„Causing people to suffer because you hate them is terrible, but causing people to suffer because you have forgotten how to care? That’s really hard to understand.“
Sisko, Bashir und Dax landen in der Vergangenheit und geraten mitten in einen historischen Aufstand. Spoiler!
lt’s not that they don’t give a damn, they’ve just given up
Eigentlich wollten Sisko, Dax und Bashir ein Symposium auf der Erde besuchen, doch ein TransporterunfallTM verschlägt sie ins 21. Jahrhundert. Während Dax glücklicherweise von Chris Brynner aufgelesen und mit einer ID ausgestattet wird, landen Sisko und Bashir in einem „Sanctuary District“. Dort soll laut Geschichtsbuch demnächst eine Revolte ausbrechen, die nur ein gewisser Gabriel Bell unblutig beenden kann. Als Bell bei einer Prügelei getötet wird, verändert sich die Gegenwart radikal.
Mit dem erhobenen Zeigefinger erzählt
Normalerweise bespreche ich Doppelfolgen ja gerne getrennt voneinander, da sie in der Regel ihre eigene Dramaturgie haben. Für „Past Tense“ möchte ich dann aber doch mal eine Ausnahme machen, denn der erste Teil ist fast ausschließlich Setup für das, was in der zweiten Folge passiert.
Bevor ich aber zum Inhalt komme und dazu, was wir daraus lernen können, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der moralische Zeigefinger in manchen Szenen doch sehr hoch erhoben wird. Ich weiß, es geht um ein großes Thema, das uns am Ende alle angeht, aber so manche Dialogzeile ging mir dann doch etwas zu offensichtlich in die Richtung: Alle haben es kommen sehen, wie konntet ihr nur?! In der Retrospektive ist man immer klüger, und das hätte man meines Erachtens ruhig etwas lauter aussprechen können.
Brynner: „Don’t worry, your friends are fine. That’s the whole point of the Sanctuary, to give people in trouble food and a place to stay.“
Dax: „If that’s all it’s for, then why is there a wall around it?“
Aktueller denn je
Ich weiß nicht mehr, in welchem Maße mich „Past Tense“ damals bei der Erstausstrahlung angesprochen hat, heute allerdings scheint die Geschichte brisant wie nie. Nicht nur, weil uns mittlerweile nicht mehr so viel vom Jahr 2024 trennt, sondern auch, weil uns auch die gezeigten Probleme gar nicht so fremd sind.
Die Bevölkerung der Erde wächst unaufhaltsam, was nicht nur zu Platzproblemen führt, sondern auch dazu, dass nicht mehr für alle eine Aufgabe da ist. Dieser Trend wird sich mit zunehmender Automatisierung noch verschärfen, und das führt zu der Frage: Wie wollen wir trotzdem allen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen?
„Past Tense“ zeigt, was passiert, wenn darauf keine Antwort gefunden wird. Die Leute im „Sanctuary District“ haben nichts falsch gemacht, sie sind keine Verbrecher – sie sind auf gut Deutsch schlicht überflüssig für die Gesellschaft. In gewisser Weise geht es darum, Menschen nicht länger nach ihrem ökonomischen Nutzen zu beurteilen, sondern anzuerkennen, dass das Leben allein schon wertvoll ist.
Bashir: „You know, Commander, having seen a little of the 21st century, there is one thing I don’t understand. How could they have let things get so bad?“
Sisko: „That’s a good question. I wish I had an answer.“
Sisko ist am Ende einfach er selbst
Die Handlung an sich ist im Vergleich dazu fast schon wieder konservativ. Als Bell stirbt, beschließt Sisko, dessen Platz einzunehmen – eine Umkehr des beliebten Zeitreise-Plots, bei dem ein Ereignis verhindert werden muss, um den Status Quo zu erhalten.
Siskos Initiative kommt insoweit nicht überraschend, denn er tut nur das, was er ohnehin getan hätte: Er sorgt dafür, dass die Geiselnahme human bleibt. Vor allem stellt er sicher, dass die Beteiligten das Ziel dabei nicht aus den Augen verlieren. Nämlich, der Öffentlichkeit zu zeigen, was in den „Sanctuary Districts“ wirklich vorgeht, und dass die Menschen dort nur ein normales Leben führen wollen.
Geschichte wird in jeder Sekunde geschrieben
Leider sehen wir nichts von den Veränderungen in der Gegenwart, sondern erfahren nur durch Dialoge ein paar Details. Offenbar löst der Aufstand eine Kettenreaktion aus, die die Menschheit erheblich voranbringt und mittelbar auch zur Entstehung der Föderation beiträgt. Was einen schon irgendwie nachdenklich stimmt. Jedes scheinbar kleine Ereignis kann unvorhersehbar großen Einfluss auf die Zukunft ausüben.
Past Notes, Part I+II
• Der Begriff „processing center“ sagt einem eigentlich schon alles über die hier gezeigte Gesellschaft. Die Menschen werden nur noch „bearbeitet“.
• Kiras und O’Briens kleine Reise durch die Zeit war eine willkommene Abwechslung zum ernsten Thema der Folge. Zuerst landen sie im Jahr 1930 und werden komisch angestarrt, und dann in 1967, wo ihnen Blümchen überreicht werden.
• Dass in der Datenbank unter dem Namen Gabriel Bell nun ein Bild von Sisko ist, ist natürlich totaler Humbug. Zum einen hat der Wachmann Bells ID irgendeinem Toten zugesteckt, zum anderen wäre, wenn überhaupt, Bells Fotos auf der ID gespeichert, nicht Siskos.
4 von 5 historischen Bananen.