Die Prioritäten sind selbst bei der Apokalypse klar verteilt. Während der vierte Reiter untergetaucht bleibt, unternimmt der erste einen Versuch, die Pest in die Welt zurückzubringen. Heute einmal mit extra betonter Spoilerwarnung, weil ich den erzählerischen Kniff vom Ende zitiere.
Ein kleiner Junge wird aufgegriffen, der nicht nur unter einer seltsamen Krankheit leidet, sondern auch ausschließlich Mittelenglisch spricht, eine Sprache, die im Mittelalter gesprochen wurde und die Ichabod zufällig auch beherrscht. So erfährt er, dass der Junge Thomas heißt und aus Roanoke stammt, offenbar der sagenhaften verlorenen Kolonie. Während im Krankenhaus immer mehr Menschen erkranken, machen sich Ichabod und Abbie auf die Suche nach Roanoke, das ihrer Meinung nach irgendwie ins Sleepy Hollow der Jetztzeit gelangt ist.
Erneut eine herausragende Folge von „Sleepy Hollow“, und das, obwohl ich in den ersten Minuten noch dachte, ach, wie lahm, noch jemand aus der Vergangenheit. Doch die Geschichte war ausgesprochen gut recherchiert und perfekt in die Mythologie der Serie eingebettet, und wenn dann am Ende offensichtlich wird, dass die Leute in Roanoke die ganze Zeit tot waren und für die mysteriöse Krankheit der erste Reiter der Apokalypse verantwortlich war, der auf die Weise versucht hat, in die Welt zurückzukehren, dann hat man sogar noch einen WTF-Moment.
Wie schon bei der letzten Folge basiert auch hier einiges auf wahren Vorkommnissen. Roanoke war tatsächlich die erste englische Siedlung, die im 16. Jahrhundert in Amerika auf dem Gebiet der Roanoke-Indianer gegründet wurde. 1587 wurde dort auch eine Virginia Dare geboren, die als erstes auf amerikanischem Boden geborenes englisches Kind gilt. Die Kolonie wurde allerdings keinesfalls nur einmal verlassen, noch vor der Geburt von Virginia verschwanden die ersten Siedler, worauf ein zweiter Versuch an selber Stelle unternommen wurde. John White kehrte nach England zurück, um sich um Versorgungsnachschub zu kümmern, doch als er drei Jahre später zurückkehrte, war auch diese Kolonie verlassen – ohne eine Spur der Siedler oder Hinweise auf einen Kampf. Es gab Hinweise, dass die Siedler auf die Insel Croatoan geflohen sind, wo sich noch heute Einheimische finden, die eine für Indianer ungewöhnliche Augenfarbe haben. Wirklich geklärt wurde das Rätsel um Roanoke aber nie.
So wunderbar durchdacht die Story, so schwach waren wiederum andere Teile der Folge. Ich kann zum Beispiel so gar nichts mit Abbies Ex Luke anfangen, der die Folge damit verbringt, praktisch jeden vollzuheulen, dass Ichabod doch nur ein Geschichtsprofessor ist, und dass er nicht sieht, wozu seine Kenntnisse eigentlich nützlich sind. Dann ruft er sogar noch in Oxford an, um herauszufinden, ob die Backstory überhaupt stimmt, und das ist das einzig Spannende daran, denn die Dame am anderen Ende bestätigt die Geschichte. Wer hat Ichabod eine glaubwürdige Herkunft verschafft? War das etwa der Captain?
Als Ichabod erkrankt und betäubt wird, trifft er auch Katrina wieder, die offenbar von Moloch festgehalten wird. Wie von den Autoren mittlerweile bestätigt wurde, ist Katrina keineswegs tot, sondern als lebendes Wesen im Fegefeuer gefangen. Was mehr oder weniger andeutet, dass sie eines Tages zurückkehren und „Ichabbie“ aufmischen wird. (Jei?) Wie auch immer, die Tatsache, dass Katrina erklärt, sie sei eine Weile nicht in der Lage gewesen, Ichabod zu kontaktieren, hat mich darauf gestoßen, dass wir in dieser Serie bisher so gar kein Gefühl für vergangene Zeit haben. Es fühlt sich so an, als sei Ichabod quasi erst vorgestern in der Gegenwart angekommen und hätte seither keine ruhige Minute gehabt, doch ich nehme mal an, dass mehrere Wochen vergangen sein sollen.
Ichabods Begegnung mit neumodischen Erfindungen umfassen diese Woche Plastik und die unsägliche Manier, Dinge damit so zu verpacken, dass man nicht rankommt. (Fun Fact: Neun von zehn Verpackungen sind nicht ohne Hilfsmittel zu öffnen.) Dazu darf sich Ichabod auf einen quittegelben Badeschwamm freuen, er spielt mit Klebeband und bekommt einen Handspiegel, der ihn sofort sein Erscheinungsbild in Frage stellen lässt. „A change of clothes wouldn’t hurt“, sagt Abbie da und greift somit eines der Themen auf, die im Fandom bereits heiß diskutiert werden. Ich bleibe da bei meiner Meinung, moderne Kleidung würde alles kaputt machen.
„Yours isn’t the first generation to invent sarcasm!“ Ichabod zieht aus dem Motel in Corbins alte Hütte. Ich mag den Klang von Mittelenglisch, fast bin ich versucht, das zu lernen. Was ich total spannend fand, war die Tatsache, dass die modernen Menschen wie die Fliegen wegstarben, während es Thomas zwar dreckig ging, er aber am Leben blieb. Der Junge wurde nie geimpft, sein Immunsystem ist ganz andere Aufgaben gewöhnt. Die Deduktion mit dem abgerissenen Spinnennetz war der größte Unsinn, den ich seit langem gehört habe, das war offenbar das stärkste Spinnennetz der Welt. Ichabod und Abbie gehen übers Wasser, das war eine absolut herzige Szene.
4 ½ von 5 pestverseuchten Bananen.