„Es ist leichter, still zu sein, als den Leuten die Wahrheit zu sagen. Es ist sinnlos, diese Leute umzubringen. Das kümmert sie nicht, weil sie schon längst tot sind.“
(„The Leftovers“)
Aus Mangel an interessanten neuen Serien habe ich diesen Monat auch mal zwei etwas älteren eine Chance gegeben – und war positiv überrascht. Außerdem im Schnelldurchlauf: ein Abschied, ein Kulturschock und ein Seufzer der Resignation. Spoiler!
The Leftovers (Staffel 1)
Drei Jahre ist es her, seit 140 Millionen Menschen einfach so verschwunden sind. Obwohl nur zwei Prozent der Weltbevölkerung, sind doch alle auf die eine oder andere Weise betroffen. Menschen wie Nora Durst, die ihre ganze Familie verloren haben, müssen sich ein völlig neues Leben aufbauen. Chief Kevin Garvey hat zwar niemanden verloren, doch seine Frau Laurie schloss sich traumatisiert den „Schuldig Verbliebenen“ an, einer im Zuge des Ereignisses entstandenen Sekte. Doch nicht nur Trauer und Wut macht den Menschen zu schaffen, sondern auch die Ungewissheit, was eigentlich passiert ist.
Auch wenn die Prämisse auf den ersten Blick stark an „The 4400“ erinnert, schlägt „The Leftovers“ doch eine gänzlich andere Richtung ein. Die sehr visuell erzählte und mit Musik von Max Richter unterlegte Serie interessiert sich im Grunde nicht für die Verschwundenen und tut vielleicht sogar ganz gut daran, das Mysterium niemals aufzuklären. Im Fokus stehen stattdessen die, die zurückbleiben und nicht wissen, ob sie nun um einen Toten trauern sollen oder nicht. „The Leftovers“ ist harter Tobak und scheut sich nicht, die menschlichen Abgründe zu thematisieren.
5 von 5 ketterauchenden Bananen.
Grace & Frankie (Staffel 7)
Nachdem Nick festgenommen wurde, hat Grace ein Problem, denn eigentlich wollte sie gerade mit ihm Schluss machen. Dass er dann auch noch mit Fußfessel bei ihr und Frankie einzieht, hilft der Beziehung nicht gerade weiter. Robert und Sol haben derweil mit dem Gefühl fehlender Sicherheit zu kämpfen, nachdem sie ausgeraubt wurden, während sie im Haus waren. Brianna kann sich nur schwer ihrer Schwester Mallory als neuer Chefin unterordnen und beschließt, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Und Coyote will heiraten, stellt aber fest, dass er das vor Jahren im Vollrausch bereits getan hat.
Mit abschließend sieben Staffeln haben „Grace & Frankie“ ihren Platz in den Netflix-Annalen als längste gelaufene Serie sicher. In Erinnerung wird aber vor allem die Bodenständigkeit bleiben, mit der selbst Themen wie Demenz oder der körperliche Abbau im Alter behandelt wurden – ernsthaft, doch stets mit einem Schmunzeln. Auch wenn ich einige Plots der finalen Staffel eher lästig fand (beispielsweise Frankies Besessenheit von ihrem von einer Wahrsagerin prophezeiten Todesdatum), ist der Abschluss einfach perfekt. Man ist nie zu alt für große Pläne.
3 von 5 Drogen schmuggelnden Bananen.
Jacob: „Wer sind die Typen?“
Eve: „Ninjas? Möglicherweise?“
Jacob: „In Oklahoma?“
(„The Librarians“)
The Librarians (Staffel 1)
Vor langer Zeit wurde die Magie in Objekte gebannt, von denen bis heute große Macht ausgeht. Der sogenannte Bibliothekar ist dafür verantwortlich, diese Objekte zu finden und zu beschützen. Doch die Bruderschaft der Schlange will die Magie in die Welt zurückholen, deshalb ändert der aktuelle Bibliothekar Flynn Carsen kurzerhand die Regeln: Er rekrutiert drei seiner potenziellen Nachfolger schon jetzt, um sie auszubilden. Als die dimensionale Verankerung der Bibliothek gelöst wird, macht sich Flynn auf die Suche nach ihr und überlässt das Tagesgeschäft den drei Neuen.
Die Serienfortsetzung der „The Quest“-Filmreihe hat vor allem ein Problem: Sie nimmt sich selbst nicht ernst genug. Das mag paradox klingen, denn das Konzept einer interdimensionalen Bibliothek voller magischer Objekte ist an sich schon schräg (und erinnert irgendwie fatal an „Warehouse 13“). Warum man allerdings die soliden Storys ohne Not durch kindische Albernheiten und klamaukige Schauspielerei kaputt macht, ist mir nicht ganz klar. Einigermaßen „ernste“ Folgen wie die über das Labyrinth des Minotaurus oder Teslas Geisterstadt zeigen jedenfalls überraschend viel Potenzial.
