„One of the highest functions of the biological brain is empathy, the ability to put yourself in another person’s shoes. “
Für ein Treffen mit einer matriarchalischen Spezies gibt sich Kelly als Captain aus. Auf einem verlassenen Planeten finden sie einen Kaylon mit Gefühlen. Spoiler!
Are all your males so … slow?
Die Orville trifft sich mit einer Delegation der Jinisi, einer streng matriarchalischen Gesellschaft, in der die Männer Personen zweiter Klasse sind. Um die Botschafterinnen nicht gleich beim ersten Treffen vor den Kopf zu stoßen, stellt sich Kelly als Captain des Schiffs vor, mit Keyali als Erstem Offizier. Die Verhandlungen laufen vielversprechend, doch irgendwann müssen sie den Jinisi die Wahrheit sagen. Unterdessen entdecken sie auf Situla 4 einen Energiestoß, der sie zu einer Wissenschaftlerin führt, die einen Kaylon namens Timmis so modifiziert hat, dass er Gefühle empfinden kann. Das stimmt Claire nachdenklich, da sie gerne wieder eine intime Beziehung mit Isaac eingehen möchte.
Zwei gute Ideen, die zu wenig Raum kriegen
„From unknown Graves“ stellt eine deutliche Verbesserung zur Vorwoche dar, dennoch muss man sich fragen, ob es nicht besser gewesen wäre, die zwei Themen der Folge separat zu behandeln. Stoff genug böten sie in jedem Fall, vieles hier wirkt leider stark komprimiert, was am Ende keiner der beiden Ideen zum Vorteil gereicht. Bei den Jinisi wird genussvoll jedes Klischee durchgekaut, und dass Timmis’ „Evolution“ auf den Beziehungskonflikt von Claire und Isaac reduziert wird, macht die Story kleiner als sie eigentlich ist.
„We were deeply in error, Isaac. To judge all biologicals by the cruelty of our builders was a gross misjudgment. Every species, every individual is unique and should be evaluated as such.“
Ein Hass, dessen Grundlage längst vergangen ist
Bemerkenswert fand ich jedenfalls, dass „The Orville“ hier einen durch und durch positiven Ansatz verfolgt. Ich bin sicher nicht die Einzige, die praktisch die gesamte Folge über darauf gewartet hat, dass sich Dr. Villkas Forschung als Bluff herausstellt, als raffinierte Falle der Kaylon oder sogar als neuerlicher Versuch, die Kaylon zu versklaven. (Ich gebe dem Flashback die Schuld, da er zumindest für mich nicht sofort als solcher erkennbar war.) Aber es ist kein Trick, Timmis ist tatsächlich zu Gefühlen fähig und dadurch in der Lage, biologisches Leben weit differenzierter zu beurteilen als der Rest seines Volkes.
Das wiegt umso schwerer, wenn wir uns klar machen, dass Timmis tatsächlich ein Sklave jener Schöpfer war. Dass er die Unterdrückung selbst erlebt hat und nicht nur aus Überlieferungen kennt wie Isaac. Uns diese Vorgeschichte ausgerechnet jetzt zu zeigen, nachdem man vorher immer nur davon gesprochen hat, kam mir anfangs seltsam vor. Doch es war wichtig, um zu verdeutlichen, dass der Hass auf biologische Lebensformen niemals evaluiert wurde, sondern unverändert an jede neue Generation von Kaylon weitergegeben wird.
Bei den Kaylon herrscht evolutionärer Stillstand
Diese Information ist noch aus einem anderen Grund wichtig: Sie zeigt, dass sich die Kaylon in eine evolutionäre Sackgasse manövriert haben. Ausgerechnet das ältere Modell Timmis ist zu einer Entwicklung fähig, die in Isaacs Programmierung von vornherein ausgeschlossen wurde. Die Vorstellung, dass Gefühle auf dem Weg zur Perfektion ein Hindernis darstellen, ist so naheliegend wie falsch. Die Rationalität der Kaylon lässt sie eine über Jahrtausende gewachsene Vielfalt auslöschen, um absolute Gleichförmigkeit zu erreichen. Doch es ist Chaos, das zu Innovation und Weiterentwicklung führt.
Wie gesagt, es ist etwas schade, dass diese gewaltige Aussage auf das Schlagwort Liebe reduziert wird. Im Kontext der Serie ergibt das natürlich Sinn, weil viel Zeit in die Entwicklung der Beziehung zwischen Isaac und Claire investiert wurde. Aber ehrlich gesagt habe ich nie verstanden, was genau Isaac eigentlich an sie bindet, wenn nicht Gefühle. Irgendwas muss ja schon da sein, sonst hätte das Experiment genauso gut darin enden können, dass Isaac merkt, dass er sie gar nicht liebt. Wenn überhaupt, hat die Sache seinen servilen Charakter hervorgebracht, weil er sogar seine Erinnerungen opfern würde, um Claire zu „genügen“.
„You lied to us in order to curry favor! And this is the basis upon which you expect to form an alliance?“
Frauen sind die besseren Männer oder so
Den Jinisi-Plot können wir abkürzen, denn dass der Plan nach hinten losgehen würde, war von Anfang an klar. Eine Partnerschaft, die auf einer Lüge fußt, ist zum Scheitern verurteilt. Und es wirft ein ganz schlechtes Licht auf die diplomatischen Fähigkeiten von Mercer und Grayson, dass sie das nicht merken. Die daraus resultierenden Verwicklungen sind noch nicht mal lustig, sondern bedienen nur ein Klischee nach dem anderen. Von Männern, die sich beim Gepäcktragen anstellen wie die Idioten, bis zu Frauen, die meinen, sie könnten sich mal eben einen Mann „ausleihen“, um sich mit ihm zu paaren.
Dabei wäre das eine gute Gelegenheit gewesen, andere Gesellschaftsformen zu erforschen, auch als Gegenpart zu den Moclan. Stattdessen legt man Bortus einen lächerlichen Spruch über eine „closed-minded society“ in den Mund, und das war’s dann auch mit der kritischen Auseinandersetzung. Die Jinisi sind ja bestimmt nicht blöd, die werden schon ihre Gründe haben, aber nach denen wird gar nicht erst gefragt, wodurch sie am Ende tatsächlich rückständig wirken. (An dem Konzept ist anno dazumal auch schon „Star Trek: Deep Space Nine“ gescheitert.)
From unknown Notes
• Der Titel stammt aus einem Gedicht namens „The Witnesses“ von Henry Wadsworth Longfellow, in dem es um Sklaverei geht. Der genaue Wortlaut ist „These are the woes of Slaves; They glare from the abyss; They cry, from unknown graves, We are the Witnesses!“
• Am schlimmsten bei den Flashbacks fand ich eigentlich die Kinder, die Timmis grundlos quälen. Man kann ihnen nicht mal einen Vorwurf machen, weil ihnen ihre Eltern dieses Verhalten vorleben.
• Ich weiß nicht, ob man LaMarrs ständige Verletzungen vom angeblichen „Workout“ wirklich zum Running Gag hätte machen sollen. Eigentlich war das ja eine furchtbar traurige Geschichte, die auch kein Happyend kriegt.
4 von 5 gefühlsduseligen Bananen.