„Brute force is no substitute for diplomacy and guile.“
Beim Versuch, sein Gegenstück aufzuhalten, verschlägt es Loki und sie mitten in die nächste Apokalypse. Spoiler!
I saw some people look at you weirdly
Loki folgt seiner Variant und landet wieder im Hauptquartier der TVA, wo nach dem Angriff auf die Zeitlinie großes Durcheinander herrscht. Beim Kampf gegeneinander verschlägt es die beiden auf den zum Untergang geweihten Planeten Lamentis-1. Das Problem: Um das TemPad wiederaufzuladen und den Planeten zu verlassen, benötigen sie eine riesige Energiequelle. Da Loki das Pad nicht herausrücken will, müssen sie wohl oder übel zusammenarbeiten. Ihr Ziel ist ein Zug, der sie direkt zu einem Raumschiff bringt, mit dem die Reichen von Lamentis-1 fliehen wollen.
Charakterstudie mit Schwächen
Ja, so richtig wollte der Funke hier nicht überspringen. Das soll nicht heißen, dass „Lamentis“ keine interessante Folge ist, denn das ist sie definitiv. Allerdings scheint die ganze Story drumherum nur ein (ziemlich nachlässig geschriebenes) Gerüst zu sein, um Loki und Sylvie eine Bühne zu geben. In ihren ruhigen Momenten weiß die Folge zu glänzen, insgesamt aber ist sie ein zu starker Bruch in der Erzählung. Mobius jedenfalls fehlte mir hier schmerzlich.
Sylvie: „What exactly makes a Loki a Loki?“
Loki: „Independence, authority, style.“
Zwei Seiten derselben Münze?
Für den Moment jedenfalls sieht es so aus, als sei Lokis Gegenstück tatsächlich eine Variante von ihm und Sylvie lediglich ein Name, den sie sich selbst gegeben hat. Andererseits, wenn es bereits eine mit Loki in Verbindung gebrachte Figur dieses Namens gibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Autoren damit noch was vorhaben. Nehmen wir das erst mal so hin, immerhin ist Kern von „Lamentis“ ja die Frage, was einen Loki eigentlich zum Loki macht. Doch genau hier beginnen für mich die Probleme.
Von Oberflächlichkeiten einmal abgesehen, haben Loki und Sylvie nämlich recht wenig gemeinsam. Man würde ja annehmen, dass der „God of Mischief“ in jeder Inkarnation das Chaos liebt. Doch wenn man die Szenen im Zug als Maßstab nimmt, dann ist Loki der kleine Junge, der jegliche Vorsicht fahren lässt, und Sylvie die genervte Mutter, die ihn zurechtweist. Das kann nicht richtig sein, oder? Von Sylvie hätte ich ein bisschen mehr Spaß am Abenteuer, am Ungewissen erwartet. Und von Loki ehrlich gesagt mehr Verstand, denn sich ausgerechnet in so einer Situation zu betrinken, ist … nun, dumm. Mich hat das alles jedenfalls eher verwirrt, was schade ist, weil die beiden enorme Chemie miteinander haben, was die große Stärke von „Lamentis“ ist.
Liebe ist …
Aufschlussreich immerhin ist, welch zentrale Rolle das Thema Liebe spielt. Auch deshalb, weil Loki – zumindest nach unserem Kenntnisstand – noch nie jemanden geliebt hat. Kann er überhaupt lieben? Wenn man seine sehr, sehr krude Allegorie mit dem Dolch zugrunde liegt, hat er noch nicht mal eine vage Vorstellung davon, was Liebe eigentlich ist.
Und das ist ein zentraler Punkt, denn daran hängt so vieles, was einen klassischen Helden ausmacht. Sicher, Loki hat nicht den Anspruch, ein Held zu sein. Aber irgendwie mag ich nicht recht glauben, dass Disney eine Serie über einen Bösewicht macht, wenn am Ende nicht seine Wandlung zum Helden steht. (Nicht, dass ich mir das wünsche, aber Disney ist nun mal Disney. Schon die winzigkleine Andeutung von Lokis Bisexualität in dieser Folge ist für die ein Riesending.)
Loki: „Love is a dagger. It‘s a weapon to be wielded far away or up close. You can see yourself in it. It‘s beautiful. Until it makes you bleed. But ultimately, when you reach for it …“
Sylvie: „It isn‘t real.“
Loki: „Yeah.“
Sylvie: „Love is an imaginary dagger.“
Loki: „It doesn‘t make sense, does it.“
Sylvie: „No. Terrible metaphor.“
Loki: „Damn. I thought I had something there.“
Wer sind die Time Keeper?
