Eine gute Pilotfolge kann man immer auch als Glückstreffer sehen, erst die zweite Folge zeigt, ob wirklich Potenzial besteht. Und da fällt das Urteil leider durchwachsen aus, der Fall ist zu klischeehaft durchschaubar und die Charakterentwicklung teilweise richtig ärgerlich. Spoiler!
Ein junger Mann wird tot und ausgeraubt in seiner Wohnung aufgefunden. Was die Polizei nur dank Holmes erkennt: Es war ein zuerst ein Mord ohne Raub, den Diebstahl hat der Nachbar erst danach begangen. Eine Verdächtige ist auch schnell gefunden, doch ganz so einfach ist der Fall wohl doch nicht, denn die liegt ziemlich überzeugend im Koma. Die Zwillingsschwester, die daraufhin sofort unter Verdacht gerät, sieht ihr überhaupt nicht ähnlich, und dann passiert auch schon der nächste Mord – an der Halbschwester des ersten Opfers, die voneinander gar nichts wussten.
Oje. Ich weiß schon, warum ich normalerweise keine Krimiserien gucke, ehrlich. Der Fall war irgendwie lachhaft, ich rechnete sofort mit einer Zwillingsschwester, und als sich herausstellte, dass die ganz anders aussieht, war auch klar, dass das Koma nicht echt sein kann. So clever bin ich nicht, also muss der Fall wohl ziemlich offensichtlich gewesen sein. Und dass Holmes seinen Wutanfall im Krankenhaus nur spielt, das war meilenweit gegen den Wind zu riechen. Die Charakterentwicklung war in dieser Folge auch kein Geniestreich, also bleibt als Gesamturteil ein na ja. Das klang im Pilot noch wesentlich vielversprechender.
Ich schrieb schon letztes Mal, dass es vielleicht ein Fehler war, aus Watson eine Frau zu machen, und sämtliche meiner Befürchtungen wurden in dieser Folge dann auch geballt wahr (sie hätten sie wenigstens auf mehrere verteilen können). Das grundlegende Problem ist, dass sich Holmes und Watson nicht ebenbürtig sind, schon in der Ausgangslage nicht, denn Watson zieht nicht freiwillig ein, sondern als Aufpasserin. Gleichzeitig ist Holmes aber ihr überlegen, und das ist grundsätzlich der Darstellung geschuldet, denn Lucy Liu spielt die Rolle wie ein verhuschtes Mäuschen. Gelegentlich hat sie einen goldenen Moment, aber alles in allem lässt sie sich unterbuttern, ohne den geringsten Widerstand zu leisten. Er sagt, bei dem Geld, das sein Vater ihr zahlt, könne sie wenigstens kochen lernen, darauf reagiert sie gar nicht. Und die Szene, in der Holmes ihr auseinandersetzt, dass man die Orgasmus-Vorgeschichte einer Frau angeblich an ihrem Gang erkennen kann, sagt eigentlich alles. Mit einem Mann als Gegenüber hätte es solche Gespräche gar nicht erst gegeben, aber sie lässt das auch noch mit sich machen und setzt ihm keine Grenzen! Das ist keine Beziehung auf Augenhöhe, und genau das ist es, was Holmes und Watson ausmacht. (Andererseits haben wir ja letztes Mal beschlossen, dass das sowieso die Geschichte von Sherman Hobbes ist, so.)
Wie Holmes charakterisiert wird, gefällt mir da schon etwas besser. Seine Dachboden-Theorie ist wundervoll abstrus und passt von meinem Gefühl her sehr gut zu ihm. Außerdem erfahren wir, dass er häufiger Ohrfeigen kassiert, was mich ehrlich gesagt überhaupt nicht überrascht. Und dann wird erneut London angesprochen, und dass dort irgendwas passiert ist, weswegen er süchtig geworden ist. Ich bin wirklich gespannt, was sie daraus machen, denn das klingt grundsätzlich mal interessant, aber am Ende war’s bestimmt nur wieder wegen einer Frau, das wär irgendwie schade. Trotzdem, die beste Szene war für mich, als Watson haarscharf analysiert, dass er unterbewusst so lebt, wie er eben lebt, weil er meint, er müsse für etwas büßen. Und Holmes darauf: „Es ist einem immer bewusst, Watson. Wenn nicht, wäre es keine Buße.“ Starke Zeile, stark gespielt. (Bitte, lasst den Grund keine Frau sein!)
Während ich Notizen machte. Ich liebe, liebe, liebe den Vorspann! Watsons Test, ob die Frau wirklich im Koma liegt, war albern, macht man das wirklich so? „Ihr Koma ist durchaus echt“, lautet Holmes‘ vorläufige Diagnose. Die Reißverschlussmaske gehört einem Freund, alles klar. Er versucht seine Geige abzufackeln und fühlt sich wie Jimmy Hendrix. Trotzdem hab ich so die Befürchtung, dass sie jetzt das Hobby mit den Bienen vergessen werden. Amygdala!
3 von 5 Bananen im Koma.
Das ist so meine Angst, weil es sich durch den Geschlechterwechsel anbietet. Ich hoffe wirklich sehr, dass sie der Versuchung widerstehen, denn dann wird's vollends 08/15.
