Wie viele andere Interessen, führt auch das Rätsel um die Identität des Doctors eine Reihe von Menschen zusammen, die ihre Zeit damit verbringen, über ihn zu reden. Bis dahin ist diese Folge eine wahre Fundgrube kluger Gedanken, dann kommt der Abzorbaloff und wir haben den Salat. Vorsicht vor radikalen Interpretationsansätzen und natürlich Spoilern!
Eine Gruppe von Leuten schließt sich zu einer Art Club zusammen, um dem Mysterium des Doctors auf den Grund zu gehen. Nach und nach interessieren sie sich mehr für andere Dinge und gründen sogar so etwas wie eine Band, als eines Tages Victor Kennedy auftaucht und sie wieder auf Kurs bringt. Im Zuge dieser neuen Forschungen nimmt Elton Kontakt zu Jackie Tyler auf, um mehr über Rose und letztendlich den Doctor zu erfahren. Doch die Herrschaft von Victor ist ihm mehr und mehr unangenehm, und das sogar schon, bevor er sich als fieser Abzorbaloff entpuppt.
Unter Fans genießt „Love & Monsters“ wohl so etwas wie einen fragwürdigen Sonderstatus als eine der am meisten gehassten Folgen von New Who. Auch mir graute in Erinnerung an den Abzorbaloff vor dem erneuten Schauen, doch die große Überraschung ist, so wahnsinnig schlecht ist die Folge gar nicht. Die ersten dreißig Minuten sind sogar ausnehmend gut, weil sie aus dem Umstand heraus, dass der Doctor und Rose kaum in der Geschichte vorkommen, einmal mit einer völlig anderen Erzählweise experimentiert. Aus der Sicht von Elton und in Form eines Videotagebuchs (die Generation YouTube lässt grüßen) erleben wir, wie der Doctor das Leben Unbeteiligter beeinflusst. Aber eben auch, wie ein gemeinsames Interesse eine Gruppe von Menschen zusammenbringt, die schließlich immer mehr miteinander teilen, bis der ursprüngliche Grund für ihr Kennenlernen gar nicht mehr wichtig ist. Selbst die Figur Victor Kennedy, der sie an ihr eigentliches Ziel erinnert, bis Elton rebelliert, weil er gemerkt hat, dass es am Ende nie um den Doctor ging, sondern um das Zusammensein, funktioniert innerhalb der Geschichte hervorragend.
Das Problem der Folge lässt sich folglich in nur einem Wort zusammenfassen: Abzorbaloff. Die Geschichte hätte mühelos ohne Monster oder eine Bedrohung irgendeiner Art funktioniert, einfach als Studie, welchen Eindruck der Doctor bei denen hinterlässt, die nur flüchtig mit ihm ihn Kontakt kommen. (Nicht umsonst wurden hier Ereignisse aus „Rose“, „Aliens of London“ und „The Christmas Invasion“ zitiert, die nicht wenige Menschen miterlebt haben.) Durch ein Monster, noch dazu ein dermaßen schlecht umgesetztes, verliert die Geschichte ihre ursprüngliche Intention und Stärke und zieht am Ende die gesamte Folge runter. Selbst in dem Wissen, dass nur die letzte Viertelstunde darunter zu leiden hat, würde ich es mir immer dreimal überlegen, ob ich sie wirklich noch mal schauen muss.
Ein interessanter, vielleicht zu Unrecht kaum beachteter Nebenplot ist Jackie und ihre geradezu greifbare Einsamkeit. Diese Dinge kriegt man einfach nicht mit, wenn sie immer nur in der Interaktion mit Rose und dem Doctor auftaucht. Sie hat eben noch ein Leben außerhalb, ein Leben, von dem Rose mittlerweile kein Teil mehr ist. Sicher kann man sich darüber lustig machen, wie sie sich Elton an den Hals wirft (und wie sie das Kennenlern-ABC runterspult, während Elton es im Kopf noch durchgeht, ist zum Quieken), aber rational betrachtet ist das nichts Sexuelles, sondern einfach nur eine Übersprunghandlung, der Versuch, sich an jemandem festzuhalten.
Einen spannenden Gedanken äußert Elton ganz am Rande und gibt dem Plot um den Abzorbaloff damit sogar noch eine gewisse Daseinsberechtigung. Der Doctor ist metaphorisch gesprochen ganz ähnlich, denn wer einmal mit ihm in Kontakt kommt, und sei es auch noch so kurz, wird unweigerlich in seine Welt, seine Konflikte hineingezogen. Das trifft auf Eltons Mutter zu, die eines der unschuldigen Opfer war, über die normalerweise kein Wort verloren wird, das trifft auf Jackie zu, die ihre Tochter verloren hat, und das trifft auch auf Rose selbst zu, deren grausames Ende in dieser Folge einmal mehr angedeutet wurde. Doch wie sagte schon Reinette in „The Girl in the Fireplace“? „The Doctor is worth the monsters.“
Notes & Monsters. Die Anfangssequenz ist so herrlich surreal mit dem blauen Eimer und dem Rumgerenne durch Türen. „If there’s one thing I really, really love, then it’s Jeff Lynne and the Electric Light Orchestra. Cause you can’t beat a bit of ELO.“ Aus ganz persönlichen Gründen liebe ich den Soundtrack dieser Folge. Victor erwähnt die „Torchwood Files“ und einen „Bad Wolf Virus“. Ursula trägt nach ihrer Absorption immer noch ihre Brille, das hat mich damals schon unglaublich irritiert. Und die Steinplatte mit Ursulas Gesicht und Eltons Kommentar „we even have a bit of a love life“ ist gewissermaßen der Sargnagel für diese Folge.
3 von 5 Absorbananen.