ZSSD | Review: Star Wars Outlaws

”Out here, you live and die by your reputation.”

Worum geht es?

Zeitlich angesiedelt zwischen Episode V: Das Imperium schlägt zurück und Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter, folgt Star Wars Outlaws (Ubisoft, Massive Entertainment, 2024) der Geschichte der jungen Frau Kay Vess. Sie ist allerdings kein Jedi, sondern wie Han Solo eine Schurkin, die ihren Lebensunterhalt damit verdient, Leute zu bestehlen oder Daten zu hacken (im Star Wars-Jargon ‚splicen‘ genannt), um sie gewinnbringend an den Meistbietenden zu verschachern. Kein moralisch einwandfreier Charakter, der seinen Charme aber durch eine gewisse, augenzwinkernde Spitzbübigkeit erhält. Kay träumt von einem sorgenfreien Leben mit genug Geld, um sich nie wieder Gedanken um das Abendessen machen zu müssen.
Eine Chance darauf schient sich zu bieten, als sie ein zwielichtiges Angebot erhält: Eine Gruppe Diebe benötigt ihre Splicefähigkeiten, um in den Tresorraum des mächtigen und extrem reichen Magnaten Sliro Barsha zu gelangen. Endlose Reichtümer erwarten sie dort – und Kays Traum von Unabhängigkeit und Sorglosigkeit wäre zum Greifen nah.
Natürlich kommt es, wie es kommen muss, und der Raubzug läuft schief. Kay wird entdeckt und kann nur mit Mühe und unter Zuhilfenahme eines alten Raumschiffes, das zu Sliros Sammlerstücken gehört, aus dem Anwesen fliehen. Schwer unter Beschuss geraten, muss sie auf dem Mond Toshara notlanden und sieht sich dort erst einmal einer fast unlösbaren Aufgabe gegenüber: Sie muss Geld verdienen, um die Reparatur ihres Schiffs bezahlen zu können, ansonsten ist sie auf Toshara gestrandet.
Wie es in ihrer Natur liegt, kontaktiert sie zuerst einmal die Unterwelt: Syndikate wie das Crimson Dawn, das Huttenkartell oder die Pykes, die der findigen Schurkin nur zu gerne Aufträge zukommen lassen. Damit kann sie Geld verdienen, aber es ist eben auch nicht die ehrlichste Arbeit von den aufrichtigsten Arbeitgebern. Nicht selten muss sie die Syndikate gegeneinander ausspielen oder schlichtweg hintergehen, um einen Auftrag gewinnbringend abzuschließen. Dabei muss sie immer ihren guten Ruf bei den Syndikaten im Auge behalten, denn wird dieser zu schlecht, muss sie auch schonmal um ihr Leben bangen, wenn sie die Territorien der Syndikate durchquert.
Gerade, als sich Kay einigermaßen eingelebt hat, wird sie von einem weiteren der vielen zwielichtigen Gauner kontaktiert: Jaylen Vrax. Er hat ein Angebot für Kay: Noch einmal in Sliros Tresorraum einzubrechen, allerdings jetzt mit einer professionellen Crew aus den Besten ihres Fachgebiets. Kay hat keine Wahl, denn Sliro hat ein „Todesmal“ auf sie angesetzt, eine Art intergalaktisches „Tot-oder-lebendig“-Kopfgeld, das ihr das Leben für immer schwer machen würde.
Um sicherzustellen, dass Kay nach den Regeln spielt, stellt ihr Jaylen den ehemaligen Kampfdroiden ND-5 zur Seite. Er erweist sich als sehr hilfreich, hat aber ebenso den Befehl, Kay auszuschalten, sollte sie Jaylen hintergehen wollen.
Ist ND-5 also ihr Verbündeter? Kann Kay überhaupt jemandem trauen?

Wie ist es?