3 von 5 Bananen mit Gehirntraube.
Hellbound (Staffel 1)
In Seoul beginnen sich Fälle zu häufen, in denen Menschen eine Prophezeiung ihres Todes erhalten und am genannten Datum von drei dunklen Gestalten in die Hölle befördert werden. Während die Polizei weitgehend im Dunkeln tappt, bildet sich eine Glaubensgemeinschaft darum, die sogenannte „Neue Wahrheit“. Drei Jahre später hat sich diese institutionalisiert und die „Machtbeweise“ an den vermeintlichen Sündern werden live im Fernsehen übertragen. Doch das Narrativ beginnt zu bröckeln, als ein Neugeborenes – frei von Sünden – eine Prophezeiung erhält.
„Hellbound“ hat eine interessante Ausgangsidee, scheitert für mich aber in der Ausführung. Die zweifellos vorhandene Kontroverse über die Definition von Sünden wird konsequent ausgeblendet, stattdessen ist die Erzählung ermüdend plakativ. Da schwadronieren Anhänger der „Speerspitze“ von Rechtschaffenheit und metzeln gleichzeitig Unschuldige auf grausamste Weise nieder. (Die Serie ist eine der wenigen bei Netflix, die ab 18 ist.) Wahrscheinlich will man das Urteil dem Zuschauer überlassen, dafür aber bleiben mir die Figuren zu eindimensional. Spannend wird, was sie aus dem Cliffhanger machen.
2 ½ von 5 sündigen Bananen.
Love, Death + Robots (Staffel 3)
Nun, im Grunde sagt es wohl alles, dass es die dritte Ausgabe von „Love, Death + Robots“ geschafft hat, dass ich die Serie schließlich doch aus meiner Watchlist entfernt habe. Ich weiß einfach nicht mehr, worum es bei dem Format eigentlich geht. Um einfallsreiche Geschichten? Schwierig, ein Drittel der Storys handelt von Soldaten, die irgendwas töten, Motiv meist nicht erkennbar. Um verschiedene Animationsstile? Schade, der Großteil ist schlicht CGI. Darum, möglichst viel Splatter und spritzendes Blut zu zeigen? Das ganz sicher.
Gewiss, nicht alle Folgen sind schlecht, bei einigen ist absehbar, dass sie die Zuschauer spalten werden. „Jibaro“ beispielsweise empfand ich aufgrund der hektischen Schnitte als krasse Zumutung, andere werden das Surreale daran lieben. Dafür hab ich „Die Nacht der winzigen Toten“ gefeiert, weil es einfach nur herrlich absurd ist und unsere Gesellschaft viel subtiler kommentiert als „Drei Roboter: Rückzugsstrategien“ (ein politisch korrekter Alptraum, wenn ihr mich fragt). Mein einziges echtes Highlight war allerdings das philosophisch-poetische „Der Puls der Maschine“.
1 von 5 Bananen, die wild um sich ballern.
Ist natürlich so schade wie verständlich, dass „Hellbound“ für dich nicht so richtig eingängig war. Koreanische, um nicht zu sagen: asiatische Serien sind manchmal wirklich sperrig in ihrer Erzählweise. Ich fand die Story in ihrer Skurrilität aber sehr spannend, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie sie das auflösen würden.
Hast du schon von „Night Sky“ auf Prime gehört? Von dem Rentner-Freundespaar, das offenbar ein Portal zu fremden Welten im Schuppen beherrbergt? Da bin ich auch gespannt auf die Story.
Ganz ehrlich, ich fand es selber schade, weil mir die Idee von „Hellbound“ ja auch gefällt. Und da der Cliffhanger wirklich aufregend war, könnte es durchaus sein, dass ich in die nächste Staffel auch noch mal reinschaue.
„Night Sky“ hab ich lustigerweise gestern beendet – nach hartem Kampf. Ich mag ja ruhige und langsame Geschichten, aber das war eher eine Einschlafhilfe, mehr als eine Folge pro Abend ging da nicht. 😴 Und, wenn ich so viel verraten darf, es gibt am Ende keine „Auflösung“, nur ein paar Entdeckungen, die zu einer weiteren Staffel führen könnten. (Keine Ahnung, ob da schon was beschlossen ist.)
Ja, das laaaaangsame Erzählen ist mir auch aufgefallen. Grundsätzlich finde ich es ja gut, wenn sich Filmemacher mehr Zeit für leise Zwischentöne gönnen, aber so langsam darf es etwas kurzweiliger werden …