„What are we looking for here, Adam and Eve of the damned? God? Are we looking for God, Claudia?“
Claudia und Louis bereisen auf der Suche nach Vampiren Europa. In Rumänien stoßen sie erstmals auf eine noch warme Spur. Spoiler!
That’s a fucking catfish with teeth
Nach Louis’ Zusammenbruch nimmt nun auch Armand an Daniels Interview teil – inoffiziell, wie er hartnäckig betont. Louis erzählt von den vier Jahren, in denen er und Claudia durch das vom Zweiten Weltkrieg erschütterte Europa reisen, ohne eine Spur von anderen Vampiren zu finden. Die Beziehung zwischen Louis und Claudia ist zunehmend getrübt, zumal Louis von Erscheinungen Lestats heimgesucht wird. In Rumänien scheinen sie endlich Glück zu haben, denn die Bewohner treffen explizit Vorkehrungen gegen Wiedergänger. Doch ihre erste Begegnung mit einem Vampir der „alten Welt“ fällt ernüchternd aus.
Als Start in eine neue Staffel schwach
Es schmerzt, das zugeben zu müssen, aber diese Folge fand ich wirklich nicht gut – vor allem nicht als Staffeleröffnung. Ich kann euch aber immerhin ziemlich präzise sagen, woran es lag. Der Part in der Gegenwart ist superb, denn mehr und mehr entwickelt sich dieses Interview zu einem Puzzlespiel, dessen Teile mitten in der Erzählung die Form wechseln oder ganz und gar zu einem anderen Bild zu gehören scheinen. Die Szenen in Rumänien? Nicht so sehr, das zieht sich alles extrem und strahlt eine Niedergeschlagenheit aus, die einfach nur anstrengend ist. Was irgendwie die Idee ist, aber trotzdem keinen Spaß macht.
Lestat: „Was she worth it?“
Louis: „Yes.“
Lestat: „You say it like you believe it.“
Louis: „I do, I do.“
Wahrheit ist Interpretationssache
Was mich an „Interview with the Vampire“ zunehmend fasziniert, ist der Umgang mit Wahrheit. Gibt es sie überhaupt, die eine gültige Wahrheit, oder verformt das Gedächtnis unweigerlich alles, was wir erleben? Und viel wichtiger: Verstärkt sich dieser Effekt noch, wenn man so lange lebt wie ein Vampir? Im Grunde können wir nichts mehr glauben, was wir hier sehen, noch während der Erzählung korrigiert sich Louis mehrmals. Und das sind nur die Sachen, die er zuzugeben bereit ist, wer weiß, wie viel er weiterhin bewusst zurückhält.
Besonders gruselig ist, dass Armand gleichzeitig den Eindruck erweckt, dass er mehr weiß als Louis und Daniel. Eine wichtige Lücke für uns Zuschauer ist nach wie vor jenes Interview in den 1970ern, denn wir wissen nicht, wie viel Einfluss Armand schon damals auf das Narrativ genommen hat. Ist es so abwegig, dass ein Vampir seines Alters gewisse Fähigkeiten besitzt? Daniel konnte sich ja lange nicht mal daran erinnern, ihm überhaupt schon mal begegnet zu sein. Wer also weiß, was Armand ihn noch alles hat vergessen lassen?
Und das wirft unweigerlich die Frage auf: Wieso? Einen Anhaltspunkt liefert das Gespräch zwischen Louis und Armand am Ende der Folge. Louis bittet Armand, ihn die herausgetrennten Seiten aus Claudias Tagebuch lesen zu lassen. Okay, zugegeben, mein erster Gedanke war: Wieso hat er die Seiten? Aber dann weist Armand darauf hin, dass darin auch Dinge über ihn stehen. Dinge, von denen er nicht will, dass Louis sich daran erinnert? Ehrlich, diese Beziehung ist keinen Deut gesünder als die von Louis und Lestat.
Lestat fehlt der Geschichte massiv
Wie schon gesagt, die Handlung in Rumänien fand ich nicht sonderlich spannend. Zum größten Teil ist das der Tatsache geschuldet, dass man meiner Meinung nach viel zu viel Zeit in dieses seltsame Gespräch zwischen Louis und dem Engländer Morgan investiert. Außer, dass es zu der Szene hinleitet, in der er die anderen davon abzuhalten versucht, die verletzte Emilia zu köpfen, weil sie ja ein Vampir werden könnte, hatte das alles keinen tieferen Sinn.
Das andere ist, dass sich die Abwesenheit Sam Reids in „What can the Damned really say to the Damned“ wirklich bemerkbar macht. Wir bekommen nur ein paar Szenen, in denen Lestat jedoch eindeutig Louis’ Fantasie entspringt, sogar seine Gestik spiegelt Louis. Nachdem er in der ersten Staffel so eine zentrale Rolle gespielt hat, ist das jetzt wie kalter Entzug – und ich mag es überhaupt nicht. Bitte bringt die Handlung voran, damit Lestat wieder Teil der Geschichte werden kann.
„Claudia was a thing of little indecision, a manic tour guide. And any castle with ties to Vlad Tepes or Vlad Dracul, however slight, had to be explored. And I endured it all for Claudia, whose rage toward me and my refusal to burn Lestat had dulled into a bitter silence.“
Claudias Suche führt nur zu Kummer
Und dann haben sie sogar irgendwie Erfolg bei ihrer Suche nach anderen Vampiren, doch diese Begegnung ist am Ende vielleicht schlimmer als das Schweigen davor. Was sollen wir aus dem Zombie-Vampir und der ihrer Existenz überdrüssigen Daciana schließen? Ist es tatsächlich so, wie Louis sagt, und der Kummer des Krieges hat das Blut der Menschen derart vergiftet, dass es für Vampire nicht mehr nahrhaft ist? Oder ist das alles eine natürliche Folge fehlender Erneuerung? Die „alte Welt“ als Wiege der Vampire ist ausgetrocknet und tot?
Es lässt sich kaum ermessen, wie niederschmetternd die Erkenntnis für Claudia sein muss. Die Hoffnung, mehr über ihre Art zu erfahren, war das Einzige, was sie jemals angetrieben hat. Inzwischen empfindet sie selbst Louis, wie sie schreibt, als „dead weight“. Sie toleriert seine Anwesenheit und weiß doch, dass er Lestat ihr vorgezogen hat, als er sich weigerte, ihn zu verbrennen. Zu erleben, wie eine uralte Vampirin lieber den Freitod wählt als sich ihnen anzuschließen, muss furchtbar sein. Da sind keine Antworten.
What can the Notes really say to the Notes
• Die Rolle von Claudia wurde neu besetzt, Delainey Hayles ersetzt Bailey Bass, worauf im Vorspann sogar explizit hingewiesen wird. Obwohl der Übergang recht nahtlos gelingt, muss mich Hayles noch überzeugen, denn Bass fand ich großartig.
• Apropos Vorspann, die Titlecard zeigt über Dubai jetzt nicht mehr die Skyline von New Orleans, sondern von … irgendeiner Gegend in Rumänien, nehme ich an?
• Der Running Gag mit dem „real Rashid“ war einfach zu köstlich. „Where did they send you when Shah Rukh Khan over here was playing you?“
• Laut Armand sind er und Louis seit mehr als 70 Jahren zusammen. Aber hattet ihr nicht auch das Gefühl, dass ihre Intimität vor Daniel sehr gespielt wirkte?
2 ½ von 5 vergesslichen Bananen.