Star Trek: Picard | The Last Generation (3×10)

„What began over 35 years ago ends tonight.“

Um Jack zu befreien und die Erde zu retten, muss sich Picard einer alten Feindin stellen: der Borg-Königin. Spoiler!

Apparently, we are the cavalry

Picard und seine Crew kehren mit der alten Enterprise zur Erde zurück und suchen nach der Quelle des Signals, das die assimilierten Offiziere steuert. Sie entdecken einen Borg-Kubus in der Gasatmosphäre des Jupiter und beamen hinüber. Während Riker und Worf nach der Signalbarke suchen, stellt sich Picard der Borg-Königin entgegen, die Jack vollständig assimiliert hat. Um ihn zu befreien, schließt sich Picard selbst ans Kollektiv an. Seven und Raffi erobern derweil die Titan zurück und nutzen die Tarnung, um aus dem Flotten-Netzwerk auszubrechen und Picard Zeit zu verschaffen.

Ein emotionaler Abschied

Es wird wohl niemanden überraschen, dass ich mich schwertue, das Finale von „Star Trek: Picard“ zu bewerten. Man hatte offensichtlich immer vor, in eine eher emotionale Richtung zu gehen, und unter dem Gesichtspunkt wäre es vielleicht besser gewesen, ganz auf den Mystery-Box-Aspekt zu verzichten. Zumindest war für mich irgendwann nicht mehr erkennbar, welchen erzählerischen Mehrwert die ganze Geheimniskrämerei eigentlich hatte. Der emotionale Ansatz funktioniert auch ohne das wunderbar und ermöglicht unseren Helden einen versöhnlichen Abschied – freilich nicht ohne Hintertür für den einen oder anderen Gastauftritt in potenziellen Spin-offs.

„Your biological and technological distinctiveness will contribute to the whole. Your cultures will evolve to serve the future. Peace and prosperity will spread across the galaxy. You will be assimilated. You will exist in a universe without fear, a universe without loss, unbroken, perfect.“

Familienzusammenführung

Wenn ich ganz ehrlich bin, kam mir der Plot von „The Last Generation“ reichlich dünn vor. Die von den Borg übernommene Flotte ist den Großteil der Folge damit beschäftigt, eine Raumstation zu beschießen, die die Erde schützt oder so. Richtig verstanden hab ich das nicht, ist aber eigentlich auch unwichtig, denn der wirkliche Kampf wird im Borg-Kubus bei Jupiter ausgefochten. Na gut, in der Hauptsache wird er ausdiskutiert. Weil die zombifizierte Borg-Queen stinkig auf Picard ist und erst mal ausführlich ihren genialen Plan darlegen muss. Die Formwandler sind ihr sogar einen Nebensatz wert, spielen ansonsten aber keine Rolle mehr.

Das klingt jetzt alles negativer, als es gemeint ist, aber den Pitch für diese Folge hätte ich schon gerne mal gehört. Am Ende läuft es nämlich auf eine relativ simple Lösung hinaus: Picard akzeptiert endlich seine Rolle als Vater und empfängt Jack mit offenen Armen. Er bietet seinem Sohn das alternative Kollektiv einer echten Familie an, worauf der die Borg-Queen fallen lässt wie eine heiße Kartoffel. Es ist ein stimmiger Abschluss für die Reise Picards, nachdem sich die zweite Staffel so stark auf sein eigenes Familientrauma konzentriert hat.

Nostalgisch und unerwartet hoffnungsvoll

Davon abgesehen liegt der Fokus der Folge darauf, die Crew noch einmal wie in den guten alten Zeiten zusammenarbeiten zu sehen. Jeder nimmt auf der Brücke wie selbstverständlich seinen früheren Posten ein, sieht man einmal von Beverly ab, die während Worfs Außenmission die Waffen bedient – und zwar schockierend gut. („A lot’s happened in the last 20 years.“) Data darf auf sein neu entwickeltes Bauchgefühl vertrauen und bringt sie in einem Anflug von „Star Wars“ ins Innere des Todessterns Borg-Kubus. Und als das Außenteam bereits verloren scheint, findet Deanna sie dank Telepathie gerade noch rechtzeitig.

