„Her capacity to trust was a flaw in her programming.“
Picard bringt Soji zu zwei alten Freunden. Rios und seine Crew versuchen, den Romulanern zu entkommen. Spoiler!
You’re in trouble – how bad?
Picard und Soji erreichen Nepenthe, wo sie von Riker, Troi und deren gemeinsamer Tochter Kestra willkommen geheißen werden. Vor allem zu Kestra entwickelt Soji eine enge Beziehung, während Picard langsam einsieht, dass sein Plan nie besonders gut durchdacht war. Währenddessen versucht Rios, Narek abzuschütteln, der ihnen so hartnäckig folgt, dass der Captain vermutet, die Romulaner könnten Raffi mit einem Tracker versehen haben. Im Borg-Kubus versucht Narissa, Hugh zum Reden zu bringen.
Fanservice der besten Sorte
Ja, seien wir ehrlich, „Nepenthe“ war zu weiten Teilen eine reine Wohlfühl-Episode. Und tatsächlich war mir bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht klar, wie sehr mir die Crew der Enterprise eigentlich gefehlt hat. Den nötigen Ausgleich für die heile Welt der Riker-Trois bieten dann die zwei anderen Plots, von denen der auf der La Sirena ein bisschen ärgerlich war (dazu gleich mehr), während Hughs Tod an dieser Stelle vor allem unnötig wirkt.
Soji: „Why would Data want to make an android with mucus and saliva?“
Kestra: „Well, he was always trying to be more human. He could do all these amazing things, but all he ever really wanted to do was, like, have dreams and tell jokes and, like, learn how to ballroom dance.“
Riker und Troi rücken Picard den Kopf zurecht
Bleiben wir aber zunächst auf dem titelgebenden Planeten Nepenthe. Man kann sich ja des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass Riker und Troi dort ganz allein wohnen, was schon ein bisschen absurd wirkt. (Zumal sie bei der Sternenflotte doch eigentlich nie Geld verdient haben, oder? Wovon haben die sich so ein riesiges Grundstück gekauft?) Wie auch immer, sie leben dort glücklich in den Tag hinein, backen Pizza und erziehen ihre Tochter Kestra. Eskapismus pur, ich gebe zu, ich war ein bisschen neidisch.
Doch das Schöne ist, dass diese drei Menschen noch immer eine enge Freundschaft verbindet. Eng genug, dass sowohl Troi als auch Riker Picard nett aber deutlich zu verstehen geben, dass er den einen oder anderen Fehler gemacht hat, als er so undurchdacht eine Rettungsaktion gestartet hat. Denn er mag Soji fürs Erste aus der Schusslinie geholt haben, was aber darüber hinaus aus ihr wird, hat er nie zu Ende gedacht. Genauso wenig, was mit ihrer Heimatwelt und den potenziellen weiteren Androiden geschieht, wenn die Romulaner erst dort eintreffen.
Picards neue Crew ist völlig überfordert
Unter diesem Gesichtspunkt wirkt überhaupt alles an dieser Mission geradezu lachhaft unvorbereitet. Eine Handvoll Leute, die sich kaum kennen, gegen den gesamten Zhad Vash? Zumal, wie Picard selbst mit gewisser Ironie feststellt, seine zusammengewürfelte Crew nicht einmal ansatzweise mit dem zu vergleichen ist, was er von der Sternenflotte gewohnt ist. Rios, Raffi, Jurati – sie alle haben Altlasten. Elnor vielleicht noch am wenigsten, aber der hat sich dafür bisher auch nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert.
Vor allem aber scheinen sie alle nicht die geringste Vorstellung davon zu haben, worauf sie sich da eingelassen haben. (Außer Raffi vielleicht, aber sie ist viel zu kaputt, um in der Hinsicht eine allzu große Hilfe zu sein.) Dass Jurati Maddox töten konnte, ohne dass es irgendwem komisch vorkommt, ist bezeichnend dafür. Ebenso, dass Rios eher Raffi verdächtig als Jurati, was mir den Mann nicht unbedingt sympathischer macht. (Betthäschen schlägt alte Freundin, die ihm gerade erst ihr Herz ausgeschüttet hat?)
Riker: „So? What are they like, this new crew of yours?“
Picard: „Well, I would have to say they are decidedly motley. There’s been nothing but drama since we left Earth orbit. And I’m told, it’s been continuing since I saw them last. They they seem to be carrying more baggage than all of you ever did. But then I’m not the one to talk.“
Juratis Motivation
Und Jurati? Die merkt so langsam, dass sie knietief in der Scheiße sitzt. Was Commodore Oh ihr gezeigt hat, weiß ich immer noch nicht, es waren nur zusammenhanglose Szenen, die viel zu schnell geschnitten waren. Und so furchtbar das auch sein mag, was Jurati da gesehen zu haben glaubt, es erklärt meiner Meinung nach noch immer nicht, dass sie sich einen Mord hat befehlen lassen. Zugegeben, durch die Geistesverschmelzung ist eine Gehirnwäsche noch immer nicht gänzlich ausgeschlossen, aber die ganze Erzählweise deutet für mich darauf hin, dass das ihre freie Entscheidung war – auf Basis dessen, was sie von Oh erfahren hat.
