„If you like stories wie happy endings, you’d be better off somewhere else.“
Die Baudelaires verlieren ihre Eltern und kommen zu ihrem entfernten Cousin Olaf. Der jedoch hat viel größeres Interesse am Vermögen der Kinder als ihnen selbst. Spoiler!
Violet, Klaus und Sunny Baudelaire verlieren ihre Eltern bei einem Brand und werden in die Obhut ihres vermeintlichen Verwandten Graf Olaf gegeben. Der jedoch hat es nur auf das Familienvermögen abgesehen, das Violet zufällt, sobald sie erwachsen ist, und möchte ansonsten den größtmöglichen Nutzen aus den Kindern ziehen. So lässt er sie sein heruntergekommenes Haus putzen und plant schließlich ein Theaterstück über eine Hochzeit, um Violet tatsächlich zu heiraten und so an das Vermögen zu kommen.
Nach der Enttäuschung, die der Kinofilm mit Jim Carrey darstellte, ist die Serien-Adaption von Lemony Snickets Buchreihe „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ ein absolutes Highlight. Das Ausgangsmaterial genießt hierzulande nicht denselben Kultstatus wie in Amerika, was vielleicht am bitterbösen Tonfall der Geschichte liegt, aber gerade dieser ist es, der die Serie von anderen Produktionen abhebt. Dabei ist das Format ein Glücksfall, denn wo es dem Film an Zeit für die Figurenzeichnung fehlte, kann die Serie voll in die absurde Welt der Baudelaires einsteigen.
Und damit sind wir bereits bei meiner diesmal etwas anderen Herangehensweise an die Reviews. Ich habe schnell gemerkt, dass es wenig sinnvoll ist, die Serie Folge für Folge zu besprechen, da man sich dafür entschieden hat, jedem Band der Reihe zwei Folgen zu widmen. Die hier besprochenen ersten zwei Folgen der Serie umfassen demnach das Buch „Der schreckliche Anfang“ und erzählen eine mehr oder weniger in sich abgeschlossene Geschichte. Ich sage mehr oder weniger, weil es zum einen natürlich eine Art Cliffhanger gibt, zum anderen aber offenbar eine zusätzliche Handlung eingeführt wurde, wonach die Eltern der Kinder überlebt haben und gefangengehalten werden. Diese dient quasi als Rahmenerzählung.
Bei der Handlung ist man der Vorlage ansonsten sehr treu geblieben, sicherlich auch, weil der Plot um die Hochzeit eine hervorragende Gelegenheit bietet, die drei Baudelaire-Kinder, aber auch Graf Olaf vorzustellen. So erfahren wir, dass Violet eine talentierte Erfinderin ist (was sie von ihrer Mutter hat), während Klaus eher von der intellektuellen Sorte ist und die Lösung stets in Büchern sucht. Sunnys Geheimwaffe scheint ihr Gebiss zu sein, aber schon in diesen zwei Folgen erfahren wir, dass sie unter anderem auch überragend Poker spielen kann, insofern können wir gespannt sein, welche geheimen Fähigkeiten sie noch besitzt. Graf Olaf wiederum, machen wir uns nichts vor, lebt von Neil Patrick Harris, der in der Rolle völlig aufgeht. Trotz seiner fiesen Art finden wir ihn interessant und lustig, und diese Balance zu erreichen, ist ein absolutes Kunststück.
Doch auch die Nebenrollen sind absolut großartig gezeichnet. Da wäre zum einen Mr. Poe, der inkompetente Bankangestellte, der sich von Olaf ausspielen lässt. Seine Sekretärin Jacquelyne, die offenbar eine größere Rolle in der Geschichte spielt und von Olafs Männern entführt und an einen Baum gefesselt wird. (Dass sie den Baum mitsamt Wurzeln aus dem Boden zieht und flieht, ist einer der lustigsten Einfälle überhaupt.) Und vergessen wir nicht Fernald Widdershins, der mit seinen zwei Hakenhänden einfach nicht zurechtkommt, was seinem Image als fiesem Bösewicht ein klein wenig schadet. Das und natürlich, dass er sich beim Poker von Sunny austricksen lässt.
Das, was mich von Anfang an in den Bann gezogen hat, ist allerdings der außergewöhnliche Stil der Serie, der sicher nicht nur mich an „Pushing Daisies“ erinnert. Zugegeben, dort war alles bunt und lebensfroh, während es hier düster und melancholisch ist, aber die Liebe zum Detail, die sich in Sets, Ausstattung und Kostümen zeigt, spricht eindeutig die gleiche Sprache. Tatsächlich ist der Kontrast sogar sehr schön herausgearbeitet, auf der einen Seite Olaf mit seinem dunklen, völlig verwahrlosten Haus, das längst auf ihn abgefärbt hat, auf der anderen Seite seine Nachbarin Richterin Strauss, bei der alles hell und farbenfroh ist und die eine wundervolle Bibliothek besitzt. Dort fügen sich die Kinder in ihrer bunten Kleidung perfekt ein, wohingegen sie in Olafs Heim wie Fremdkörper wirken.
Ein wichtiger Teil der Vorlage ist außerdem der Erzähler, der sich direkt an den Leser wendet, was auch für die Serie übernommen wurde. Mehr noch, er ist jederzeit physisch präsent und durchbricht damit die vierte Wand, was eine raffinierte Art ist, einen Ausgleich zur Grausamkeit gegenüber den Kindern zu schaffen. Wir erfahren auf diese Weise die nicht artikulierten Gedanken der Baudelaires, erhalten aber auch die eine oder andere Lektion in englischer Sprache. (Unter uns, mein persönliches Highlight der Serie. Allein die ausführliche Erklärung des Unterschieds zwischen „literally“ und „figuratively“, die anschließend mehrfach referenziert wird, ist absolut meisterhaft.)
The bad Notes. Das seltsame Artefakt, das Klaus in der Brandruine findet, wird gewiss noch wichtig werden, das Symbol sehen wir mehrfach. „Our home is your home.“ – „But don’t touch anything!“ Großartig, wie Olaf bei Antworten der Kinder immer ganz automatisch „wrong!“ schreit und dann dieselbe Antwort gibt. Und erst die Musicalnummer! „I’m talented and handsome and love your bank account.“ Olafs Tarnname bei Mr. Poe: „Haircut. Jes…sica Haircut.“ Wie umsichtig von Olaf, dass er Violets Brautkleid sogar selbst anprobiert. Die online bestellte Sanduhr, die zu schnell durchläuft. Was hat es bloß mit dem Buch „The incomplete History of Secret Organisations“ auf sich, das Richterin Strauss in ihrer Bibliothek findet?
4 ½ von 5 doch nicht verheirateten Bananen.
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In die Serie will ich auch noch reinschauen. Muss aber erstmal ein paar laufende Serien beenden 😉
Haha, das kenn ich! Aber es sind ja „nur“ acht Folgen, die kann man auch mal zwischenschieben. 😛