Mir hat Star Wars Outlaws sehr gefallen. Ubisoft hat im Vorfeld viel Kritik einstecken müssen, doch nicht jede hatte eine rationale, nachvollziehbare Ursache. Ich persönlich kann nichts Schlechtes über das Spiel sagen, es ist hübsch anzusehen, wenn auch keine grafische Offenbarung, und hat eine unterhaltsame Geschichte – auch wenn diese dem üblichen Schema von Raubzug-Plots und den damit einhergehenden Rekrutierungen folgt. Ich mochte die Figuren, allen voran die nicht auf den Mund gefallene Kay und den grummeligen ND-5, die langsam und zuerst widerstrebend lernen müssen, sich aufeinander zu verlassen.
Natürlich setzt Star Wars Outlaws auch diesmal auf bewährte Versatzstücke des Star Wars-Genres: Kay (einsilbiger Vornahme, check), hat sowohl eine schwierige Familiensituation (check) und einen kleinen, hilfreichen Freund (check) in Form eines Merqaals, einer Mischung als Axolotl, Schuppentier und Ohnezahn aus der Drachenzähmen-Verfilmung. Aber da man unter dem Titel auch nichts bahnbrechend Neues erwartet, funktioniert das gut. Es ist spaßig, Planeten wie Tatooine und die Cantina in Mos Eisley zu besuchen, oder den Dschungel in Akiva. Jede Welt ist schön gestaltet und lebendig, und es wird nie langweilig. Die Rekrutierungen der einzelnen Mitglieder des Raubzugs gestalten sich nämlich nicht so einfach. Oft muss man sie aus der Gefangenschaft des Imperiums befreien, oder sie entpuppen sich als nicht ganz so vertrauenswürdig wie gedacht.
Aufträge auf den Planeten wechseln sich ab mit regelrechten Raumschlachten mit Piraten, Imperialen oder Syndikatsmitgliedern, und Kay muss sowohl ihren Blaster als auch ihr Schiff dafür in Form bringen. Es gibt also immer etwas zu tun und zu sehen, was das Spiel sehr abwechslungsreich macht, während man auf den Raubzug als unausweichliches Ende zusteuert.

Abschließend betrachtet: Wo reiht sich Star Wars Outlaws für mich persönlich im gesamten mir bekannten Franchise ein? Die Geschichte um Kay Vess ist unterhaltsam, aber sie hat mich bei weitem nicht so gepackt wie die des Mandalorianers. Mein bisher noch ungeschlagenes Lieblingsspiel, Star Wars: The Force Unleashed, hatte in meinen Augen eine mitreißendere Geschichte und einen Helden mit außergewöhnlicherem Hintergrund. Outlaws ist in etwa mit den von mir hier und hier besprochenen Spielen um Cal Kestis vergleichbar, auch wenn die Umgebungen von Outlaws etwas lebendiger und nicht zuletzt wegen der offenen Spielewelt jetzt deutlich zugänglicher wirken. Cal handelt aus selbstlosen Gründen, ganz anders als Kay, dafür hat sie sich bereits gefunden und ist charakterlich gefestigter als der ewige Zweifler Cal. Beide haben ihren Charme. Etwas spannender ist Cal, dagegen bietet Kay die leichtere und spaßigere Kost.

Was kommt danach?

Ubisoft und Massive Entertainment haben Star Wars Outlaws letztes Jahr erst veröffentlicht, deshalb ist über eine mögliche Fortsetzung noch nichts bekannt.
Doch davon ausgehend, dass das Spiel mit 70-80% gute, aber keine überragenden Bewertungen bekommen hat und sich zusätzlich vergleichsweise schleppend verkauft, kann ich mir die derzeit persönlich allerdings kaum vorstellen. (Wir wissen, wie Streamingdienste Serien behandeln, die nicht sofort voll einschlagen, und Videospiele sind da leider keine Ausnahme …)
Aber wäre das schlimm? Im Augenblick, denke ich, nicht. Und das ist gar nichts Schlechtes. Outlaws wollte unterhalten, und das hat es vollumfänglich. Brauche ich mehr davon? Ein zweiter Teil wäre okay, aber ein ganz neues Abenteuer mit frischen Charakteren wäre es ebenso.
Daher bin ich offen für alles, was noch kommt, mit oder ohne Kay und ND-5.