„I was being hunted. And I was completely unaware it was happening.“
(„Interview with the Vampire“)
Drachen, Vampire, das Ende der Welt und ein Gerichtsprozess – fast scheint es, als hätte ich mir diesen Monat die schlimmsten Übel herausgepickt. (Obwohl ich persönlich ja nichts gegen mehr Drachen und Vampire in Serien hätte.) In jedem Fall war die Auswahl guuut. Spoiler!
Manifest (Staffel 4.2)
Seit acht Monaten sind die Passagiere von Flug 828 in einer speziellen Einrichtung eingesperrt, um ihre Berufungen zu erforschen und das Todesdatum zu verhindern. Als sich die Chance ergibt, spritzt Ben Angelina das von Saanvi entwickelte Gegenmittel, durch den Saphir in ihrem System verlieren dadurch jedoch alle außer Cal den Zugang zu ihren Berufungen. Als sich unter der Stadt ein riesiger Vulkan bildet, werden die Passagiere in der Einrichtung sich selbst überlassen. Sie wollen die verbleibenden Wochen dazu nutzen, so viele Berufungen wie möglich zu lösen.
Im Grunde sollte heute jede Serie Extrapunkte dafür kriegen, wenn sie ihr eigenes Ende erzählen konnte. „Manifest“ jedenfalls hat es trotz zwischenzeitlicher Absetzung geschafft, arg christlich-religiös ist es geworden (und da sage noch mal einer was gegen das Finale von „Battlestar Galactica“), und man hätte sicher auch einiges abkürzen können. Insgesamt ist die Geschichte aber schön stimmig und angemessen tränenfördernd, einzig auf die Michaela-Jared-Drea-Dreiecksgeschichte hätte ich gut verzichten können. Schade, dass wir nie erfahren, warum das Ganze nun eigentlich passiert ist.
3 ½ von 5 Bananen statt cooler Rauchgranaten.
Jury Duty (Staffel 1)
Ronald Gladden wird als Jurymitglied zu einem zivilen Gerichtsprozess berufen, der für eine Dokumentation von einem Filmteam begleitet wird. Was Ronald nicht ahnt: Alles daran ist inszeniert, der Prozess ist nicht echt und sämtliche anderen Teilnehmer sind Schauspieler. Bei der mehrtägigen Verhandlung ergeben sich immer absurdere Wendungen, während Ronald abseits des Gerichtssaals seine Mitstreiter und ihre Macken besser kennenlernt. Als es an die Urteilsfindung geht, setzt er als gewählter Sprecher der Gruppe alles daran, die Wahrheit aufzudecken.
„Jury Duty“ ist wieder so eine Serie, auf die ich ohne den Serienweise-Podcast nie gestoßen wäre. Die Mockumentary funktioniert vor allem deshalb so gut, weil sie sich auf die soziale Dynamik der Gruppe konzentriert und eben nicht versucht, Ronald vorzuführen. Im Gegenteil, der Typ ist so entspannt und sympathisch, dass er selbst zu den nervigsten Zeitgenossen noch einen Draht findet. James Marsden auf der anderen Seite spielt seine Rolle als egozentrischer Schauspieler James Marsden fast ein bisschen zu gut, wodurch ich ihn jetzt ehrlich gesagt ziemlich widerwärtig finde.
4 von 5 Bananen, die das Klo verstopfen.
„The idea that we control the dragons is an illusion. They’re a power man should never have trifled with.“
(„House of the Dragon“)
House of the Dragon (Staffel 1)
Nach dem Tod seiner Frau erklärt König Viserys Targaryen seine Tochter und einzige Erbin Rhaenyra zu seiner Nachfolgerin. Als er anschließend jedoch Rhaenyras engste Freundin Alicent heiratet, will die natürlich lieber einen ihrer Söhne auf dem Eisernen Thron sehen. Rhaenyra geht zunächst eine politische Ehe mit dem Haus Velaryon ein, heiratet später aber ihren Onkel Daemon, um ihre Position zu stärken. Als der König schließlich nach langer Krankheit stirbt, setzt der Rat schnell Alicents Sohn Aegon auf den Thron, was den lange schwelenden Konflikt mit Rhaenyra zum Ausbruch bringt.
Als ich „Game of Thrones“ 2019 frustriert hinter mir ließ, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass mich dieses Universum noch einmal derart fesseln würde. Doch die ersten zwanzig Minuten von „House of the Dragon“ genügten und ich war wieder mittendrin. Die Darstellerriege ist exzellent, allen voran Emma D’Arcy und Matt Smith, der es damit übrigens zum dritten Mal geschafft hat, sich ohne Umwege in mein Herz zu spielen. Und die Konzentration auf die Targaryens hilft enorm, weil wir nicht innerhalb jeder Folge an fünf verschiedenen Stationen Halt machen müssen. Mehr davon!
4 ½ von 5 blonden Bananen.
Interview with the Vampire (Staffel 1)
Fünfzig Jahre, nachdem er ihm seine Geschichte erzählt hat, nimmt der Vampir Louis de Pointe du Lac erneut Kontakt zum Journalisten Daniel Molloy auf. Er möchte einige Dinge richtigstellen, und so beginnt er seine Erzählung von neuem. Wie er im New Orleans des Jahres 1910 als junger Bordellbesitzer den charismatischen Vampir Lestat de Lioncourt kennenlernt. Wie Lestat ihn in einen Vampir verwandelt und zu seinem Gefährten macht. Aber auch, wie Louis mit seinem Dasein hadert und sich zunehmend verzweifelt an die Reste seines früheren, menschlichen Lebens klammert.
Es ist schon beeindruckend, dass die Serien-Adaption des Kultromans von Anne Rice trotz gewisser erzählerischer Freiheiten werkgetreuer wirkt als der Film aus den 1990ern. Die wichtigste Komponente dabei ist die Dynamik zwischen Louis und Lestat: Was bei Rice noch Subtext war, ist hier Text – die Beiden sind ein Liebespaar, was die Beziehung jedoch kein bisschen einfacher macht. Sam Reid als Lestat ist eine Offenbarung: frivol, manipulierend, charmant und ganz und gar unmenschlich. Auch Claudia erhält durch die nuancierte Darstellung von Bailey Bass eine ganz neue Tiefe. Die beste Vampir-Serie seit langem!
4 von 5 Bananen, die eine Ziege durch die Wohnung jagen.