Andererseits bin ich mehr und mehr davon überzeugt, dass der wahre Bösewicht der Geschichte die Time Keeper sind. Nicht so sehr die TVA, denn wie wir in „Lamentis“ erfahren, sind die Agenten selbst nur Variants und eben nicht von den Time Keepern erschaffen. (Was ein interessantes Licht auf Mobius‘ Begeisterung für Jet-Skis wirft, denn das könnte bedeuten, dass er ursprünglich aus den 1990ern stammt.) Ob jemand Hochrangiges wie Renslayer Bescheid weiß? Schwer zu sagen nach so kurzer Zeit. Aber insgesamt wirkt das alles doch sehr verdächtig.
Auf der anderen Seite wissen wir noch immer nicht, was Sylvies großer Plan ist. Dass sie die Zeitlinie gesprengt hat, war letztendlich nur Mittel zum Zweck. Sie wollte die Agenten aus dem Hauptquartier weglocken, um auf weniger Widerstand zu treffen. Aber was war ihr Ziel? Die Time Keeper? Um was zu tun, sie zu töten? Sagte sie in „The Variant“ nicht zu Loki, es sei nicht ihre Absicht, die TVA zu übernehmen? Sie einfach nur zu stürzen und die Macht nicht an sich zu reißen, klingt so gar nicht nach einem Loki.
Lamenting Notes
• Es wird ja sehr betont, dass Sylvies Superkraft Gedankenkontrolle ist. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alles, was nach ihrem angeblich misslungenen Versuch, Loki zu kontrollieren, nur eine Illusion ist? Aktuell meine einzige Idee, wie sie ihrer aussichtslosen Lage noch entkommen können. Weil sie gar nicht real ist.
• Oh, und ich finde, ich sollte dringend mal auf den Soundtrack von Natalie Holt hinweisen, der wirklich kinoreif ist und allem so eine herrliche Epik verleiht.
3 ½ von 5 imaginären Bananen.
Mir gehts da wir dir, die Folge war seltsam unausgegoren. Die ruhigeren Szenen waren deutlich besser (wie auch Lokis Gesang, der im ruhigeren Teil viel besser war als in dem restlichen Gegröhle), der Rest wirkte gleichzeitig seltsam gehetzt und schleppend langsam.
So wie zu Beginn, als sie in panische Hektik verfallen, als sie merken, wo sie sind, und im Zickzack um die einschlagenden Mondteile hetzen. Und sobald sie in ihrem ersten Unterschlupf ankommen und sich nach kurzem Dialog von dort wieder auf den Weg machen – schlendern sie nur noch. Die Gesteinsbrocken schlagen nach wie vor ein, aber jetzt kümmert es sie nicht mehr.
Wird nicht erklärt und macht deshalb einen recht schizophrenen Eindruck.
Auch, als sie aus dem Zug geworfen werden, wandern sie einfach hinterher und kommen trotzdem pünktlich an. Woraufhin sie plötzlich wieder zu Rennen anfangen.
Das Hickhack hat tatsächlich echt gestört. Es wirkte leider völlig falsch choreographiert, und das hat von den guten, ruhigeren Momenten abgelenkt.
Außerdem … ich bin beileibe kein Astrophysiker, aber ein Mond, der so nahe ist, sollte deutliche Auswirkungen auf den Planeten haben. Ich glaube, der Druck wäre so groß, dass da schon lange niemand mehr stehen, geschweigedenn überleben könnte.
Und ein Mob, der um sein Überleben kämpft, wäre auch mit ein paar Soldaten in Rollkragenpullis nicht aufzuhalten. Lamentis hat echt zivilisierte und geduldige Einwohner.
Okay, also das war eher mittelmäßig. Schaun wir mal, was da noch kommt.
P.S.: Ich verstehe das mit den Varianten nicht, fürchte ich. Ich dachte, eine falsche (weil unkonforme) Entscheidung, und die Holy Timeline bekommt eine Abzweigung und eine Variante des echten Charakters. Aber Sylvie ist wohl von Beginn an eine Abzweigung, inklusive Eltern. Ihre sind keine Götter aus Asgard, also inwiefern ist sie dann noch eine Variante von Loki? Weder sie noch ihre Eltern sind wie Loki und seine Eltern, also wann ist sie „abgezweigt“? Noch vor ihrer Geburt? Kann das sein?
(Wurde das erklärt und ich habs verpasst?)
Haha, ich stelle mir da gerade vor, wie sie alle unter dem Druck des Mondes über den Planeten kriechen. 😂 Ja, wie gesagt, offenbar haben sie das im Autoren-Raum nicht richtig ausdiskutiert.
Und das mit den Variants ist tatsächlich so eine Sache, die mich in Bezug auf Sylvie auch wurmt. Die nennen diese „falsche“ Entscheidung Nexus Event, weil dann eben so eine Abzweigung entsteht. Aber was Sylvies Nexus Event war, wird bis zum Schluss nicht beantwortet. Entweder ist das richtig, richtig nachlässig, oder da wollten sie sich was für die zweite Staffel aufheben.