„Come on, you know you can‘t get to the end until you‘ve been changed by the journey.“
Loki und Sylvie treten dem Schöpfer der TVA gegenüber – und müssen eine schwere Entscheidung fällen. Spoiler!
Only one person gets free will: the one in charge
Loki und Sylvie erreichen die Zitadelle am Ende der Zeit, wo sie „He who remains“ bereits erwartet. Er erklärt ihnen, dass er die TVA und die „sacred timeline“ erschaffen hat, nachdem er erleben musste, wie Variants von ihm selbst über das Multiversum hinweg Krieg geführt haben. Und er unterbreitet ihnen ein Angebot: Entweder sie töten ihn und lösen damit unweigerlich einen weiteren Krieg aus, oder sie treten an seine Stelle und kontrollieren selbst die Zeitlinie. Sylvie will sich von ihrem Vorhaben, ihn zu töten, nicht abbringen lassen, doch Loki ist vorsichtig. Was, wenn er recht hat und sie alles nur noch schlimmer machen?
Ein Finale nur für die Comic-Fans
Ach, wie sehr wollte ich diese Folge lieben. Aber sie macht es einem allzu schwer, denn wo die Grundidee faszinierend philosophisch ist, ist die Ausführung leider so überdeutlich an Comic-Nerds gerichtet, dass ich ziemlich ratlos davor saß. Ja, auch ich weiß dank Internet mittlerweile, dass der große Bösewicht eine Variante von Kang the Conqueror ist. Die Serie aber hielt es nicht für nötig, den Namen zu erwähnen, und da fühle ich mich als normaler Zuschauer dann doch etwas veräppelt. Ich werde darauf noch näher eingehen, die Kurzversion meines Urteils lautet: enttäuschend.
Sylvie: „Why aren‘t we seeing this the same way?“
Loki: „Because you can‘t trust … and I can‘t be trusted.“
Viel Potenzial … das verschenkt wurde
Ich schrieb es meines Wissens schon bei der ersten Folge: Ich bin nicht allzu bewandert, was das Marvel-Universum angeht. Das war insgesamt nie ein Problem, ich hab mir einfach die Rosinen rausgepickt und den Rest ignoriert. Eine dieser Rosinen ist die Figur Loki. Schwer zu sagen, was genau mich an ihm so fasziniert, im wahren Leben wäre jemand wie er der reinste Alptraum für einen introvertierten Menschen wie mich. Vielleicht liegt es daran, dass ich generell eine Schwäche für gebrochene Charaktere habe, für gescheiterte Existenzen und Leute auf der Suche nach dem Sinn.
Das Potenzial war immer da, und eigentlich überrascht es doch sehr, dass Marvel so lange gebraucht hat, um das zu merken. Wobei … hat man? Sicher, die Serie heißt „Loki“, doch über weite Strecken von „For all Time. Always“ konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ich gerade die Origin Story von „Jemand, den ich nicht kenne und der mich nicht interessiert“ schaue. Ging das nur mir so? Ich weiß, dass viele Fans restlos begeistert sind, aber als jemand, der Kang überhaupt nicht kennt und gerne eine Serie über Loki sehen wollte, empfand ich dieses Staffelfinale als bodenlose Frechheit.
Sylvies Motivation bleibt ein Rätsel
Und das ist umso bitterer als es weiterhin die Szenen zwischen Loki und Sylvie sind, die am stärksten sind. Ihr Konflikt, ihre unterschiedliche Position wird durch Tom Hiddleston und Sophia di Martino greifbar – und das ist eine Leistung, denn die Folge lässt ihnen wenig Raum dafür. Fehlende Zeit ist vor allem bei Sylvies Motivation das größte Problem. Denn wir können nachvollziehen, wieso Loki zögert, weil wir erlebt haben, wie er wächst und lernt, anderen zu vertrauen. Über Sylvie aber wissen wir noch immer viel zu wenig.
