Semantiquariat | Worte zum Sonntag

Billige Plätze sind umsonst
Was mich an der deutschen Sprache immer schon fasziniert hat, sind die zahllosen Wörter, die nur scheinbar (und eben nicht anscheinend) dasselbe (nicht das gleiche) aussagen, in Wirklichkeit aber äußerst feine Nuancen bezeichnen.

Womöglich wird sich der eine oder andere daran erinnern, dass die Edeka-Marke „Gut und günstig“ bei Einführung noch „Gut und billig“ hieß. Aus Marketing-Sicht die reinste Katastrophe, denn „billig“ hat nun mal so einen gewissen Beigeschmack. Ist etwas billig, ist es minderwertig, von schlechter Qualität, und da fast jeder Mensch das Wort auch so versteht, ist es in der Werbesprache mittlerweile tabu. Interessanterweise heißt „billig“ nach seinem althochdeutschen Ursprung „billich“ nichts anderes als „angemessen“, die moderne Entwertung des Worts geht also vermutlich darauf zurück, dass etwas, das seinem Wert entsprechend verkauft wird, in unseren Augen nichts wert sein kann.
Als Alternative bietet sich hier tatsächlich am ehesten „günstig“ an, das auf das mittelhochdeutsche „günstic“ zurückgeht, was so viel bedeutet wie „wohlwollend“. Wird ein Produkt also günstig angeboten, kommt mir der Verkäufer wohlwollend entgegen.

Geradezu undurchschaubar wird der sprachliche Dschungel bei Wörtern wie „kostenlos“ und „umsonst“, die oft und gerne in der Werbesprache verwendet werden – und zwar genauso oft und gerne falsch. Im Grunde dürfte das Wort „kostenlos“ in unserer Gesellschaft gar nicht mehr existieren, denn es gibt nichts, was keine Kosten verursacht. Es ist sicher müßig, darüber zu diskutieren, aber wenn etwas als „kostenlos“ angepriesen wird, ist das eigentlich irreführend, denn irgendwem hat das Produkt definitiv Kosten verursacht.
Die Alternative „gratis“ leitet sich übrigens vom lateinischen Ablativ für „gratia“, also „Dank“ ab und bedeutet, dass man etwas um des Dankes willen erhält, nicht für eine Entlohnung. Da hier nicht impliziert wird, es gäbe keine Kosten, ist das zumindest für mein Empfinden die bessere Wortwahl.

Das Wort, das ich in diesem Zusammenhang am wenigsten mag, ist „umsonst“, da es in seiner Zweideutigkeit speziell für die Werbesprache praktisch nutzlos ist. Gewiss, eine Bedeutung sagt aus, dass eine Leistung ohne Gegenleistung erbracht wird, im weitesten Sinne also unentgeltlich. Gleichzeitig aber deutet es an, dass diese Leistung vergeblich ist, keinen Nutzen bringt. Das ist insoweit ganz interessant, da die zugrundeliegende mittelhochdeutsche Wendung „umbe sus“ auf ihre Art genauso zweideutig ist. Sinngemäß übersetzt heißt das nämlich nichts anderes als „für nichts“.

Mir ist durchaus bewusst, dass diese feinen Unterscheidungen im Alltag kaum eine Rolle spielen, und ich würde nicht behaupten wollen, dass ich nicht auch manchmal ohne Nachzudenken „umsonst“ sage, wo ein anderes Wort vielleicht treffender wäre. Es geht mehr darum, dass einige dieser Wörter in der Werbung sehr gedankenlos verwendet und damit Versprechungen gemacht werden, die am Ende nicht eingehalten werden. Ein gutes Beispiel ist das in der Handy-Werbung übliche „kostenlos telefonieren mit der Flatrate“, das schlicht und ergreifend falsch ist. Sowohl Werber als auch Kunden täten gut daran, solche Floskeln kritischer zu hinterfragen.