„I thought I knew exactly what I wanted, where I was going, what I was doing and why I was doing. But lately, things seem hazier.“
Ich war niemals die strebsame Schülerin, die davon träumt, eine Elite-Universität zu besuchen. Ich habe keine superreichen Großeltern, bei denen ich wöchentlich zum Abendessen erscheinen muss. Und ich wurde definitiv nicht von einer Single-Mutter aufgezogen. Und doch haben die „Gilmore Girls“ sofort etwas in mir berührt, als ich sie das erste Mal, vor über fünfzehn Jahren, im Fernsehen sah. Unnötig zu erwähnen, dass auch meine Mutter bald ein Riesenfan der Serie war.
Ich bin Rory Gilmore ein paar wenige Jahre voraus und habe mich zeitweise eigentlich mehr in der chaotischen Lorelai wiedergefunden. Aber die Lektion, dass man nicht mit den beliebtesten Kids der Schule befreundet sein muss, dass es cool ist, einen ausgefallenen Musikgeschmack zu haben und aus Büchern, Serien und Filmen zitieren zu können, die habe ich zweifellos von ihr gelernt. Das Wichtigste aber ist, dass „Gilmore Girls“ bei all dem Zuckerguss, der über wirklich alles gestreut wurde, immer die wichtigen, die tiefgreifenden Themen angesprochen hat. Als Rory für ein Semester die Uni hinschmiss und ziellos durchs Leben taumelte, war das für mich streckenweise schwer zu ertragen, weil ich das Gefühl hatte, dass mir die Serie einen Spiegel vorhält. Been there, done that, wie man so schön sagt.
Es ist diese Ehrlichkeit, die auch das Revival „A Year in the Life“ so bedeutsam macht. Denn während uns die Medien eintrichtern, dass wir unser Leben bis zum Gehtnichtmehr optimieren müssen, dass wir den tollsten Job der Welt haben, eine erfüllte Beziehung führen und gleichzeitig noch blendend aussehen müssen, um etwas wert zu sein, erzählt uns „Gilmore Girls“ die bittere Wahrheit. Rory ist jetzt in den Dreißigern und haltloser denn je. Sie hangelt sich von Job zu Job, hat eine Affäre mit ihrem Ex, der mit einer anderen verlobt ist, sie hat noch nicht einmal eine eigene Wohnung, sondern Kisten mit ihren Sachen bei all ihren Freunden und Verwandten verstaut, wo sie jeweils eine Zeitlang unterkommt. Gefangen zwischen der Idealvorstellung, ihre Träume verwirklichen zu können, und der harten Realität, in der ein Erfolg noch lange nicht heißt, dass auch der nächste folgt, wirkt Rory immer ein wenig melancholisch. Und wieder erkenne ich mich darin wieder.
Mit Lorelai hat es die Zeit besser gemeint, sie ist nun endlich mit Luke zusammen, doch selbst vor ihr macht der Optimierungswahn nicht Halt. Sei es der abstruse Besuch in der Fruchtbarkeitsklinik, weil sie glaubt, Luke möchte vielleicht noch ein Kind, oder das unsensible Gestichel ihrer Mutter Emily, weil sie nach bald zehn Jahren Beziehung noch nicht miteinander verheiratet sind. Das gipfelt schließlich in der Schnapsidee, wandern zu gehen, um den Kopf frei zu kriegen, bevor ihr aufgeht, dass sie zufrieden ist. Sie lebt kein Bilderbuchleben, aber sie ist zufrieden und hat nur irgendwann auf dem Weg vergessen, dass das genug ist. Dass sie am Ende trotzdem heiraten, ist wohl der Zuckerwelt von Stars Hollow geschuldet, aber selbst das tun sie auf ihre Weise, heimlich, in der Nacht vor der eigentlichen Hochzeit.
Die Welt dreht sich weiter, das macht auch das Ende deutlich, das von vielen Fans bereits als Betrug am Zuschauer bezeichnet wurde, obwohl es eigentlich das einzig passende ist, mit dem sich der Kreis schließt (nicht umsonst heißt es im Titelsong der Serie „where you lead, I will follow“). Zurück bleibt dennoch eine gewisse Traurigkeit, die „A Year in the Life“ trotz vieler skurriler Figuren und absurder Einfälle nie ganz ablegen kann. Das kann man doof finden, für mich jedoch war es die einzig denkbare Art, endgültig von den „Gilmore Girls“ Abschied zu nehmen.
Und wenn eine Szene das Revival perfekt zusammenfasst, dann ist es diese Musical-Nummer aus der Folge „Summer“: