Einhundert | 10 Bücher

Das ging mir dann wieder leicht von der Hand, denn über meine Lesebiographie mache ich mir nicht zum ersten Mal in meinem Leben Gedanken. Hier finde ich es höchstens schade, dass die Liste heute nicht mehr so schnell wächst, weil mich kaum noch Bücher richtig berühren, und wenn, dann sind es meistens doch die alten Klassiker.

Otfried Preußler, Krabat
Kennt ihr das, dass ihr euch nicht traut, Bücher aus eurer Kindheit noch mal zu lesen, weil das einige Illusionen zerstören könnte? Nun, so geht es mir mit „Krabat“. Ich habe früh angefangen, richtige Bücher zu lesen, aber das war das erste, was mich so richtig tief beeindruckt hat. Ich glaubte jedes Wort darin, bestimmt war alles die Wahrheit. Und genau deshalb mag ich es heute nicht mehr lesen, geschweige denn mir die Verfilmung ansehen.

Astrid Lindgren, Ronja Räubertochter
Wie ich im Freundeskreis erfahren habe, ist „Ronja Räubertochter“ für meine Generation wohl das, was für die Kinder von heute „Harry Potter“ oder – Gott bewahre! – „Twilight“ ist. Kurzum mehr als nur ein Buch. Ich habe es eine Zeitlang praktisch in einer Dauerschleife gelesen, ich wollte genauso wild und mutig sein wie Ronja. Das kleine Buch ist total zerfleddert und erzählt so auch die Geschichte meiner eigenen Kindheit.

Lewis Carroll, Alice im Wunderland
Ich kann nicht genau sagen, wann ich „Alice im Wunderland“ das erste Mal gelesen habe, aber ich bin heute fest davon überzeugt, dass es eine wichtige Lektüre war. Diese Absurdität, die aber niemals in rein Alberne abdriftet, die hat meinen Humor wohl ganz entscheidend geprägt. Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten je das Buch gelesen haben und bei Alice direkt an den Disney-Trickfilm oder die Tim-Burton-Version denken. Schämt euch was!

Clifford Simak, Das romantische Raumschiff
Viel gelesen habe ich immer, allerdings fast nur Romane, weil es mir so unglaublich schwer fällt, mich von liebgewonnenen Figuren zu trennen. Ein paar Science-Fiction-Anthologien sind die Ausnahme, und darunter findet sich eine mit der Geschichte über „Das romantische Raumschiff“, das sich unsterblich in seinen Piloten verliebt. Wahrscheinlich war das nur eine Vorbereitung auf das, was folgen sollte …

Douglas Adams, Per Anhalter durch die Galaxis
Nämlich der detailliert beschriebene Wahnsinn eines Douglas Adams. Noch heute muss ich schwer schlucken beim Gedanken daran, wie wenig er in seinem kurzen Leben geschrieben hat, weil er leider auch keine große Freude beim Schreiben hatte. Aber er wird auf ewig mein Held bleiben, zumal ich um diese Zeit gerade anfing, selber zu schreiben, was man meinen Sachen von damals stark anmerkt.

Nathaniel Hawthorne, Der scharlachrote Buchstabe
Der Wendepunkt in meiner Lesebiographie. Ich ließ mir „Der scharlachrote Buchstabe“ als Urlaubslektüre aufschwatzen und war zunächst sehr unzufrieden. Bis ich es eine Woche später auch schon durch hatte und mehr wollte. Viel mehr. Das Buch lohnt sich, nicht allein wegen der starken Geschichte, sondern auch wegen Hawthornes Schreibtil, der ganz harmlos daherkommt, und einen dann doch nicht mehr loslässt.

Leo Tolstoi, Anna Karenina
Eine Menge Bücher habe ich eigentlich nur gelesen, weil ich die Verfilmung nicht verstanden habe. So auch hier, denn die Version mit Sophie Marceau ist zwar schön bebildert und stimmungsvoll inszeniert, packt aber viel zu viele Personen und Handlungsstränge in 90 Minuten. Ich las „Anna Karenina“ in der zwölften Klasse, als andere schon damit ausgelastet waren, was sie für die Schule lesen mussten. Ich war ein komischer Teenager.

Frank Herbert, Der Wüstenplanet
Auch hier dürfen wir die Schuld beim Film suchen, genauer gesagt bei dem bombastischen Epos von David Lynch. Ich verstand nur Bahnhof, war aber trotzdem einigermaßen fasziniert und ließ mir das Buch schenken. (Ich verschenkte es später selber einige Male, doch das traf leider nie auf Gegenliebe.) Es dauerte übrigens dann nicht lange, bis ich die gesamte Serie im Regal stehen hatte.

Emily Brontë, Sturmhöhe
Mittlerweile weiß ich schon gar nicht mehr, was ich über „Sturmhöhe“ noch schreiben soll, da längst alle wissen, dass es mein erklärter Lieblingsroman ist. Ich kam eher durch Zufall dazu, ihn zu lesen, da mir „Jane Eyre“ von Emilys Schwester Charlotte gefallen hatte, und war eigentlich nicht darauf vorbereitet, wie völlig anders er ist. Heathcliff ist ein Schuft, aber doch unbestreitbar charismatisch, und die wilde Natur ist so bildhaft beschrieben, dass mich jede Verfilmung nur enttäuschen kann.

Jane Austen, Stolz & Vorurteil
Oje, wie hat sich das nur hierher verirren können? Bin ich doch die einzige bekennende Jane-Austen-Hasserin auf der Welt. Aber wenn mir mein Vater mit vierzehn „Emma“ in die Hände drückt, erwarte ich eben mehr als Teegesellschaften und Kuppelei. „Stolz & Vorurteil“ ist nicht wesentlich anders, doch Lizzy hat noch einen Rest von Verstand und taugt daher mehr als Identifikationsfigur. Meine Meinung über Miss Austen tangiert das übrigens nicht.