Das war für mich übrigens die größte Überraschung des Abends. Trotz vieler Dialoge, die klar nach endgültigem Abschied klangen, gibt es keine weiteren Toten zu beklagen. Die gesamte Crew der Enterprise überlebt die Zerstörung des Kubus, Seven und Raffi können sich lange genug verteidigen, bis die Assimilierung aufgehoben wird, und auch die zuvor Assimilierten können dank Transportertechnologie später wieder vollständig „geheilt“ werden. Friede, Freude, Eierkuchen, das fand ich damals immer blöd, ist heute aber eine wohltuende Ausnahme.

„There was a moment today when I was worried we might actually survive.“

Vieles bleibt unbeantwortet

Natürlichen bleiben Fragen offen, manche davon schmerzhaft offensichtlich:
• Was hatten die Formwandler von der Allianz mit den Borg?
• Zugegeben, der Angriff kam sehr plötzlich, aber wo waren die Flotten der anderen Föderationswelten? Die Vulkanier, die Klingonen, die Cardassianer?
• Und wenn wir schon dabei sind, wieso eigentlich kommt ihnen Juratis Kollektiv nicht zu Hilfe?
• Was ist mit Kestra passiert, als Deanna von den Formwandlern entführt wurde?
• Wo ist Laris? Ist Picard noch mit ihr zusammen oder wärmt er jetzt seine Beziehung mit Beverly auf?

Eine überwiegend gelungene Staffel

Um eines klar zu sagen: Die Staffel ist besser als alles, was wir zuvor in der Serie gesehen haben, das steht völlig außer Frage. Es gab einen nachvollziehbaren Plot (mit Löchern, aber nichtsdestotrotz), Figuren, die tatsächlich zusammenarbeiten, jede Menge Eastereggs für die langjährigen Fans und genau die richtige Prise Humor. Dafür, dass die Serie laut Patrick Stewart genau das nicht werden sollte, ist die dritte Staffel ein absolutes Nostalgie-Fest. Und ich bin froh drüber.

Aber ihr wisst, was jetzt kommt, und als verantwortungsvolle Reviewerin (öhm) kann ich darüber nicht einfach hinweggehen. Denn diese zehn Folgen haben nichts, aber auch wirklich gar nichts mit den zwei vorherigen Staffeln zu tun. Diese werden so stillschweigend ignoriert, dass es fast schon wieder laut ist. Zeitweise hatte ich das Gefühl, das ist ein ganz anderes Universum, in dem Soji und die Synths nie existiert haben, in dem kein Mini-Borg-Kollektiv vor einem mysteriösen Transwarp-Tunnel Wache hält oder Q gestorben ist. Ja, die Mid-Credits-Szene war mein persönlicher Downer nach dieser tollen Folge. Musste das sein?

Von dieser Kritik abgesehen, ist glaube ich offensichtlich genug, dass ich an der Staffel sehr viel Freude hatte. Letztes Jahr um etwa dieselbe Zeit wäre ich froh gewesen, nie wieder auf das Thema zurückkommen zu müssen, und als ich mit den neuen Folgen startete, waren meine Erwartungen entsprechend niedrig. Es gehört zu den schöneren Momenten des Reviewens, wenn sich eine Serie unerwartet als richtig gut erweist. In Summe betrachtet ist die Staffel jedenfalls absolut gelungen und „Imposters“ natürlich sowieso über jeden Zweifel erhaben.

The Last Notes

• Ich hab ehrlich mit Janeway gerechnet, und offenbar sollte ursprünglich auch sie Seven zum Captain befördern. Am Ende wurde das aus Geldgründen gestrichen.
• Das „portable beam-me-up“. 🙂
• Dass sie nicht mehr im Netzwerk sind, wenn die Borg sie nicht sehen können, war eine schwache Entschuldigung dafür, die Tarnvorrichtung noch mal hervorzukramen.
• Wie Worf nach dem Einsatz direkt auf der Brücke einschläft, war herzig.
• Die Aufzeichnung mit Shaws Beurteilung von Seven. *schnüff*
• Und Deanna, die ein bisschen genervt davon ist, dass Data über wirklich jedes seiner Gefühle reden will, war ganz großes Kino.
• Eine schöne Ellipse: Auch die letzte Folge von „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ endete mit einer Aufsicht auf einen Pokertisch, an dem unsere Helden spielen.

4 ½ von 5 Bananen, die sich noch keinen „Satz“ überlegt haben.

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