Rejsé | Anatomie einer Sprache

Der Grundstein für die von den Dhen Sachain verwendete Sprache Rejsé (gesprochen Redsch-see) wurde bereits gelegt, lange bevor die Idee zu „Dhenari“ geboren wurde. Ich begann nach dem Abitur zunächst mit einem Germanistik-Studium (das mich schon sehr bald unglücklich machen würde) und besuchte im Zuge dessen einen Pflichtkurs über Linguistik. Und obwohl ich mich teilweise endlos mit den Hausaufgaben quälte, weil das wirklich nicht einfach ist, fand ich es furchtbar spannend, mich mit den Bausteinen von Sprache auseinanderzusetzen. Um also Dinge wie Morphologie und Syntax besser zu verstehen, begann ich mit einem kleinen Projekt: Ich wollte selbst eine Sprache entwickeln, komplett mit Vokabeln, Deklinationen für regelmäßige und unregelmäßige Verben und einer eigenen Satzstruktur.

Obwohl ich die Arbeit daran irgendwann einstellte, hat mich die Sprache selbst nie ganz verlassen. Eine Zeitlang waren einzelne Sätze daraus Running Gag im engsten Freundeskreis, immer wieder aber landeten auch Versatzstücke davon in meinen Geschichten. Doch erst als ich „Dhenari“ in Angriff nahm und mir eine ganze Mythologie für dieses Universum zurechtlegte, kramte ich meine Aufzeichnungen wieder hervor und nahm sie als Grundlage für die Entwicklung von Rejsé.

Im Kanon meiner Geschichte ist Rejsé die erste Sprache, die im Universum gesprochen wurde. Keiner weiß, ob es überhaupt je eine Alltagssprache war oder schon immer einen rituellen Charakter hatte. Aufgrund dessen, dass die Sprache für die Fähigkeiten der Dhen so wichtig ist, glauben viele sogar, dass es sich dabei um die verlorene Muttersprache jener Spezies handelt, aus der die heutigen Dhen Sachain hervorgegangen sind.

Dennoch, Rejsé ist eine tote Sprache, ein Großteil des Vokabulars und fast die ganze Grammatik sind verloren. Die Sprüche, die die Dhen heute verwenden, sind zum Teil viele Jahrhunderte alt, denn die Kunst, einem Ort seinen Spruch zu entlocken, ist rar. In gewisser Weise ist das beruhigend, denn im Besitz aller Vokabeln wären einem Dhen praktisch keine Grenzen mehr gesetzt, er könnte jeden Ort in jeder Zeit erreichen und das Universum in einer Weise beeinflussen, die über jede Vorstellungskraft hinausgeht.

Bei den Vokabeln und der Grammatik konnte ich größtenteils auf meine Vorarbeit aus dem Studium zurückgreifen. Die Schriftform indes entstand erst bei der Planung des Romans bzw. des größeren Rahmens. Denn, und das wird später noch wichtig werden: Rejsé ist eine visuelle Sprache. Einzelne Wörter erhalten ihre endgültige Bedeutung erst durch ihre Position im Satz oder sogar im ganzen Text. Es gibt sogar Worte, die sich widersprechende Bedeutungen haben und erst in schriftlicher Form verständlich sind.

Nachfolgend findet ihr alle Sprüche, die in „Dhenari — Hüter der Portale“ vorkommen, inklusive ihrer wörtlichen Übersetzung. Die letzten beiden stammen bereits aus der Fortsetzung, ihr könnt also schon mal spekulieren, was meine Helden noch alles erleben werden …