Auch wenn viele das angesichts meiner schriftstellerischen Ader vermuten, eigentlich habe ich absolut kein Sprachgefühl. Fremdsprachen waren schon zu Schulzeiten ein Alptraum für mich. Mit Französisch habe ich mich jahrelang gequält und danach alles vergessen. Latein hab ich nur überlebt, weil mich eine Schulfreundin quasi durchgezerrt hat. Und dass ich heute trotzdem ziemlich gut Englisch kann, verdanke ich mitnichten meinen Lehrern, sondern schlicht der Tatsache, dass ich ein Nerd bin und Ende der 90er die einzigen Informationen über „Star Wars“ auf englischsprachigen Webseiten im Internet zu finden waren.
Warum erzähle ich euch das? Weil mir letztens etwas ziemlich Lustiges passiert ist, das mir vor Augen geführt hat, dass meine Sprachkenntnisse doch besser sind als ihr Ruf. Wisst ihr, ich schaue schon seit Jahren viele Serien im englischen Original. Nicht immer und auch nicht immer erfolgreich, was ich spätestens beim Reviewen merke, wenn ich nicht genau sagen kann, was eigentlich passiert ist. Aber manchmal ist das ganz nett, vor allem, wenn Dialekte im Spiel sind oder der Wortwitz in der Synchronisation nicht rüberkommt. Jedenfalls wollte ich also bei Prime mal wieder eine Sendung im Original schauen, wusste aber nicht, dass die Sprache dann direkt für alles übernommen wird. Tage vergingen, es wurde Freitag, die neueste Folge von „Star Trek: Lower Decks“ erschien. Wie üblich machte ich es mir nach Feierabend mit einer Tasse Tee gemütlich und startete die Folge. Schaute ungefähr die Hälfte an. Und wunderte mich plötzlich. Moment, reden die Englisch? Noch einmal: Das fiel mir erst nach der Hälfte der Folge auf!
Also ja, das Gehirn ist ein seltsames Organ. Während ich noch denke, dass mein Englisch bestenfalls passabel ist, zuckt es einfach mit den Achseln und macht. Ich weiß nicht, ob es einen Maßstab dafür gibt, wann man eine Sprache wirklich beherrscht (abgesehen vom Umfang des Wortschatzes), aber für mich ist es genau das. Wenn man das Gehörte im Kopf nicht mehr übersetzen muss, sondern einfach versteht.
Meine ehemaligen Kollegen (aus aller Herren Länder, Englisch als Verständigungssprache) haben gewettet, wie lang es dauert, bis ich die Englischsprachigen Deutsch anspreche oder die Deutschsprachigen Englisch.
Lange hat es nicht gedauert. Mein Gehirn hat auch irgendwann keinen Unterschied mehr gemacht.
Lustig war es immer dann, wenn ich mich in einer Gruppe aus Deutschen und einem Fremdsprachler auf Englisch unterhalten habe, letzterer dann die Gruppe verließ, und die Deutschen dann ohne es zu merken mit Englisch fortgefahren haben.
Die, die es dann irgendwann geschnallt haben, sind zurück ins Deutsche gewechselt, der Rest machte weiter, bis es irgendwann ein witziges Durcheinander gab, ohne jeden Grund dazu.
Hach, ich mag Sprachen. Ich wünschte, ich könnte viel mehr.
Das kommt mir aus meiner alten Firma bekannt vor, da hatten wir einen kruden Mix aus Deutsch, Englisch und Russisch, weil die Programmierer fast alle Russen waren. Da musste man bei jedem Meeting erst mal abchecken, welche Sprache denn jetzt überhaupt alle verstehen. 😂