Dadurch wirkt ihr Beharren auf Rache, egal um welchen Preis, letztendlich eindimensional und dumm. Angesichts dessen, dass sie eine Variante von Loki ist, wäre es kein Verrat an der Prämisse der Serie gewesen, ihr etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Es bleibt daher zu hoffen, dass das in der nächsten Staffel noch eine Rolle spielen wird. Ich möchte sehen, was sie auf der Flucht vor der TVA erlebt hat. Welche Traumata hat sie erlitten, dass sie keine zwei Minuten aufbringen kann, um über die Konsequenzen nachzudenken? Zur Hölle, ich hab nicht mal verstanden, warum sie Loki küsst, bevor sie ihn fallen lässt!
„You may hate the dictator, but something far worse is gonna fill that void if you dispose of him. I‘ve lived a million lifetimes. I‘ve gone through every scenario. This is the only way.“
Wie war noch mal der Mittelteil?
Was mich unweigerlich zu dem Drama namens Kang bringt. Oder „He who remains“, wie wir ihn nur vorgestellt bekommen. Ganz ehrlich, es geht über meinen Verstand, wie man – selbst als Fan – die Augen davor verschließen kann, wie fürchterlich schlecht er eingeführt wird. Alle überschlagen sich in Lobeshymnen, aber ich fand diesen ganzen Mittelteil, wo er an seinem Schreibtisch sitzt und quatscht, einfach nur zum Einschlafen langweilig. Reiner Infodump. Und noch nicht einmal für diese Serie, sondern für irgendwelche kommenden Marvel-Filme, die zumindest ich ohnehin nicht schauen werde. Was bitteschön sollte das?
Und dafür wird Zeit verschwendet, während nicht nur Loki viel zu kurz kommt, sondern auch Mobius, Renslayer oder Hunter B-15, die allemal interessantere Figuren sind als „He who whines about his crappy life“. Ganz zu schweigen davon, dass sich mir das große Dilemma irgendwie nicht erschlossen hat. Wieso soll es nur zwei Alternativen geben, die beide gleichermaßen scheiße sind? Auch deshalb wirkt die Lösung so überstürzt, denn wer, wenn nicht ein Loki, wäre mit etwas Nachdenken auf mindestens hundert andere Alternativen gekommen?
Ernüchtert, aber hoffnungsvoll
Ganz ehrlich, nach dieser Folge fällt es mir schwer, ein Urteil über die ganze Staffel zu fällen. Denn ich glaube, es war sehr, sehr offensichtlich, dass ich bis zu „For all Time. Always.“ absolut hingerissen war. Die Figurenzeichnung war so gut, die Geschichte so episch und vielschichtig, die Bildsprache und Kinematographie großartig, und, oh mein Gott, habe ich den Soundtrack erwähnt? „Journey into Mystery“ war ein Meisterwerk. Aber auch der Pilot „Glorious Purpose“ oder „The Nexus Event“ waren ganz starke Geschichten. Dass all das nun so uninspiriert auseinanderfranst, ist eine Schande.
Aber, und hier wendet sich das Blatt, das Ende mit einer von Kang kontrollierten TVA und einem Mobius, der Loki nicht erkennt, macht zumindest Lust auf mehr. Es bleibt zu hoffen, dass Marvel nicht den Fehler begeht, die Geschichte ausschließlich in Filmen weiterzuerzählen und in der (nunmehr offiziell bestätigten) zweiten Staffel von „Loki“ irgendeine andere Story aufzumachen. Ich will erleben, wie Loki durch die Umstände dazu gezwungen ist, tatsächlich zum Helden zu werden. Und will wissen, wie es Sylvie geht, nachdem sie ihre Rache hatte. Und, verdammt noch mal, gebt Mobius endlich seine Jet-Skis!
For all Notes. Always.
