„We cannot assume their intent is hostile.“
Angreifen oder Kontakt herstellen? Dieser wichtigen Frage muss sich die Föderation endlich stellen. Spoiler!
This crew is my family
Die Vertreter der verschiedenen Welten der Galaxis stehen vor einer schwierigen Entscheidung: Bleiben Sie den Werten der Föderation treu und versuchen, eine diplomatische Beziehung zur unbekannten Spezies 10-C aufzubauen? Oder setzen sie eine von Tarka entwickelte Waffe ein, die die Steuerung der DMA zerstört, doch möglicherweise auch den 10-C schadet? Auf der Discovery soll Dr. Kovich derweil evaluieren, ob Zora mit ihren neuen Gefühlen überhaupt noch als Schiffscomputer taugt. Denn obwohl sie die Koordinaten der 10-C kennt, behält sie diese Informationen für sich, damit sich die Crew nicht in Gefahr begibt.
Zwei große philosophische Themenkomplexe
Großes Kino, und das sage ich gänzlich unironisch. So schwer sich „Star Trek: Discovery“ manchmal auch tut, die angerissenen Ideen als Antrieb für seine Plots zu verstehen, umso treffsicherer werden sie in „… but to connect“ adressiert. Die Crew setzt sich endlich damit auseinander, was es bedeutet, praktisch hilflos einem Computer ausgesetzt zu sein, der nicht mehr rational, sondern emotional entscheidet. Und gleichzeitig geht es um die uralte Frage, ob man einem vermeintlichen Feind die Hand zur Versöhnung reicht oder nach dem Motto „Auge um Auge“ zurückschlägt.
„Our experiences shape us. That’s what makes this so difficult. Before we head down a path that could lead to destruction, on both sides, we need to reach first for understanding. For generations, the Federation has sought out new life, new civilizations, not to destroy but to connect. Even in the face of uncertainty.“
Vertrauensvorschuss oder Vergeltung?
Lasst mich mit Spezies 10-C beginnen, weil ich ehrlich gesagt absolut begeistert bin, dass die Problematik in dieser Folge so ausführlich debattiert wurde. In der Vergangenheit schien die Agenda der Föderation oftmals reiner Selbstzweck zu sein, eine Art moralische Überlegenheit, bei der Völker mit eher praktischen Problemen meist das Nachsehen haben. Genauso verständlich ist aber auch, dass angesichts eines Genozids der erste Impuls der Ruf nach Vergeltung ist. Beide Seiten haben gute Argumente, und beide Seiten haben im Grunde recht.
Was sie am Ende machen, ist nichts anderes als eine Risikoabwägung, auch wenn es unter dem Deckmantel der Diplomatie geschieht. Denn was wäre, wenn Tarkas Waffe tatsächlich auch Auswirkungen auf die 10-C hat? Glaubt auch nur einer, dass die dann sagen, oh, unser Fehler, lassen wir die andere Galaxie besser in Ruhe? Gewiss nicht, und wenn man die DMA als Maßstab nimmt, können wir uns nicht mal ansatzweise vorstellen, wie gewaltig der Vergeltungsschlag wäre.
Wir kennen die Absichten der 10-C schlicht nicht
Das alles bekräftigt mich in meiner Vermutung, dass sich am Ende herausstellen wird, dass die 10-C nicht wissen, welchen Schaden ihre DMA anrichtet. Ich bin immer mehr der Überzeugung, dass sie genauso Forscher sind wie die Föderation. Ich meine, wir müssen nicht mal weit schauen, die Discovery war bereits einmal auf der anderen Seite der Gleichung, als sich herausstellte, dass der Sporen-Antrieb dem Myzelium-Netzwerk schadet. Auch hier steckte keine böse Absicht dahinter, es waren einfach nur unbekannte Effekte einer noch unerforschten neuen Technologie.
Vielleicht versuchen die 10-C Wurmlöcher zu erzeugen, um in andere Galaxien zu reisen? Vielleicht ist es sogar gerade ihr Anliegen, Kontakt zu unserer Galaxis herzustellen. Was es umso tragischer macht, dass Book in seinem Verlangen nach Rache so blind ist, dass er Tarka vertraut, ohne die technische Seite seiner Waffe zu verstehen. (Oder auch nur verstehen zu wollen, denn ich habe nicht mitgekriegt, dass er nach dem Bauplan gefragt hätte.) Mit ihrem Alleingang bringen sie am Ende die gesamte Galaxis in Gefahr.
Kovich: „State your primary function, please.“
Zora: „To care for the crew of Discovery.“
Stamets: „That’s not the core programming of the ship’s computer. Who gave you those parameters?“
Zora: „I did.“
Nicht Kontrolle, sondern Vertrauen ist der Schlüssel
Die zweite große Handlung der Folge spiegelt das Bedürfnis, einen gemeinsamen Nenner zu finden, perfekt wider. („Star Trek: Discovery“ scheitert oft an einer thematischen Verknüpfung seiner Plots, aber hier gelingt es geradezu virtuos.) Zugleich greift sie meine große Besorgnis auf, dass Zoras Bewusstwerdung eine Katastrophe in Wartestellung ist, die die Crew vehement ignoriert. Stellt sich raus, sie tut es nicht. Dr. Kovich wird als Experte hinzugezogen, um zu ermitteln, ob Zoras Gefühle eine Gefahr darstellen, die ihre Entfernung aus dem Bordcomputer notwendig machen.
Obwohl sicherlich einige Schritte übersprungen werden, gelingt es doch, die wichtigsten Eckpunkte anzusprechen. Stamets fungiert dabei gewissermaßen als Advocatus Diaboli, der nicht der Faszination einer fühlenden KI erliegt, sondern offen ausspricht, dass er sich an Bord nicht mehr sicher fühlt. Und die Lösung besteht eben nicht darin, einen „fail-safe“ bereitzustellen, sondern auf beiden Seiten Vertrauen aufzubauen. (Seltsam, dass letztens in „All is possible“ niemand auf diese Idee kam und Michael stattdessen zum lebenden „fail-safe“ wurde.) Kovich erklärt Zora zur neuen Lebensform, und als solche kann sie der Sternenflotte beitreten, womit sie nun demselben Verhaltenskodex unterliegt wie alle anderen an Bord.
… but to note
• Auch ein wichtiger Hinweis ist Michaels Feststellung, dass sie das Verhalten der 10-C nicht an ihren eigenen kulturellen Konzepten messen können. Die möglicherweise fundamentalen Unterschiede zwischen Lebewesen werden in unterhaltender Sci-Fi selten so klar kommuniziert.
• Haben wir von „isolytic weapons“ schon mal gehört oder ist das eine neue Erfindung von „Star Trek: Discovery“? Michael schien sie zu kennen, also gehe ich davon aus, die gibt es im Kanon schon länger? Kann sie gerade nicht einordnen, sorry.
• Sagt mal, geht da was zwischen Saru und Präsidentin T’Rina? Letztens der gemeinsame Tee und jetzt schenkt er ihr eine seiner Pflanzen. 😯
• Midseason-Finale, die Serie macht jetzt, wo es spannend wird, erst mal anderthalb Monate Pause. Dammich.
5 von 5 Bananen, die träumen.