ZSSD | Review: Die Mass Effect Trilogie

„We are legion. The time of our return is coming. Our numbers will darken the sky of every world. You cannot escape your doom.“

Mass Effect, Bioware, 2007
Mass Effect 2, Bioware, 2010
Mass Effect 3, Bioware, 2012

Spoiler!

Worum geht es?

Die Mass Effect-Trilogie spielt in einer Zukunft, in der Reisen durch die Galaxie mit Hilfe von Massenportalen möglich sind. Diese riesigen Gebilde im All, in etwa so geformt wie eine gewaltige Kanone, erschaffen ein Masseneffektfeld, das ankommende Raumschiffe ergreift und durch eine Raumkrümmung an eine zuvor festgelegte Stelle im Universum schießt. Die Portale wurden erbaut von den Protheanern, einer hyperentwickelten Spezies, die vor Tausenden von Jahren plötzlich und ohne ersichtlichen Grund ausstarb und nur wenige Ruinen, Artefakte und eben die Massenportale zurückließ. Die Menschheit machte sich diese zunutze und entdeckte bald, dass sie nicht die einzige Spezies im All war. 35 Jahre später, nach Erstkontakten und ersten Kriegen mit den neuentdeckten Wesen, hat sich eine Art Balance entwickelt. Alle Rassen kommen mehr oder weniger gut miteinander aus, und im Zentrum dieser oft etwas widerwillig akzeptierten Allianz steht eine ebenfalls im All zurückgelassene Raumstation, die Citadel, die nun als politisches Zentrum der Galaxie gilt. In ihr herrscht ein Triumvirat aus den drei einflussreichsten Spezies – die Menschen hingegen haben noch kein Mitglied entsenden dürfen. Sie sind noch Neuankömmlinge, die argwöhnisch beobachtet werden.
Commander Shepard – nach der Entscheidung des Spielers ein Mann oder eine Frau mit einer Vorgeschichte, für die man zwischen Heldentum, Neutralität bis hin zu rücksichtsloser Neigung zu Brutalität wählen kann – wird auf die Citadel gerufen, als im All eine neue Spezies auftaucht. Diese zeigt sich als gewaltige Raumschiffe mit zerstörerischer Feuerkraft, und es wird bald klar, welche Pläne sie für die technologisch fortschrittlichsten Wesen in der Galaxie hat.
Und das ist nichts weniger als die totale Zerstörung.
Es ist Shepard, der/die nach und nach herausfindet, dass diese „Reaper“ einen durchaus passenden Namen tragen. Sie haben die Protheaner Jahrtausende zuvor ausgerottet und ihre Artefakte zurückgelassen, damit andere Spezies sie finden und sich damit technologisch weiterentwickeln konnten. In Zyklen von abertausend Jahren kehren die Reaper nun zurück, um die Früchte ihrer Arbeit zu ernten und alles höherentwickelte Leben auszurotten. Bevor dann ein neuer Zykus beginnt, und eine neue „Saat“ ausgebracht wird, die wachsen und gedeihen kann.
Shepard, zusammen mit allen anderen Wesen im Universum, hat verständlicherweise andere Pläne.

Wie ist es?

