„Tonight, we celebrate! Let us feast! Music! Revelry! For this day, the Skeksis conquered death!“
„The Dark Crystal“ war einer der prägenden Filme meiner Kindheit. Ähnlich wie „Die Unendliche Geschichte“ stillte er meinen Hunger nach fantastischen Geschichten, schlug dabei aber eine gänzlich andere, wesentlich dunklere Richtung ein. Mit „The Dark Crystal: Age of Resistance“ hat Netflix Jim Hensons Meisterwerk nun in Gestalt einer Prequel-Serie wiederbelebt – und dabei völlig unerwartet einem ganzen Genre seine Magie zurückgegeben.
Ein ungewöhnlich düsterer Kinderfilm
Der 1982 von Jim Henson und Frank Oz produzierte Film „The Dark Crystal“ war seinerzeit der erste abendfüllende Spielfilm, in dem ausschließlich Puppen zum Einsatz kamen. Und obwohl die Handlung im Rückblick betrachtet recht einfältig ist, beeindruckt der Film noch heute durch seine detaillierte Mythologie und die liebevolle Gestaltung der Welt Thra. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Gelfling Jen (einer der frühen Vertreter des Tropus vom „Auserwählten“), der die Aufgabe erhält, die Schreckensherrschaft der Skeksis zu beenden, indem er einen vor tausend Jahren verlorenen Splitter zum Dunklen Kristall zurückbringt.
Was „The Dark Crystal“ deutlich von anderen fantastischen Kinderfilmen unterschied, war seine düstere, teils wirklich gruselige Grundstimmung. Wo andere Filme darum bemüht waren, Kindern eine heile Welt zu zeigen, legte es Jim Henson explizit darauf an, dass die Kinder sich vor den Skeksis fürchten. Es gehört zum Erwachsenwerden dazu, dass wir uns unseren Ängsten stellen und Strategien erlernen, um sie zu überwinden. Bücher und Filme sind dafür das perfekte Medium.
Deet: „What is the Darkening?“
Sanctuary Tree: „An infectious contamination within the Crystal of Truth and within Thra. For they are one and the same. For a thousand trine, we, the Great Trees, have kept it contained beneath the ground. But we are losing our battle. Even now, it spreads to the world above. You must warn the Gelfling, rally them to our cause. The Darkening corrupts everything it touches. All Thra is at risk.“
Wie passt die Serie in die bestehende Geschichte?
Die Erwartungen bei „The Dark Crystal: Age of Resistance“ waren hoch, denn alle, die mit dem Originalfilm aufgewachsen sind, verbinden damit ihre ganz eigenen Erinnerungen. Und spätestens seit den „Star Wars“-Prequels wissen wir auch, wie schwer es Geschichten haben, die vor bekannten Ereignissen spielen. Der Ausgang ist bereits bekannt, Überraschungen kann es eigentlich keine mehr geben.
„The Dark Crystal: Age of Resistance“ jedoch hat einen großen Vorteil: Der Film konnte damals nur einen kleinen Ausschnitt aus einem viel reicheren Universum zeigen. Tatsächlich profitiert die Geschichte extrem stark davon, dass sie nun in Serienform gezeigt wird und den nötigen Raum erhält, um sowohl einen ausgeklügelten Plot zu erzählen als auch die Welt von Thra auszuschmücken.
Die Handlung der Serie setzt dabei viele Jahre vor dem Film ein und zeigt uns eine Gesellschaft, in der die Gelflings in den vogelähnlichen Skeksis noch ihre Lords und Beschützer sehen. In Wirklichkeit aber sind die längst bis ins Mark verdorben und klammern sich erbittert an ihre Unsterblichkeit. Der Scientist findet bei seinen Forschungen eine Möglichkeit, die Lebenskraft (die „essence“) aus Gelflings zu gewinnen, um damit das Leben der Skeksis zu verlängern. Das aber lässt sich nicht lange geheim halten, und so formiert sich nach und nach Widerstand in den sieben Gelfling-Clans.
Starke Charaktere in einer komplexen Handlung
Nicht nur der Plot ist durch die Übertragung ins Serienformat spürbar komplexer geworden, am meisten gewinnen dadurch die Figuren. War Jen damals noch ein generischer Held ohne eigene Persönlichkeit, ist die Gruppe der Widerstandskämpfer in „The Dark Crystal: Age of Resistance“ deutlich heterogener.
