IAMX
President
2006
Es war in den letzten Wochen eigentlich nicht zu übersehen, dass ich einen Narren an IAMX gefressen habe. Auf den ersten Blick eine sehr geradlinige Musikgeschichte, ich hörte den Song „Happiness“ im Radio, fand ihn grandios und kaufte mir nach ein wenig Bedenkzeit das Album „Metanoia“. Wenn nicht, ja, wenn die Geschichte nicht ganz woanders beginnen würde.
Mein breitgefächerter Musikgeschmack fußt im Wesentlichen auf meiner Studienzeit, als ich noch mehr als genug Zeit hatte, Stunden damit zu verbringen, mich durch seltsame Webseiten zu klicken und nach kostenlosen Musikdownloads unbekannter Künstler zu suchen. Damals war ich Stammgast bei Tonspion und hörte mir völlig schmerzfrei so ziemlich alles an. 2006 stieß ich erstmals auf IAMX, verkannte den genialen Titel des Projekts (und sprach es die folgenden zehn Jahre komplett falsch aus), und lud routiniert „President“ herunter, ein Song, der mir auf Anhieb gefiel und auch auf meinen iPod kam, mich aber weiter nicht beschäftigte.
Zehn Jahre. Man möge sich das bitte einmal vor Augen halten. Ich hatte die Chance, IAMX schon vor zehn Jahren zu entdecken. Und zehn Jahre und fünf Alben später ist es dann ein eher untypischer Song wie „Happiness“, dem gelingt, was „President“ viel mehr verdient hätte. (Mache ich mich lächerlich, wenn ich beichte, dass mir unlängst nach einem sehr, sehr harten Tag bei „President“ die Tränen kamen?)
IAMX, das ist übrigens der englische Musiker Chris Corner, der einst die Sneaker Pimps gründete, bevor er Solopfade einschlug, wo er seither mehr oder weniger knapp unterhalb des Mainstreams entlangschrammt und entsprechend bis heute ein Geheimtipp ist. Wenn ich wirklich einen Vergleich ziehen muss, würde ich ihn musikalisch wie visuell bei Depeche Mode einordnen, wie sie Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger klangen, düster, dreckig, sehr elektronisch und immer mit einem Hauch von Melancholie. Unnötig zu erwähnen, dass ich die letzten zehn Jahre nun im Zeitraffer aufhole.
Übrigens, auch wenn „President“ für immer der IAMX-Song für mich bleiben wird, ist mein Lieblingsstück mittlerweile die Ballade „The Stupid, the Proud“.