In allen drei Teilen geht es darum, Allianzen zu schmieden. Zuerst muss Shepard die Welt von der Reaper-Theorie überzeugen, bis diese selbst in Erscheinung treten und es fortan nur darum geht, das Überleben aller zu sichern. Shepard wird dabei begleitet von einer Crew aus unterschiedlichen Spezies. Da sind zum einen die Asari, die Telekinese und Gedankenverschmelzung beherrschen und nur ein einziges Geschlecht haben. Ihre biologische Diversität erhalten sie durch Paarung mit anderen Spezies. Turianer sind militärische Strategen, die Experten in Waffenentwicklung sind und teilweise recht skrupellose Absichten verfolgen. Kroganer sind die brutalsten Kämpfer im All, dafür weder wissenschaftlich noch taktisch besonders versiert. Ihre Strategie ist der frontale Angriff. Ihr komplettes Gegenteil, die Salarianer, sind sanftmütige und brillante Wissenschaftler, die für ein Experiment allerdings auch gern einmal jegliche moralischen Grundsätze vergessen. Und dann gibt es noch die Quarianer, die auf einer Raumschiff-Flottille leben müssen, seit sich ihre Maschinenarbeiter gegen die an Sklaverei grenzenden Lebensbedingungen auflehnten, den Krieg mit ihnen gewannen und sie von ihrer Heimatwelt vertrieben. Mit einem sehr reduzierten Immunsystem sind die Quarianer auf ihre ständig getragenen Raumanzüge angewiesen, und man sieht ihre Gesichtszüge durch den blickdichten Helm nie.
Zusätzlich zu den diversen Rassen gibt es ein ganzes Universum zu erkunden, auch wenn man den Spielen da ihr Alter anmerkt. Die Planeten sind, bis auf diejenigen der Hauptmissionen, recht eintönig und repetitiv gestaltet. Da muss man dann durch, denn es gilt, Erfahrungspunkte zu sammeln, um die eigenen Fähigkeiten hochzustufen für den unausweichlichen Endkampf.
Das Besondere, erzählerisch gesehen, ist jedoch die Geschichte einer zusammengewürfelten Crew, die sich gegen einen übermächtigen Feind verbündet. Dabei werden aus Zweckgemeinschaften Allianzen, dann Freundschaften, am Ende in einigen Fällen sogar Liebe. Dann wird man in der Nacht vor der Entscheidungsschlacht mit einer Bettszene belohnt, die heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken würde, bei Release aber für einiges Aufsehen sorgte. Denn als menschliche Hauptfigur kann man auch Romanzen mit der Asari oder dem Turianer eingehen – oder sogar eine homosexuelle Beziehung anstreben. (Für einige Moralapostel war das damals noch schwerer zu ertragen als gemischtrassige Liebe.)
Mass Effect bietet in allen drei Teilen eine anrührende Geschichte über Beziehungen, Vertrauen und einen gemeinsamen Gegner, der einem alles abverlangt. Teammitglieder werden sterben, egal, wie gut man selbst kämpft. Manche gehen sehenden Auges in den Tod, andere wenden sich von einem ab. Man muss Entscheidungen treffen, die Leben fordern, und am Ende selbst den ultimativen Preis zu zahlen bereit sein. Das macht Mass Effect so besonders, wobei eine grandiose Geschichte um das Ende aller Welten und einen gottähnlichen Gegner natürlich auch nicht schadet.

Was kommt danach?

Der Mass Effect-Trilogie folgte 2017 Mass Effect Andromeda. In dem leider etwas gefloppten Sequel unternehmen mehrere Schiffe mit unzähligen Kolonisten noch vor Auftauchen der Reaper eine Reise in die weit entfernte Andromeda-Galaxie, um nach neuen Lebensräumen für die Milchstraßen-Bewohner zu suchen. Man umging damit die verschiedenen Enden, die man für die Trilogie wählen konnte, da die neuen Helden schlicht und einfach nicht mitbekamen, wie sich Shepard entschied. Mir hat auch Andromeda gefallen, der Ton des Spiels ist sorgloser und jugendlicher, und es fehlt das Endzeitfeeling völlig. Viele Spieler vermissten damit allerdings das liebgewonnene Mass Effect-Flair.
Ein weiteres Spiel, derzeit noch Mass Effect 5 genannt, soll inzwischen auch in der Mache sein, noch ist jedoch nichts weiter darüber bekannt. Doch es scheint sicher, dass es mit dem Franchise weitergehen soll. Ob in Andromeda oder der Milchstraße, ob vor oder nach der Trilogie, mit bekannten oder ganz neuen Figuren – noch ist alles offen. Es bleibt also spannend.