Jedes Jahr ertrinken wir in einer Flut neuer Serien, von denen einige vielleicht schon nach der ersten Staffel abgesetzt werden, andere gar nicht erst unser Interesse wecken, obwohl sie tatsächlich großartig sind. Es ist also eigentlich nicht nötig, auch nur irgendeine Serie jemals zu wiederholen, dennoch war ich Serienjunkie dankbar, als sich ein Sender wie Tele5 dazu durchrang, mit „Babylon 5“ einen Klassiker zu wiederholen, den ich bei seiner Erstausstrahlung verpasst hatte. Und angesichts der gefühlt acht millionsten Wiederholung von „Raumschiff Voyager“ (ausgerechnet dem schlechtesten „Star Trek“-Ableger) ist es doch eigentlich nicht zu viel verlangt, dass die Sender zur Abwechslung mal ein paar Perlen aus dem Giftkeller holen. Dazu einige Vorschläge.
Raumstation Unity
Es gibt eine Reihe wirklich guter Science-Fiction-Serien, die seit ihrer Erstausstrahlung in irgendwelchen Archiven verrotten, am eindrücklichsten im Gedächtnis geblieben ist mir aber „Raumstation Unity“ (auch als „Space Island One“ bekannt). Die deutsch-britische Co-Produktion entstand in den Jahren 1997 und 98 und umfasst lediglich zwei Staffeln, in denen es primär um das Zusammenleben von Astronauten auf einer Raumstation geht. Ich denke, das ist es auch, was mich daran so sehr faszinierte, es gibt so gut wie kein Technobabbel und auch keine völlig abwegigen Storys, vielmehr versuchte die Serie, ein realistisches Abbild zu schaffen und eher die psychologische Komponente von Weltraumreisen zu erforschen. Für mich machte das die zuweilen etwas hölzerne Darstellung der Schauspieler und das sichtbar geringe Budget definitiv wett, und es ist ein bisschen schade, dass diese ungewöhnliche Produktion niemals ein größeres Publikum erreichen konnte.
The 4400
Die Geschichte der Serie „The 4400“ kann man wohl mit Fug und Recht eine Geschichte des Scheiterns nennen, denn trotz guter Ausgangsidee und immer wieder überraschenden Wendungen konnte die Serie vor allem hierzulande niemals eine echte Fangemeinde mobilisieren. Wegen schlechter Quoten wurde sie auf praktisch jedem Sendeplatz ausprobiert, und vermutlich war genau das der Todesstoß. Viele stiegen angesichts des Programm-Pokers irgendwann frustriert aus, andere kauften sich lieber gleich die DVDs. So kommt es, dass von den insgesamt vier Staffeln bis heute auch nur drei im deutschen Free-TV gelaufen sind. Und das ist auch der Hauptgrund, warum die Serie hier in dieser Liste auftaucht, denn verdammt noch mal, ich will endlich wissen, wie sie ausgeht!
McCallum
Lange, bevor das Fernsehprogramm von Krimiserien aller Art übernommen wurde und Serienmacher erkannten, dass Pathologen irgendwie ganz coole Helden ausmachen, produzierte die BBC mit „McCallum“ einen cleveren Vorläufer von „Bones“ und Co. Die Serie entstand von 1995 bis 98 und besteht aus acht Folgen in Spielfilmlänge, in denen John Hannah den titelgebenden Pathologen Iain McCallum spielt. Die Zutaten waren bereits alle vorhanden, es gab rätselhafte Fälle, denen er mit seinen ganz eigenen Methoden nachging, es gab eine Zusammenarbeit mit der Polizei, und wir erhielten auch Einblick in die privaten Krisen der Protagonisten. Ich erinnere mich gut, dass „McCallum“ eine der Serien war, die meine Mutter und ich gleichermaßen liebten (was selten genug vorkommt), und wir waren beide enttäuscht, als sie zu Ende war. Viel trauriger aber ist, dass sie bei dem heutigen Überangebot an Krimiserien keine Wiederholung wert ist.
Dawson’s Creek
Okay, wollen wir ehrlich sein, „Dawson’s Creek“ hat eine ganze Generation geprägt. Eine Serie wie diese gab es bis dato einfach nicht, es war keine der üblichen Teenager-Schmonzetten, sondern selbstreflexiv, intelligent, ironisch. Natürlich gab es auch die typischen Dramen, es ging um erste Liebe und die Frage, wohin man im Leben will, und so gesehen lief die Serie damals Ende der 1990er genau zum richtigen Zeitpunkt, denn ich konnte mit all diesen Dingen etwas anfangen. Aber es war vor allem die abgeklärte Art der Figuren und die Rückbezüge zur Popkultur, die „Dawson’s Creek“ so besonders machten – und immerhin einem Großteil der damaligen Jungschauspieler große Hollywood-Karrieren bescherte.