• Lokis Zurückhaltung während dieser ganzen Folge hat mich seltsamerweise echt berührt. Und ich glaube ihm, wenn er sagt, er will gar keinen Thron. Es ist eigentlich ein total schöner Moment, wenn er zu Sylvie (und damit zu sich selbst) sagt: Hey, ich will nur, dass du okay bist.
• Miss Minutes finde ich immer noch irgendwie gruselig. Ganz ehrlich, ich wäre nicht überrascht gewesen, wenn sie sich als Big Bad herausgestellt hätte.
• Können wir bitte mal festhalten, dass Loki seit der zweiten Folge durchgängig dasselbe, immer schlimmer versiffte Hemd trägt? Und zwar korrekt mit Krawatte.
• Also ist Liebe jetzt doch ein imaginärer Dolch?
2 ½ von 5 Bananen ohne freien Willen.
Hach ja. Das Finale.
Ich stimme dir leider zu, das war eine der schwächsten Folgen. Es hat mich an die Szene gegen Ende der Matrix Trilogie erinnert, als Neo den Architekten trifft. Man ist total gespannt auf das Superbrain hinter der ganzen Szenerie, und dann ist es ein alter Mann der eine nicht endenwollende Wall of Text absondert, bis man innerlich aufgibt und mit den Achseln zuckt. Worum gings nochmal? Ach, auch egal.
Wirklich genervt hat mich Sylvie, die eigentlich ja den Eindruck machte, dass sie eher reserviert und besonnen agiert. Hier wird sie aber zu einem trotzigen Kind, das unbedingt machen will, was es sich vorgenommen hat, allen Beschwichtigungsversuchen Lokis zum Trotz.
Und Loki … er wird echt immer mehr zur Nebenfigur seiner eigenen Serie. Handeln tun die anderen, er versucht eigentlich immer nur, irgendwie mitzukommen. Erst versucht er Sylvie zu verstehen, dann die TVA und am Ende Kang. Und dann ganz zum Schluss, warum ihn niemand mehr erkennt. Ja, er adaptiert sogar Sylvies Enchantment-Fähigkeiten, um das Nebelmonster zu besiegen.
Für die nächste Staffel wünsche ich mir, dass er auch mal agiert. Dass er seine eigenen Fähigkeiten nutzt und mal auf den Tisch haut und sagt, wo’s langgeht. Sylvie mag ja eine Allegorie seiner selbst sein, aber es wäre auch mal an der Zeit, dass er sich um sein wortwörtliches Ich kümmert.
Dem ist nichts hinzuzufügen. 😆 Ich bin fast ein bisschen beruhigt, dass wir das ähnlich sehen, ich hatte Angst, du erzählst mir jetzt auch, warum die Folge total großartig ist. Wie gesagt, ich hab da viele Reviewer echt nicht verstanden …
Sechs Folgen sind aber auch verdammt wenig dafür, dass eine ganz neue Welt (eigentlich sogar mehrere) vorgestellt und mit Mobius und Sylvie zwei neue Hauptfiguren eingeführt werden sollen. Da hätte es mindestens 10 mehr gebraucht, um alle Motivationen und Hintergründe ausreichend zu beleuchten. Vielleicht hilft da die nächste Staffel, aber ich bin skeptisch, dass dann doch wieder zu viel Zeit für Slapstik und Action verschwendet wird.
(Aber wenn ich mir für die Fortsetzung was wünschen könnte, dann eine Musicalfolge nach alter Schule.)
Okay, dem kann ich nicht widersprechen, das ist ja das Drama vieler Serien heute. Es müssen gewiss nicht über 20 Folgen sein wie früher einmal, weil das nur zu Füllepisoden führt, aber alles zwischen 10 und 15 ist tatsächlich ein guter Mittelweg.
(Moment, das wusste ich noch gar nicht über dich, du bist ein Fan von Musicalfolgen? Ich bin zwiegespalten, kommt echt darauf an, wie es in die Handlung eingebaut wird.)