Uaaaah, verschon mich mit solchen Fan-Fantasien.
Ich frage mich bei Elementary, ob Holmes und Miss Watson als Paar vorgesehen sind.
Bei Holmes und Mister Watson sind die berüchtigten "hints" ja beliebt, dass offen bleibt, wie viel Anziehung die beiden zueinander verspüren oder eben nicht.
Elementary macht jetzt schon vieles anders, ich bin gespannt, ob HolmesxWatson tatsächlich vorgesehen ist.
Aber der Freeman-Watson ist doch total in Cumberbatch-Holmes verliebt, er verzeiht ihm alles! Herrje, ich treib mich eindeutig zu viel im Fandom rum, tschuldige. 😉
Jedenfalls, nach dieser Folge bin ich mehr als gespannt, wie sie da weitermachen. Die Fanbase ist in den USA mittlerweile recht groß, obwohl das natürlich nichts bedeuten muss …
Ich mag die Passivität von Watson auch nicht, in keiner Umsetzung.
Erinnerst du dich noch an den "Hund von Baskerville" in der BBC-Verfilmung?
(Jetzt alle Uneingeweihten mal weglesen!! SPOILER!!)
Wenn Holmes Watson in dem Tierversuchslabor einsperrt, unter Drogen setzt und in Todesangst versetzt, nur um eine Theorie zu beweisen.
Ich als Watson wäre so stinksauer auf Holmes, dass ich mich mindestens ein paar Tage absetzen würde, um wieder runterzukommen.
Freeman-Watson grinst nur nach einer kurzen Verblüffung. Das hat mich damals genauso geärgert.
Allgemein ist jede Szene, in der Holmes ein Brett bekommt, weil er sich völlig indiskutabel verhalten hat, ein Grund zum Feiern. Wo das in der BBC-Version zumindest noch ein paar Mal vorkommt, fehlt das in der US-Version bislang fast ganz.
Über die medizinischen Konsequenzen hab ich gar nicht nachgedacht, aber jetzt, wo Du's sagst, klingt das alles noch viel dümmer. Irgendwie werd ich den Verdacht nicht los, die haben die Folge von einem Praktikanten schreiben lassen.
Gut, Augenhöhe war vielleicht das falsche Wort, um die Beziehung von Holmes und Watson zu beschreiben (wie gesagt, mir fehlt hier schlicht der Vergleich zur Buchvorlage), aber zur Zeit könnte Watson auch von einer Kakerlake gespielt werden, ungefähr soviel Respekt hat Holmes vor ihr. Hrgh, das regt mich richtig auf!
Oh Gott ja, ich habe das mit der Zwillingsschwester auch gleich erraten und dass Holmes am Ende blufft ("Ich weiß, dass Sie Frau XYX, wohnhaft in Bla-straße 123, die dritte Erbin, ermorden wollen, aber das lasse ich nicht zu!!), und seine Verhaftung nur gespielt ist – Mannomann. Als er es hinterher der verblüfften Möderin erklärt, war das fast unfreiwillig komisch.
Außerdem glaube ich nicht, dass sich jemand freiwillig ins Koma legen und intubieren lassen würde. Irgendwie klingt das so abstrus, Koma als Alibi… Das Risiko, dass du dir mit dem Schlauch Keime in die Lunge holst, und mit der künstlichen Beatmung die Lungenbläschen schädigst, ist ziemlich hoch. Ich denke, kein geistig Gesunder würde sich auf diese nicht unerhebliche Gefahr einlassen. (Ich meine, die war schon verrückt, aber SOOO verrückt? Es wirkte jedenfalls sehr konstruiert.)
Alles in allem fand ich die Folge einfach zu vorhersehbar und schwach, und dem, was du über die Dynamik Holmes-Watson gesagt hast, stimme ich auch zu. Watson würde ein Wutanfall mal echt gut tun. Teilweise wusste ich gar nicht, WER hier im Koma liegt.
Meine Lieblingsszene war, als Holmes die Geige abfackelt. Das war nett gefilmt, so unscharf im Hintergrund, während Watson vorne telefoniert und nicht mitbekommt, was er hinter ihr tut. Hehehe…
Btw.: Ich finde nicht, dass es die "Beziehung auf Augenhöhe" ist, die Holmes-Watson ausmacht. Holmes ist – so empfinde ich es – immer klar überlegen, aber bei Freeman-Watson hat man immer das Gefühl, dass er seinen Freund als interessantes, faszinierendes Kuriosum ansieht und sich so eine gewisse Hauptrolle in der Beziehung bewahrt. Es geht dabei quasi um "Watson und seinen bösen Freund Holmes".
Liu-Watson wirkt da eher wie jemand, der dabei steht, aber gar nicht recht weiß, was er da soll. Holmes rauscht vorneweg, sie dackelt hinterher. Und es wirkt unglaubwürdig, dass er sich auf sie einlässt, weil er eigentlich Leute wie sie gar nicht wahrnehmen dürfte.
Cumberbatch-Holmes würde sie jedenfalls frühstücken. Und es wahrscheinlich nicht mal bemerken.
(So, schon wieder so viel geschrieben…)