Earth 2
Eigentlich bin ich überrascht, dass „Earth 2“ nicht längst wieder im Fernsehen läuft, wo alles rund um Klimawandel und Umweltkatastrophen doch gerade so en vogue ist. Obwohl ich mit solchen Themen eher weniger anfangen kann, gebe ich freimütig zu, dass ich die Serie geliebt habe. So sehr sogar, dass ich mir einige der Romane kaufte, was selbst für für einen Serienjunkie wie mich bis heute die Ausnahme ist. Mich faszinierte vor allem die seltsame Zivilisationskrankheit, an der Ulyssus litt, und die auf der zweiten Erde plötzlich geheilt war, und generell das Geheimnis dieses Planeten. Es gab damals nur eine Staffel und auch kein richtiges Ende, was damit zusammenhängt, dass der Sender für die zweite Staffel weitreichende Änderungen plante, mit denen aber schlussendlich keiner richtig zufrieden war. Das alles ist ein bisschen schade, weil man vermutlich viel mehr aus der Idee hätte machen können, aber gerade deshalb ist „Earth 2“ wohl kein so beliebter Kandidat für Wiederholungen.
Veronica Mars
Die Eine. Die Wahre. Die einzig wahre Veronica Mars. Gab es irgendjemanden, der die Serie nicht vergöttert hat? Mit Wortwitz und einer cleveren Hauptfigur trat „Veronica Mars“ das Erbe von „Dawson’s Creek“ an und schuf so ganz nebenbei ein völlig neues Genre. Denn diese Serie wollte weder Teenie-Drama noch Krimi sein und entwickelte deshalb ihren ganz eigenen Erzählstil. Zwar muss man zugeben, dass die Geschichten nach der Aufklärung des Mords an Lilly Kane nie mehr dieselbe Klasse erreichten wie in der ersten Staffel, dafür war die Liebesgeschichte zwischen Veronica und Logan episch. Wahrscheinlich hätte all das nie funktioniert, hätte man damals nicht die gerade erst vierundzwanzigjährige Kristen Bell engagiert, die – wenn man Auftritten in Late Night Shows glauben mag – genauso schräg und witzig ist wie ihre Figur. Das ganz Erstaunliche an der Serie aber ist, dass sie während ihrer gesamten Laufzeit von drei Staffeln maue Quoten hatte und sich stets nur von Staffel zu Staffel rettete, weil die Fangemeinde so treu ergeben war und schließlich sogar den Spielfilm mitfinanzierte, der 2014 in die Kinos kam. Wer weiß, vielleicht wird ja die Free-TV-Premiere in ein, zwei Jahren als Grund genutzt, die Serie ins Fernsehen zurückzubringen?
Dead like me
Nur damit ihr’s wisst, ich bete Bryan Fuller an. Obwohl ich selber schreibe, habe ich den Autoren von Serien lange Zeit keine Beachtung geschenkt, wohl auch, weil Hollywood-Serien nicht darauf ausgelegt sind, diese Einzelleistungen hervorzuheben. Und so war der erste Autor, dessen Arbeit ich explizit bemerkte, Bryan Fuller, und zwar dank seiner Serie „Pushing Daisies“. Die war bunt, verrückt, schnell und völlig durchgeknallt. Wie genial der Mann tatsächlich ist, wurde mir allerdings erst bewusst, als ich „Dead like me“ sah, eine Serie, deren Grundtenor nicht verschiedener von „Pushing Daisies“ sein könnte – und dennoch klar die Handschrift von Bryan Fuller erkennen ließ. Obwohl er die Serie recht früh aufgrund von Streitigkeiten verließ und offenbar auch einige seiner Ideen fallengelassen wurden, blieb „Dead like me“ ein Lichtblick in der ansonsten eher uninspirierten Serienlandschaft, und bis heute gibt es wohl keine lustigere Serie über den Tod als diese.
Die Reihe könnte endlos weitergehen, und wenn ich ehrlich bin, sie tut es auch. Bei Wunschliste.de, wo man sich einen Alarm für die Lieblingsserien setzen kann, habe ich inzwischen eine erschreckend lange Liste, in denen neben aktuellen Produktionen solche Kindheitserinnerungen wie „Georgie“ und „Mila Superstar“ auftauchen, aber auch Doku-Highlights wie „Kinder unserer Zeit“, das in Deutschland nur zu einem Bruchteil ausgestrahlt wurde. Viel erschreckender ist, dass viele dieser Serien schon seit einem Jahrzehnt in dieser Liste stehen und noch nie eine entsprechende Benachrichtigung verschickt wurde. Ich glaube, wenn die Programmgestalter der Sender einmal einen Blick auf diese Seite riskieren würden statt nur Unmengen von Billigsendungen zu produzieren und jeden Abend Krimis zu zeigen, wären wir wohl alle glücklicher. Und nun lasst mal hören, auf die Wiederholung welcher Serien wartet ihr schon seit Jahren?