Diesmal bin ich mit meinem Review etwas später dran als gewöhnlich, und das liegt tatsächlich daran, dass mir das Staffelfinale von „Terra Nova“ fast ein bisschen zu gut war. Ich war sehr unsicher, wie ich mich dessen annehmen sollte, weil es einfach so viel gibt, worüber ich reden möchte. Ich warne also schon mal vorsorglich vor der unmenschlichen Länge dieses Reviews, und außerdem: Spoiler!
Während im Jahre 2149 schon die Soldaten bereitstehen, um die Herrschaft in Terra Nova an sich zu reißen, laufen dort die Vorbereitungen für einen angemessenen Empfang. Zusammen mit den neuen Siedlern kommt auch ein Selbstmordattentäter durchs Portal und sorgt für die nötige Verwirrung, so dass die Soldaten auf wenig, wenn auch erbitterte Gegenwehr stoßen. Jim, der durch die Explosion außer Gefecht gesetzt wurde, wacht erst drei Tage später wieder auf und steht vor vollendeten Tatsachen. Er setzt sich mit Taylor in Verbindung, der mit seinen Männern außerhalb der Kolonie operiert, und gemeinsam organisieren sie einen Widerstand. Unterdessen zwingen die Besatzer Malcolm, das von der Explosion beschädigte Portal zu reparieren, damit endlich die Ressourcen in die Zukunft transportiert werden können. Taylor weiß, dass es nur eine Möglichkeit gibt, diesen Wahnsinn zu stoppen: Sie müssen die Verbindung zur Zukunft endgültig zerstören.
Meine kurze Inhaltsangabe soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass so viel mehr passiert in dieser Folge, ich hab zwei Seiten voll Notizen. Das Finale hat meine kühnsten Erwartungen übertroffen, es gab von allem etwas, Action, Romantik, Spannung, Humor, Drama, und das alles verpackt in eine Geschichte, die nicht nur viele Plots dieser Staffel zusammenführt, sondern auch neue Fragen aufwirft, die das Rückgrat einer zweiten Staffel bilden könnten. Vor Januar wird in diesem Punkt leider keine Entscheidung fallen, aber nach diesem Abenteuer wäre ich wirklich enttäuscht, wenn es keine Fortsetzung gäbe.
Doch steigen wir etwas tiefer in die Materie ein. Zunächst mal möchte ich mir an dieser Stelle selber stolz auf die Schulter klopfen, denn ich lag mit meiner Vermutung richtig. Zwar sagte ich, sie sollten nur das Portal zerstören, doch das auch nur, weil ich das letztes Mal so verstanden hatte, dass es nicht möglich ist, die Verbindung selbst zu kappen. Es war einfach die logische Konsequenz, denn auch wenn das die Siedler vor einige gewaltige Probleme stellen wird, war es die wohl einzige Möglichkeit, auch die Ausbeutung dieser Welt zu verhindern. Und letztendlich ist genau dieser Schritt auch nötig, um ein neues Kapitel in der Geschichte aufzuschlagen. Das eine, was mich immer gestört hat, war, dass sich die Siedler blind auf moderne Technik verlassen. In der Pilotfolge bekam zwar jeder ein kleines Survival-Training, doch wenn wir ehrlich sein wollen, sie hatten immer fließend Wasser, Computer für alle, moderne Medizintechnik und Waffen ohne Ende. Kein Wunder, dass ich oft das Gefühl hatte, dass das Setting nicht genutzt wird. Für die Siedler wird sich nicht alles sofort ändern, sie haben ja noch eine voll ausgestattete Kolonie, aber sie werden nach und nach neue Strategien entwickeln müssen, um die Ressourcen zu nutzen, die Terra Nova ihnen bietet.
Schön auch, dass zumindest andeutungsweise die Zeitreisethematik wieder aufgegriffen wurde. Einen Dinosaurier in die Zukunft zu schicken, war zwar ein ziemlich platter Einfall, doch die Szene, in der er Weaver kopfüber frisst, hätte ich nicht missen wollen. Aber eigentlich meine ich die Sache mit der Schiffsfigur, die Mira aus den Badlands holt, wo angeblich noch mehr „davon“ sein soll. Was genau bedeutet das? Mein Tipp lautet, dass es mehr als nur eine Verbindung nach Terra Nova gibt, dass aber jede in eine andere Epoche der Erde führt. (Die Figur soll ja aus dem 18. Jahrhundert sein, wenn ich das richtig aufgeschnappt habe.) Noch krasser wär’s natürlich, wenn die Verbindungen nicht allein zur bekannten Erde führen würden, sondern zu weiteren parallelen Welten, aber ich bin mir gar nicht sicher, ob ich das möchte, eine Neuauflage von „Sliders“ braucht keiner.
Endlich erfahren wir auch die ganze Geschichte vom Bruch zwischen Taylor und seinem Sohn. Demnach haben damals in Somalia Rebellen ihr Dorf eingenommen, und jeder Soldat konnte nur einen Zivilisten retten. Taylor entschied sich gegen seine Frau und für seinen Sohn, und Lucas glaubt, dass er ihm nie verziehen hat, dass er sich entscheiden musste. Das klingt sogar irgendwie plausibel, warum Lucas dann allerdings einen derartigen Hass gegen seinen Vater aufbaut, geht über meine psychologischen Laienkenntnisse. Dass Taylor Lucas nicht umbringen wird (es gar nicht könnte), war von vornherein klar, als Lucas ihm dann allerdings weinend in die Arme fiel, hab ich doch laut geseufzt, weil ich dachte, oh mein Gott, wie kitschig und naiv. Dann haben mich die Autoren allerdings glücklich gemacht, weil sie nicht die einfache Lösung gewählt haben, sondern den Konflikt für die Zukunft offen lassen.
Apropos, ich bin auch sehr gespannt, wie sich die Beziehung zwischen Taylor und Skye ab hier weiterentwickelt. Sie hat zum ersten Mal mehr oder weniger offen zugegeben, dass sie in ihm einen Vater sieht (was zu Lucas‘ etwas gruseligem „brother and sister“ führte), und meines Erachtens hat sie mit dieser Folge auch sein Vertrauen zurückverdient. Andererseits steht nun zwischen ihnen, dass sie auf Lucas geschossen hat, hm.
Ich hab mich gefreut, dass noch mal ein wenig von 2149 gezeigt wurde, das kam mir im Piloten ja etwas zu kurz. Maddy und Mark gestehen einander ihre Liebe, echt jetzt?! Karas neues Leben in Terra Nova währte kurz, im Grunde war aber sowieso der ganze Handlungsbogen Unsinn. Als Jim gegenüber Mira und den Soldaten taub und verwirrt spielt, hab ich so lachen müssen, das war großartig. Übrigens auch über die in die Kugeln gravierten Koordinaten, das war so herrlich unglaubwürdig, dass es schon wieder originell war. Weaver, eine willkommene Hassfigur, der Typ war von der ersten Sekunde an unsympathisch, und dann knallt der auch noch einen unschuldigen Brachiosaurier ab, dieser Schuft! „Another Shannon? You seem to be everywhere.“ Beste Zeile des Abends. Der Tod von Wash war traurig, ich mochte sie und hab wirklich fest damit gerechnet, dass Taylor sie noch irgendwie rettet. (Und der Shipper in mir hat außerdem auf mehr gehofft.) Wenigstens ist Taylor angemessen betroffen und darf sich später total süß von Zoe trösten lassen („if you need another hug, just ask“). Ich hatte ein bisschen gehofft, dass sich die Kolonisten nun mit den Sixers zusammentun, doch da hab ich wohl nicht bedacht, dass Mira zu ihrer Tochter zurück wollte. In ihr hat Taylor jetzt wohl einen echten Todfeind.
Ich bin normalerweise niemand, der auf der Kritik anderer Leute herumreitet, denn jeder hat nun mal seine eigene Meinung und das Recht, auch etwas doof zu finden. Dennoch muss ich an dieser Stelle einmal sagen, dass es mich in den letzten Monaten furchtbar genervt hat, wie nachgerade gemein viele Zuschauer in ihrem Urteil über „Terra Nova“ waren. Zum einen verstehe ich nicht, wozu so viele Leute überhaupt weitergucken, wenn sie doch nur jede Woche sagen, ach, wie blöd. Zum anderen finde ich immer solche Kommentare seltsam, dass die Serie ja nicht sehr originell sei, aber wenigstens unterhaltsames Popcornkino. Ja, Leute, was wollte ihr denn? Ist es nicht Sinn und Zweck einer Serie, zu unterhalten? Ich meine, dass „Terra Nova“ kein zweites „LOST“ wird, ist inzwischen klar, aber das schmälert doch nicht ihren Wert. Es gibt nicht viele Genre-Serien, die auf einem derart hohen Niveau produziert werden und so viel Spaß machen, da sehe ich über einige Plotlöcher doch gerne hinweg. Ich für meinen Teil hoffe jedenfalls, dass es eine zweite Staffel geben wird, und wenn dem so ist, dann lesen wir uns definitiv wieder.
5 von 5 Bananen aus der Zukunft.
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