„Some things break in a way that can never be repaired. Only managed.“
Die Enterprise eskortiert einen klingonischen Botschafter, der die Seiten gewechselt hat, doch die Crew ist gespalten. Spoiler!
You turned me into a monster
Die neueste Mission der Enterprise sorgt in der Crew für Unbehagen: Sie sollen Dak’Rah, einen klingonischen Botschafter der Föderation, zu Starbase 12 bringen. Der auch als „Butcher of J’Gal“ bekannte Klingone bemüht sich sichtlich um ein friedvolles Auftreten, doch für M’Benga und Chapel, die seine Gräueltaten am eigenen Leib miterlebt haben, ist das blanker Hohn. Vor allem M’Benga leidet unter einem nie überwundenen Kriegstrauma – und ausgerechnet ihm rückt Rah immer wieder auf die Pelle, um ihn für seine Sache zu gewinnen.
Ein erzählerisches Meisterstück
„Under the Cloak of War“ weckt mit seiner moralisch ambivalenten Erzählung Erinnerungen an die besten Zeiten von „Star Trek: Deep Space Nine“. Die Geschichte selbst wird geradezu nüchtern vorgetragen, wodurch wir als Zuschauer Gelegenheit haben, uns ein eigenes Urteil zu bilden. Die entscheidende Information erhalten wir jedoch erst am Ende, und insgeheim frage ich mich, ob es nicht sogar spannender gewesen wäre, wenn wir von Anfang an gewusst hätten, was auf J’Gal tatsächlich vorgefallen ist. Zumindest schaut man die Folge beim zweiten Mal mit ganz anderen Augen.
Pike: „How can we represent a Federation that believes in peace if we say some people aren’t allowed to make up for their past?“
Una: „I agree with you, in the abstract. But the people he hurt – some of them right here on this crew – might not find forgiveness so easily. It isn’t fair for us to ask them to just let it go.“
Im Krieg sind alle Verlierer
Ich muss gestehen, Episoden über Krieg und Trauma sind mir als Reviewer immer ein bisschen unangenehm. Zwar besteht meine Aufgabe in erster Linie darin, zu bewerten, ob die Geschichte gut erzählt ist, aber ich habe stets die Befürchtung, dass ich Details falsch interpretiere, weil mir schlicht der Hintergrund fehlt. Ich gehöre einer Generation an, die Krieg nur aus Geschichtsbüchern und dem Fernsehen kennt, und so bleiben die psychischen Auswirkungen auf den Menschen für mich ein Abstraktum.
Dass M’Benga traumatisiert ist, ist offensichtlich. Der wichtigste Satz, den er zu Dak’Rah sagt, lautet: „You turned me into a monster.“ Auch wenn man gewöhnlich von Siegern und Verlierern spricht, ist Krieg stets für beide Seiten verheerend. Leute wie M’Benga leiden nicht nur darunter, was sie an der Front gesehen haben, was der Gegner ihnen angetan hat. Sondern im gleichen Maße, wenn nicht sogar noch mehr darunter, wozu es sie selbst getrieben hat.
Wer heilt M’Benga?
Erzählerisch gelingt hier ein ebenso furchtbares wie spannendes Dilemma. M’Benga ist ein Mann des Heilens, so das ständig wiederholte Mantra, doch wer heilt eigentlich ihn? Wenn ich sehe, wie sehr er noch immer unter den Folgen seiner Kriegserfahrungen leidet, unter den Panikattacken, dann habe ich ehrlich gesagt den Eindruck, dass nie jemand ernsthaft überprüft hat, ob er noch diensttauglich ist. Und das ist in meinen Augen das eigentliche Problem.
Unabhängig davon, wie der Kampf zwischen M’Benga und Rah wirklich abgelaufen ist (wir werden es nie erfahren, und das ist auch gut so), macht er gegenüber Pike keinen Hehl daraus, dass er es nicht bedauert, den Klingonen getötet zu haben. Was sagt das über die Psyche eines Menschen aus? Und darf ein Captain wirklich stillschweigend über so etwas hinweggehen, in der Hoffnung, dass schon alles irgendwie gut werden wird?
M’Benga: „The Diplomatic Corps knew who he was, and they still let him represent the Federation.“
Pike: „The Federation believes everyone deserves a second chance.“
M’Benga: „What about justice? What about the victims? Doesn’t everyone deserve to pay for their actions?“
Täterschutz vor Opferschutz?
Die Geschichte hat aber noch eine andere Seite, und auch hier muss ich leider festhalten, dass sich die Föderation nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Gewiss, es gehört zu den harten Lektionen des Krieges, dass es kein „Gleichgewicht“ geben wird und manche Taten ungesühnt bleiben müssen, um aus der Gewaltspirale herauszukommen. Aber das heißt nicht, dass man Kriegsverbrechern wie Dak’Rah auch noch den roten Teppich ausrollen muss, denn damit verhöhnt man lediglich seine Opfer.
Und ja, mir ist bewusst, dass hier der Punkt gemacht werden soll, dass das vermeintliche Massaker an den eigenen Leuten seinen Sinneswandel glaubwürdig macht. Doch selbst wenn dem so wäre, wiegt das denn wirklich die vielen Toten aufseiten der Föderation auf, die er zu verantworten hat? So jemanden zur Galionsfigur für den Frieden zu machen statt ihn vor Gericht zu stellen, halte ich nicht nur für fragwürdig, sondern sogar für äußerst gefährlich, weil es ein fatales Signal an Gegner wie Verbündete sendet.
Die Hilflosigkeit des Partners
M’Benga dominiert die Folge, trotzdem erfahren wir hier auch einiges über Chapel. Bemerkenswert fand ich dabei in erster Linie, dass auch thematisiert wurde, wie so ein Trauma zwischen zwei Liebenden stehen kann. Spock hat den Krieg nicht selbst erlebt und versucht, rational zu begreifen, was Chapel durchgemacht hat. Aber ihre Reaktion darauf ist emotional und ihm somit doppelt fremd. Seine Hilflosigkeit ist schwer mitanzusehen, aber ihr den Raum zu geben, den sie braucht, ist in der Situation das Beste, was er tun kann.
Under the Cloak of Notes
• Shoutout für den Raktajino, der während „Deep Space Nine“ ja fast zum Inbegriff von Kaffee wurde. Wer hätte gedacht, dass es so schwer war, das Rezept zu programmieren?
• Okay, seien wir ehrlich, in einer Schalldusche zusammenzubrechen, ist nicht halb so dramatisch wie in einer echten Dusche, wo das Wasser auf einen niederprasselt. 😆
4 von 5 Bananen im Transporterpuffer.