesen, und dass so gar keine unbekannten Crewmitglieder im Hintergrund in Gesang ausbrechen, ist etwas schade. Aber die neun Stücke, die wir bekommen, sind durch die Bank wunderbar geschrieben und umgesetzt. Falls es irgendwen interessiert, meine Top3 lautet: Spocks „I’m the X“, dann Chapels „I’m ready“ und schließlich La’ans „How would that feel?“ In dieser Reihenfolge, denn Ethan Pecks Stimme hat mich komplett umgehauen.
Ich für meinen Teil hoffe ja, dass man sich noch dazu durchringt, den Soundtrack auch auf einem physischen Medium zu veröffentlichen. Aktuell ist er nur als Download verfügbar, und das wird dem Musical meines Erachtens wirklich nicht gerecht. Ich möchte bitte wie bei der „Buffy“-Folge ein Album mit Bonustracks und Booklet, in dem die Lyrics stehen, damit man mitsingen kann. Kann mir doch keiner erzählen, dass ich der einzige Fan bin, der sich die CD gerne ins Regal stellen würde.
I’ve got a theory, it could be bunnies!
• Schön, dass das große Vorbild „Buffy“ eine liebevolle Erwähnung erfährt, als La’an die Befürchtung äußert, sie könnten sich als nächstes in Kaninchen verwandeln. Und das „improbability field“ erinnerte auch nicht nur zufällig an den „infinite improbability drive“ aus dem „Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“, oder?
• Der Blick, den sich Chapel und M’Benga zuwerfen, als Una „the secrets you keep safe inside might keep you awake and cut like a knife“ singt. Eines von vielen wundervollen Details in der Folge.
• Nicht, dass ich ihn erkannt hätte, aber der Captain der Boygroup-Klingonen wird von niemand Geringerem als Bruce Horak gespielt. Außerdem: Wer hätte gedacht, dass das K in K-Pop für Klingonen steht? Völlig daneben, aber so genial.
• Und ich fand’s zum Schreien, wie am Ende fast nebenbei erwähnt wird, dass Spock für den Frieden mal wieder mit den Klingonen Blutwein trinken musste, woraufhin er leicht schwankend die Brücke betritt.
5 von 5 Bananen, die sich wahrscheinlich nicht in Kaninchen verwandeln.