„This was never about perfection, or evolution, or any of that bullshit. It was never enough because you’re just like me. Lonely.“
Die Borg-Königin übernimmt die La Sirena, doch noch geben sich Picard und Co. nicht geschlagen. Spoiler!
You ask us to embrace weakness
Die Borg-Queen in Juratis Gestalt erobert zusammen mit ihren neu assimilierten Drohnen die La Sirena. Rios, der dabei verletzt wird, wird zusammen mit Teresa und ihrem Sohn fortgeschickt. Währenddessen versuchen Picard, Tallinn, Seven und Raffi, in das Schiff zu gelangen und es zurückzuerobern. Picard und Tallinn verschlägt es dabei ins unterirdische Tunnelsystem des Weinguts, wo der Admiral erneut mit seinem Kindheitstrauma konfrontiert wird. Jurati gelingt es schließlich, wieder genug Einfluss zu gewinnen, um die Schiffssysteme zu verschlüsseln und ein Verteidigungs-Hologramm in Form von Elnor zu programmieren.
Das Ziel ist das Ziel, nicht der Weg
Nun, wir kommen immerhin voran. Leider erweckt „Hide and seek“ dabei den Eindruck, als hätten die Autoren nur ein bestimmtes Ziel vor Augen gehabt, ohne sich auch einen glaubwürdigen Weg dorthin zu überlegen. Denn so reizvoll die neue Richtung der Borg auch ist, sie entbehrt jeglicher Logik. Hinzu kommt, dass auch Picards Trauma erneut an die Oberfläche gezerrt wird – weil sich „Star Trek“ offenbar ein neues Image als Therapie-Franchise zulegen will. Alles in allem ist die Folge kurzweilig, aber eben auch viel zu kurz gedacht.
„In this or any other universe, you always lose. It’s why you fight so hard. You live with the death knell of your species across infinite timelines. You fear loss just like we do. You long for what we all long for. Connection. Longevity. Discovery. Only you offer it without choice.“
Spannendes Konzept, aber mies erklärt
Beginnen wir mit den Borg. Praktisch seit ich denken kann, sind sie die Nemesis schlechthin, die Verkörperung alles Bösen. Nicht mal das Dominion konnte ihnen diesen Rang ablaufen, und das sage ich als alter „Star Trek: Deep Space Nine“-Fan. Doch mit der Zeit verloren die Geschichten an Biss, selbst die Borg mussten sich Trends geschlagen geben, aus Feinden wurden missverstandene Freunde. Es drehte sich mehr oder mehr um die Wiedereingliederung früherer Borg, um Vorurteile und schließlich den Verfall des Kollektivs.
Dass die Borg in ihrer alten Form nicht mehr zurückkehren werden, war eigentlich seit langem klar. Die entscheidende Frage lautete vielmehr: Würde man sie still unter den Teppich kehren oder noch mal etwas Neues wagen? Und glaubt mir, ich finde es mehr als aufregend, dass sie sich für letzteres entschieden haben. Das Problem ist, dass man das alles ganz offensichtlich vom Ende her gedacht hat. Man wollte ein Borg-Kollektiv aus Freiwilligen, hat aber eigentlich keine sinnvolle Erklärung dafür.
Noch einmal: Die Borg waren immer Feinde. Mag sein, dass sie gegen ihren Willen assimiliert und zum Kämpfen gezwungen wurden, doch zumindest die Königin hatte immer nur den einen Wunsch, jegliche Schwäche im Universum auszuradieren. Sie strebte nach Perfektion. Und weil Freiwilligkeit unter diesen Voraussetzungen nicht erklärbar ist, hat man kurzerhand die Regeln geändert: Die Königin ist nur einsam. Sicher, klar, macht Sinn. Das Ergebnis ist toll, aber wie Jurati sie dorthin führt, ist schlicht unglaubwürdig.
Die Zeitlinie ist endgültig im Arsch
Was mich gleich zu meinem nächsten, noch viel größeren Kritikpunkt bringt. Diese Staffel ist das reinste Chaos. So wie ich das sehe, haben sie keine Chance mehr, die Zeitlinie in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Allein die Tatsache, dass soeben eine Borg-Königin aus einer faschistischen Zukunft und Jurati aus unserer Zukunft von dannen gesegelt sind, um 400 Jahre früher ein Kollektiv zu schaffen, das auf ganz neuen Regeln basiert, hat bereits ein Paradox geschaffen, das alles verändert. (Ich warte eigentlich nur noch darauf, dass uns am Ende ein Prädestinationsparadoxon um die Ohren gehauen wird, weil es genau dieses Kollektiv ist, das die ganze Scharade in „The Star Gazer“ erst ausgelöst hat.)
