Interview with the Vampire | The ruthless Pursuit of Blood with all a Child’s Demanding (1×04)

„You were ready to abandon our home. Now you want a third.“

Louis und Lestat adoptieren Teenagerin Claudia und machen auch sie zu einem Vampir – mit unabsehbaren Folgen. Spoiler!

We’re a family?

Aus Claudias Tagebüchern erfährt Daniel, wie Louis die damals Vierzehnjährige aus einem brennenden Haus rettet. Auf Louis’ Drängen verwandelt Lestat sie in einen Vampir, was ihrer Beziehung zumindest eine Zeitlang zu helfen scheint, immerhin sind sie nun eine richtige Familie. Doch je älter Claudia wird, desto unwohler fühlt sie sich in ihrem Kinderkörper. Als Lestat sie dann bei der Jagd zu einem Treffpunkt für Paare mitnimmt, erkennt sie, was ihr fehlt – und bemüht sich um ein erwachsenes Aussehen. So lernt sie Charlie kennen und verliebt sich in ihn.

Ein Wechsel im Erzählstil

Was für eine Folge! Der Perspektivwechsel ist meisterhaft gelungen, statt der kuratierten Erzählung von Louis folgen wir diesmal dem chaotischen Gefühlsleben Claudias. Und war ich zuvor schon begeistert vom Casting, fehlen mir bei Bailey Bass schlicht die Worte. Ihre Körpersprache und die subtilen Veränderungen im Sprechrhythmus lassen uns ihr Altern tatsächlich miterleben, obwohl sie sich rein äußerlich kein bisschen verändert. „The ruthless Pursuit of Blood with all a Child’s Demanding“ ist ohne jeden Zweifel das bisherige Highlight der Serie.

Louis: „Vivid writer, isn’t she? A singular style.“
Daniel: „Anne Frank meets Stephen King.“

Eine ältere – und kompliziertere – Claudia

Doch sprechen wir über den Elefanten im Raum: Die Claudia der Serie ist so viel älter als im Buch. Anne Rice beschreibt sie als Kind von gerade so fünf Jahren, woraus bereits in der 1994er-Verfilmung zehn Jahre wurden. „Interview with the Vampire“ präsentiert uns eine vierzehnjährige Claudia, was immens viel älter ist und nicht allein mit Produktionsgründen erklärt werden kann. Es ist also davon auszugehen, das dahinter eine Überlegung steckt, die wir im Moment vielleicht noch nicht vollends erkennen.

In jedem Fall verändert das nicht nur ihr Verhältnis zu Lestat und Louis, sondern fließt auch in die Handlung mit ein. Ein wichtiger Teil des Originalcharakters war ihre völlige Abhängigkeit von Erwachsenen, da sie schon rein körperlich nicht dazu in der Lage war, für sich selbst zu sorgen. Dieser Part entfällt hier, denn Claudia kann problemlos allein jagen und fordert die für Teenager typische Unabhängigkeit auch aktiv ein. Aber sie ist eben auch kein unbeschriebenes Blatt, sondern hat bereits eine traumatische Vergangenheit.

Was sich durch das höhere Alter ebenfalls verändert, ist die Art und Weise, wie Claudia ihre erwachende Sexualität wahrnimmt. Im Buch stand diese Form der Intimität für sie stets außer Frage, doch mit dem Körper einer Vierzehnjährigen befand sie sich quasi gerade am Übergang vom Mädchen zur Frau. Sie kann als volljährig durchgehen, aber ihr Körper wird nie ganz fertig sein, und ich denke, das ist das eigentlich Niederschmetternde für sie. Ich fürchte leider, ihre „Väter“ werden diesen Schmerz nie ganz verstehen.

Claudia dient als Puffer zwischen Louis und Lestat

Was mich unweigerlich zu meinem liebsten dysfunktionalen Paar bringt. Ich bin sehr gespannt, wie sich eine weitere Änderung gegenüber der Buchvorlage auf lange Sicht auswirken wird. Denn Lestat verwandelt Claudia nicht von sich aus, um Louis an sich zu binden, sondern Louis fleht ihn geradezu an, es für ihn zu tun. Das Ergebnis bleibt das gleiche, aber es dürfte dennoch nicht ganz unbedeutend sein, dass dieser Versuch, die Beziehung zu retten, von Louis ausging.

Claudia scheint in den folgenden Jahren tatsächlich für etwas Beständigkeit zu sorgen. Wir bekommen zwar am Rande mit, dass sich Louis und Lestat auch weiterhin streiten, aber sie erwähnt auch die liebevollen Momente zwischen ihnen. (Wenn sie beobachtet, wie Lestat zu Louis in den Sarg klettert und „I missed you“ flüstert, ist das zu süß.) Allerdings erleben wir diese Zeitspanne ausschließlich aus Claudias Perspektive, daher ist schwer zu sagen, was Lestat über sie denkt.

Louis: „Claudia was …“
Daniel: „A bandaid for a shitty marriage?“

Wissen ist Macht

Eine Sache am Rande: Claudia bemerkt an einer Stelle, Lestat „sits on the truth like it’s his chair or somethin’“. Das ist ein durchgehendes Thema der Serie, Louis fragte sich schon zu Beginn, welches Wissen und welche Fähigkeiten Lestat wohl vor ihm verbirgt. Es würde zu ihm passen, denn die Unsicherheit, etwas fürs Überleben Essenzielles nicht zu wissen, bindet Louis (und in Konsequenz auch Claudia) an ihn. Und jetzt hat Lestat allemal Grund dazu, denn Claudia und Louis können telepathisch miteinander kommunizieren und ihn somit aus ihren Gesprächen ausschließen.

The ruthless Pursuit of Notes with all a Child’s Demanding

• Als Daniel einen Blick ins letzte Tagebuch wirft, können wir kurz das Jahr 1945 lesen. Zumindest zu dem Zeitpunkt „lebte“ Claudia also noch, doch wir wissen nicht, was danach mit ihr geschah.
• Auch Vampire lügen beim Alter. Letztens sprach Lestat noch von „two centuries“, doch als Claudia fragt, sind es nur noch „a hundred and fifty-nine“. (Louis sagt „hundred and sixty“, was Lestat sofort korrigiert.)
• Die Szene im Bestattungsinstitut, als sie einen Sarg für Claudia suchen. 🤣 Louis versucht noch halbherzig, eine traurige Geschichte über ein sterbendes Kind zu erfinden, doch Claudias Begeisterung macht alles zunichte.

5 von 5 Bananen, die sich nicht für Mathe im Park treffen.

Vorherige Folge
Nächste Folge
Zurück zur Staffelübersicht