Das Ärgerlichste überhaupt ist die Inkonsistenz bei den Hologrammen auf der La Sirena. Anfangs sind die alle Nase lang aufgetaucht, und dann auf einen Schlag einfach gar nicht mehr. Das medizinische Hilfsprogramm ward nach Maddox‘ Tod nie wieder gesehen, und das ist umso seltsamer, als es damals sogar schon aktiviert wurde, als Jurati nur eine erhöhte Herzfrequenz hatte. Jetzt muss sie erst mit Schaum vorm Mund am Boden liegen, bevor das Programm reagiert.
Bitteres Ende für Hugh
Zu den Geschehnissen im Borg-Kubus gibt es nicht mehr allzu viel zu sagen. Es ist einfach schade, dass Hugh für die Story geopfert wurde. Und ich vermute, denen unter uns, die ihn noch aus „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ kennen, tut das sogar ein bisschen mehr weh. Vor allem aber zeichnet es kein sehr schmeichelhaftes Bild von Elnor, der trotz seiner Ausbildung offenbar nicht in der Lage ist, den ältesten Trick der Welt zu durchschauen. Hey, wir sind doch Ehrenleute, lass uns mit den Fäusten kämpfen. Oh Mann!
Nepenthian Notes
• Mal ein gänzlich anderer Beitrag zum Thema Consent bzw. Fehlen desselben: Commodore Oh fragt nicht um Erlaubnis, bevor sie ihren Geist mit Juratis verschmilzt.
• Falls euch der Name Kestra auch so bekannt vorkam: So hieß Trois Schwester, die starb, als sie selbst noch ein Baby war. Troi erfuhr erst in der TNG-Folge „Ort der Finsternis“ (Staffel 7) von ihr. Und Thaddeus geht wohl auf einen Vorfahr Rikers zurück, der von Q in der Voyager-Folge „Todessehnsucht“ gerettet wurde.
• Apropos, Lulu Wilson ist großartig als Kestra. Von ihr möchte ich unbedingt mehr sehen!
• Ich habe beschlossen, Juratis Kommentar zum Kometen, der sich als Gormagander entpuppt, als Hommage an „Das Imperium schlägt zurück“ zu verstehen.
• Woher kam eigentlich der Chip, mit dem Elnor die Fenris Ranger ruft?
• Bunnycorns. 🙂
4 ½ von 5 wilden Bananen des Waldes.
Du hadt Recht, vieles in der Folge und später auch im Rest der Staffel lässt Fragen offen.
Wie sich Riker das Grundstück kaufen konnte … hat er erwähnt, das getan zu haben? Ich denk eher, es wird ihm gegeben worden sein, quasi zur Rente. Ich kann mir vorstellen, dass höhere Offiziere am Ende ihrer Laufbahn einfach einen Antrag stellen, einen Alterssitz zu bekommen, und ihn sich dann unter allen Allianzplaneten aussuchen dürfen.
Btw. Wie war das mit Thaddeus? Gibts zu ihm ein Spin off, vielleicht einen Roman oder so? Das wurde so als bekannter Fekt hingestellt, dass ich eine Weile gebraucht habe, um zu kapieren, wer er ist und dass er tot ist. Sonst hab ich nicht ganz verstanden, wofür er gut war. Als Beispiel, dass KI auch Gutes bewirken könnte?
Dass Rios Raffi verdächtigt, hab ich zuerst ja für einen Trick gehalten. Reize Agnes damit, dass du jemand anderem Unrecht unterstellst, bis sie einknickt. Dass er es dann wirklich so gemeint hat, fand ich auch enttäuschend für ihn. Er wirkt so abgeklärt und bodenständig-zynisch, dass man denken könnte, nur eine Nacht mit einer Frau würde ihm nicht so komplett den Kopf verdrehen. (Ohnehin haben die beiden null Chemie zusammen. Kein Wunder, wenn man ihn eher mit Raffi in intimen Szenen sieht, als mit Agnes.)
Ansonsten: Fanservice Picard-Riker-Troi: Yay!, Hughs Tod: Nay!
Die Fenris-Plakette war ein typischer Deus ex machina. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, sowas Winziges auf so einem gewaltigen Schiff zu finden?
Die Folge war auch irgendwie fies zu bewerten, weil ich sie trotz einiger Löcher halt total großartig fand.
Übrigens glaube ich gelesen zu haben, dass Thaddeus wirklich nur für diesen „Zweck“ erfunden wurde, einige Reviewer haben sich darüber auch aufgeregt. Das generiert nur unnötig Drama und hätte sicher auch anders gelöst werden können.
Ah okay. Ich fands gar nicht so dramatisch, man merkte nur die stille, trauernde Akzeptanz der Eltern und Schwester. Mich hats nur gewundert, weil alles, was Thad gemacht hat, auch von Kestra hätte erfüllt werden können. Warum also ein totes Kind erfinden, das später auch nicht mehr wichtig wird?
Ja, ich versteh dich, ich mochte die Folge auch trotz der Defizite. Es fällt mir schwer, Picard auch nur Kleinigkeiten übel zu nehmen. Weil sie einfach sehr viel richtig machen und ich wiiiirklich dringend eine neue Star Trek Serie nötig hatte, die ich vorbehaltlos toll finden kann.