An diesem Punkt könnten unsere Helden eigentlich die Hände in den Schoß legen, sich zurücklehnen und darüber nachdenken, wie sie den Rest ihres Lebens im 21. Jahrhundert zubringen wollen. Aber das ist schließlich „Star Trek“, wo wir von Logik nichts mehr wissen wollen, deshalb muss jetzt unbedingt die Europa-Mission starten, auch wenn das nur noch herzlich wenig Einfluss auf die Zeitlinie haben dürfte. (Featuring kryptischer Hinweis: Eine Renée, die lebt, und eine, die stirbt.) Und selbst, wenn das gelingt, sitzen sie immer noch in der Vergangenheit fest, denn die Borg-Königin ist gerade mit ihrem Schiff abgehauen. Was macht eigentlich Q dieser Tage?
Seven: „A dozen Borg between us and the ship. Fifty yard sprint across open terrain. And all we have is a knife and a corkscrew.“
Raffi: „And an ice pick.“
Wie man Depression nicht behandelt
Ein weiteres wichtiges Thema diese Woche war Picards zweite Therapiesitzung. Insgesamt funktioniert das besser als in „Monsters“, einfach, weil die Rückblenden diesmal in eine tatsächliche Handlung eingebettet sind. Dennoch bin ich unschlüssig, ob die Information, dass sich Yvette damals erhängt hat, wirklich noch einen Mehrwert bietet. Übrigens ist ohnehin fraglich, wie exakt sich Picard an die Geschehnisse erinnert, denn hatte er nicht mal einen älteren Bruder? Wo ist der bei der ganzen Sache?
Abgesehen davon wirkt dieser Plot sowieso wie aus der Zeit gefallen. Wer denkt bei einer Frau, die im weißen Nachthemd durch die Tunnel eines Schlosses rennt und sich im Gewächshaus erhängt, nicht sofort an ein viktorianisches Horrordrama? Und das soll das 25. Jahrhundert sein?! Sicher, es wird klar gesagt, dass Yvette jede Behandlung abgelehnt hat, aber kommt euch dieser Umgang mit Depression nicht trotzdem steinzeitlich vor? Gewiss sperrt man suizidgefährdete Menschen nicht einfach in ein Zimmer ein.
Hide and note
• Wenn die Geschichte der Borg jetzt umgeschrieben wird, wird Picard dann eigentlich je Locutus? Sind alle Borg-Folgen von „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ hinfällig? Hat die erste Staffel von „Star Trek: Picard“ überhaupt stattgefunden?
• Wieso genau hat Seven nach ihrer Re-Assimilation exakt die gleichen Implantate wie vorher? An Jurati kann es nicht liegen, die von ihr assimilierten Soldaten hatten nämlich keine.
• Sollen wir Adam Soong noch ernst nehmen oder ist der nur noch die Karikatur eines größenwahnsinnigen Wissenschaftlers? Bitte diskutieren.
2 von 5 echt total unfassbar einsamen Borg-Bananen.
Tja, nach dem Tiefpunkt der letzten Folge, wo Picard und Guinan wegen eigener Blödheit vom FBI festgesetzt wurden, fand ich diese Folge wieder etwas besser. Zumindest tut sich was, es gibt mehr als einen Plan und Motivationen und Bewegung.
Es passiert so viel, dass ich gar nicht auf alles eingehen kann, nur so viel: Ich interpretiere in den Gesinnungswandel der Königin, dass Jurati sie schon im Kern überschrieben hat. Sie ist also gar nicht mehr der 100%ige Borg, der sie zu Beginn war. Und wenn sie in ihre Zeit zurückkehrt, dass ist sie dort auch nur so eine Art humane Splittergruppe der Borg.
Sie sagt ja sinngemäß: „Wir brauchen keinen Borgschlächter, der uns jagt – nicht uns, zumindest.“
Was mir zu verstehen gibt, dass es durchaus noch die alten, skrupellosen Assimilations-Borg da draußen gibt. So wie es damals ja auch Hugh und die Aussteiger-Borg gab, neben dem bösen Borgkollektiv, das immer da war. So seh ich Jurati-Queen auch.
Ob dem so ist, sehen wir dann in der nächsten Staffel. (Unglaublich, aber wahr, nach dieser und der nächsten Folge freu ich mich jetzt sogar wieder drauf.)
Verzeihung, irgendo da in der Hälfte des Kommentars sollte es „dann“, und nicht „dass“ heißen.