Erfreulicherweise ist man dabei nicht dem aktuellen Trend erlegen, ausschließlich Frauen zu Heldenfiguren zu machen, sondern konzentriert sich lieber auf die unterschiedlichen Stärken der Figuren. So gibt es neben der wissbegierigen Prinzessin Brea eben auch die naturverbundene Deet, den kämpferischen Rian und nicht zuletzt den ebenso mutigen wie tolpatschigen Podling Hup.
Obwohl „The Dark Crystal: Age of Resistance“ explizit als Familienserie vermarktet wird, hat man die dunkle Atmosphäre und die Verrücktheit des Originals bewusst beibehalten und sogar noch um einige Horrorelemente ergänzt. So manchem über-fürsorglichen Elternteil wird das sicherlich übel aufstoßen, am Ende aber können Kinder mit solchen Geschichten oft besser umgehen, als wir ihnen zugestehen wollen. Auch Grimms Märchen sind schließlich alles andere als friedfertig.
„Skeksis reign a thousand trine and will reign a thousand thousand more, until last star in sky goes dark. Gelfling will submit, head bowed, back bent as have always done. Gelfling want to be ruled. Gelfling need to be ruled. Because Gelfling are weak! Gelfling are small! And Skeksis are forever! We took the Crystal! Thra belongs to us, now! And is nothing … nothing Gelfling can do!“
Die Rückkehr der Kinomagie
Während sich die Geschichte langsam entfaltet, passiert irgendwann gegen Mitte der Staffel aber noch etwas ganz anderes. Als jemand, der schon sein ganzes Leben lang ein Fan von allem Fantastischen ist (sei es nun Science-Fiction oder pure Fantasy), habe ich, ohne es wirklich zu merken, in den letzten Jahren etwas Wichtiges in dem Genre vermisst: die Magie.
Jene nur schwer in Worte zu fassende Sache, die mir damals mit zwölf die Kehle zuschnürte und Herzflattern bescherte, als Luke Skywalker zum ersten Mal das Lichtschwert seines Vaters aktivierte. Es ist dieses Gefühl von etwas Größerem als man selbst. Die Erkenntnis, dass neunzig Minuten das ganze Leben verändert haben. All die Actionspektakel mit Raumschlachten, Superhelden und dem gerade so verhinderten Ende der Welt machen zwar Spaß, doch wenn ich aus dem Kino komme, ist alles noch genauso wie vorher.
Eine Herzensangelegenheit
Großen Anteil daran hat zweifellos die Produktionsweise der Serie. Obwohl die Versuchung groß war, sich modernerer Methoden zu bedienen, blieb man am Ende den Puppen treu. Die Technik ist sichtlich gereift und wird heute ganz selbstverständlich von CGI unterstützt, doch all das trägt letztendlich zur haptischen Erfahrung bei. Beim Schauen hat man das Gefühl, dass Thra wirklich existiert, mit all seinen geheimnisvoll schönen Pflanzen und der seltsamen Tierwelt.
Auch deswegen ist „The Dark Crystal: Age of Resistance“ eine Ausnahmeerscheinung in der schnelllebigen Serienwelt, zu der Netflix in nicht unerheblichem Maße beigetragen hat. Klar steht für die Produktionsfirmen der Gewinn immer an erster Stelle. Trotzdem ist es schön zu sehen, dass zwischen vielen Schnellschüssen immer noch gelegentlich so ein Kleinod entsteht, dem anzumerken ist, dass alle Beteiligten mit Herz und Seele dabei waren.
Auch wenn ich die Puppen einfach gruselig finde, die Sehnsucht nach wirklich großen und berührenden Momenten der Filmindustrie kann ich gut nachvollziehen. Ich glaube, den letzten wirklich intensiven Gänsehautmoment hatte ich bei Drachenzähmen Leicht Gemacht, das war schon echte Poesie,wie aus einem Kontaktversuch mit Stock im Sand nach und nach ein Tanz wurde.
Davon sollte es mehr geben, gerade in Marvel-Hau drauf-Fließbandfilmzeiten.
Das Problem ist heute, glaube ich, dass immer mehr immer schneller produziert wird. Was damit erreicht werden soll, ist mir nicht ganz klar, am Ende ist alles irgendwie Einheitsbrei. Ich hab letztens mal wieder „Lost in Translation“ geschaut, lange Zeit mein absoluter Lieblingsfilm, und dessen Ruhe und Andersartigkeit finde ich auch nach Jahren noch wundervoll. Andere Filme hingegen brauche ich nie wieder zu gucken und weiß das auch.