Im Schnelldurchlauf | Serien im September

„There’s no saving this world. I see that now. But there’s hope for the next one.“
(„Westworld“)

Obwohl ich diesen Monat gefühlt nicht weniger ferngesehen habe, ist mein Schnelldurchlauf diesmal doch recht schnell erzählt. (Schiebt es auf die „Deep Space Nine“-Reviews.) Dafür ist die Auswahl zur Abwechslung aber auch echt hochkarätig. Spoiler!

Westworld (Staffel 4)

Nachdem die Menschen den Krieg gegen die Maschinen vermeintlich für sich entschieden haben, scheint Ruhe eingekehrt zu sein. Caleb hat Frau und Kind und arbeitet wieder auf dem Bau. Dann aber taucht Maeve auf, die sich die letzten Jahre im Wald versteckt hatte und nun vom Man in Black aufgespürt wurde. Gemeinsam machen sich Maeve und Caleb auf die Suche nach ihm. Christina, eine Autorin für Virtual Reality Games, glaubt derweil, dass etwas mit der Welt nicht stimmt, als ein Mann sie bittet, seine Geschichte umzuschreiben. Bernard erfährt im Sublime, was er tun muss, um den Weltuntergang zu verhindern.

Offenbar gehört es mittlerweile untrennbar zum Konzept von „Westworld“, die Zuschauer die Hälfte der Zeit über die Chronologie im Unklaren zu lassen. Damit tut man sich keinen Gefallen, denn in den ersten vier der acht Folgen hab ich praktisch nichts verstanden und war total frustriert. Das Fiese daran: Die letzten vier Folgen sind so ziemlich das Beste, Düsterste und Nihilistischste, was ich seit Jahren gesehen habe. Eine beängstigende Steigerung der „Matrix“-Idee, die mich wohl noch eine ganze Weile begleiten wird. Es wäre unfair, die ersten Folgen bei der Bewertung zu ignorieren, aber die letzten wiegen definitiv schwerer.

4 von 5 Bananen, die nur Teil einer Story sind.

The Flight Attendant (Staffel 2)

Fast scheint es, als habe Flugbegleiterin Cassie ihr Leben endlich wieder im Griff. Sie hat seit einem Jahr nicht mehr getrunken, hat einen liebevollen Freund und arbeitet nebenher für die CIA. Dann aber beobachtet sie bei einer Observierung eine Frau, die wie sie aussieht – bis hin zum Tattoo auf dem Rücken. Als auch noch ihr Gepäck verschwindet und kurz darauf einzelne Kleidungsstücke an Tatorten wieder auftauchen, gerät Cassie in Panik: Jemand will ihr etwas anhängen! Und das ist nicht die einzige Baustelle, auch Freundin Megan braucht ihre Hilfe, nachdem sie sich mit den Nordkoreanern angelegt hat.

Obwohl mich die erste Staffel von „The Flight Attendant“ damals nicht vom Hocker gerissen hat, war ich doch neugierig, wie sie die Geschichte weitererzählen. Und das gelingt überraschend gut, obwohl ich im Grunde wieder das gleiche Problem mit der Hauptfigur hatte: Im Verlauf der acht Folgen werden ihre Handlungen zunehmend hysterischer und entsprechend dämlicher. Vor allem aber fand ich ihr ständiges Selbstmitleid streckenweise extrem nervig. Der Plot aber ist ganz reizvoll, und so lange es Figuren wie Annie gibt, werde ich wohl immer wieder einschalten.

3 von 5 Bananen im Gedankenpalast.

„To understand what happened at the diner, we use Mr. Papaya … This is upsetting because he is the friendliest of fruits.“
(„Fringe“)

Fringe (Staffel 1)

Ein Flugzeug, dessen Passagiere offenbar gestorben sind, weil sich ihr Fleisch regelrecht aufgelöst hat, stellt das FBI vor Rätsel. Special Agent Olivia Dunham findet heraus, dass Dr. Walter Bishop vor Jahren Experimente ähnlicher Natur durchgeführt hat, und will ihn hinzuziehen. Das Problem: Walter ist inzwischen in einer geschlossenen Anstalt. Mit der (widerwilligen) Hilfe seines Sohns Peter gelingt es Olivia, Walter wieder in sein altes Labor zu bringen. Beeindruckt von ihrer Arbeit, holt Special Agent Broyles Olivia daraufhin in seine Fringe-Division, die mysteriöse Fälle wie diese untersucht.

Ich hatte vergessen, wie genial „Fringe“ ist. Die Serie war nicht einfach nur der „Akte X“-Nachfolger, sie füllte in gewisser Weise auch die Lücke, die „Lost“ Anfang der 2000er in der Fernsehlandschaft hinterlassen hatte. Bemerkenswert ist, wie gut die Geschichte von Anfang an durchdacht war. Schon in den ersten Folgen werden durch winzige Details und Dialogzeilen Dinge angedeutet, die erst in der zweiten Staffel oder noch später eine Rolle spielen. Hinzu kommen Figuren, für die man sich tatsächlich interessiert, spannende bis eklige Fälle, herrlich schräger Humor und eine einzigartige Optik. Einmal mehr Fan.

4 ½ von 5 Bananen mit einer Melone als Kontrollgruppe.

The Wilds (Staffel 1)

Neun Teenagerinnen stürzen auf dem Flug zum Retreat „Dawn of Eve“ ab und stranden auf einer einsamen Insel. Die Hoffnung, schnell gefunden zu werden, müssen sie bald aufgeben, also sichten sie die Vorräte und versuchen, eine Unterkunft zu bauen, während die Gefühle untereinander aufkochen. Was die Mädchen nicht ahnen: Sie werden von zahlreichen Kameras beobachtet, denn der Absturz ist der eigentliche Sinn und Zweck hinter „Dawn of Eve“. Selbst als einer von zwei Maulwürfen in der Gruppe stirbt, bricht Psychologin Gretchen Klein das soziale Experiment nicht ab.

„The Wilds“ ist keine klassische Survival-Geschichte, denn um die Selbstversorgung geht es hier eigentlich nur am Rande. Im Mittelpunkt stehen die neun jungen Frauen mit ihren gänzlich verschiedenen Lebensentwürfen, die plötzlich zusammenarbeiten müssen. Parallel dazu sehen wir, was hinter den Kulissen passiert, wie das Leben der Mädchen vorher aussah und wie das Erlebte in Gesprächen aufgearbeitet wird. Klingt kompliziert, ist in Wirklichkeit aber unglaublich fesselnd. Dass die erste Staffel nicht mit der Rettung endet, hat mich zuerst geärgert, doch es gibt spürbar noch viel zu erzählen!

4 ½ von 5 Bananen, die ihre elektrische Zahnbürste erbittert verteidigen.