The Handmaid’s Tale | Offred (1×01)

„My name is June.“


In der Verfilmung des dystopischen Romans von Margaret Atwood erleben wir aus der Sicht der Magd Offred, wie Frauen zu Gebärmaschinen degradiert werden. Spoiler!

This will become ordinary

In einer gar nicht so fernen Zukunft haben in Amerika religiöse Fundamentalisten die Macht übernommen. Frauen werden als Menschen zweiter Klasse betrachtet und müssen sich den Männern komplett unterordnen. Offred, eine der wenigen Frauen, die noch fruchtbar sind, ist eine sogenannte Magd und wird von Haushalt zu Haushalt weitergereicht, um hochstehenden Männern und deren Frauen Kinder zu gebären. Während dieses Leben bereits Normalität zu werden beginnt, klammert sich Offred an die Erinnerungen an ein Leben mit ihrem Ehemann und der gemeinsamen Tochter, die ihr weggenommen wurde.

Eine denkbare Zukunft

Direkt von der Lektüre der Buchvorlage von Margaret Atwood kommend, war ich ehrlich gesagt erstaunt, welch tiefen Eindruck bereits diese erste Folge auf mich gemacht hat. Es ist keine Eins-zu-Eins-Verfilmung, vielmehr wurde alles ganz subtil unseren heutigen Verhältnissen angepasst, was wohl auch der Grund ist, wieso die Geschichte plötzlich so viel näher und unmittelbarer erscheint. Es ist vor allem eine Geschichte, die heute relevanter ist denn je, denn sie entwirft ein Szenario, das nicht undenkbar ist.

Eine Frau und zwei Leben

Anders als das Buch, das ein großes Geheimnis um den wahren Namen Offreds macht, um ihre Entfremdung von sich selbst zu demonstrieren, erfahren wir ihn in der Serie bereits in der ersten Folge: June. Aber es ist nicht mehr als ein Hauch von Selbstbestimmung, der ihr von ihrem einst freien Leben geblieben ist. Die Gegenüberstellung dieser zwei so unterschiedlichen Existenzen kommt in der Serie wesentlich stärker zum Tragen als im Roman, vom Weg dazwischen erhalten wir aber zunächst nur einen kleinen Eindruck.

„Girls? I know this must feel so strange, but ordinary is just what you’re used to. This may not be ordinary to you now, but after a time it will. This will become ordinary.“

Diese Frauen haben ihre eigene Stärke vergessen

Die bei weitem eindrücklichste Szene spielt sich bei der Hinrichtung des Vergewaltigers ab. Während dieser Moment im Buch sehr viel später geschildert wird und dort auch eine ganz andere Bedeutung hat, dient er hier dazu, die gebrochenen Seelen dieser Frauen zu offenbaren. Ihnen ist nichts als ihr Hass geblieben, und ein Spektakel wie dieses sorgt dafür, dass sie ihn nicht gegen ihre eigentlichen Unterdrücker richten. Es spielt gar keine Rolle, ob der Mann die Tat, derer er beschuldigt wird, überhaupt begangen hat, er ist nichts weiter als ein Sündenbock. Die Gewalt, mit der die Frauen gegen ihn vorgehen, steht dabei im krassen Gegensatz zu ihrem sonst so verhuschten Auftreten, und das ist das eigentlich Erschreckende daran. Die Frauen sind sich ihrer Stärke nicht mehr bewusst.

Misstrauen als ständiger Begleiter

Gleichzeitig erleben wir, wie sich die Beziehungen der Frauen untereinander verändern. Da jeder ein potenzieller Spion ist, ist es klüger, niemandem zu trauen – auch das natürlich eine kluge Taktik der Machthaber, um jede Rebellion bereits im Keim zu ersticken. Der erschrockene Blick jener Magd, die in einem unbedachten Nebensatz unter vermeintlich Gleichen verrät, dass sie liest, ist bezeichnend. Dass June und Ofglen am Ende dennoch Freundschaft schließen, ist ein Vertrauensvorschuss, der beide das Leben kosten könnte. Und das Machtgefälle zwischen den verschiedenen Gruppen von Frauen ist sogar noch ausgeprägter, das zeigt sich, als June beobachtet, wie Serena von den Männern aus ihrem Gespräch ausgeschlossen wird und ihre wenige verbliebene Macht sogleich ausnutzt, um June herumzukommandieren.

Blessed be the fruit

• Die Folge eröffnet mit der Flucht von June, ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter, was im Buch erst später aufgearbeitet wird.
• Bemerkenswert ist der bedächtige Tonfall der Serie, die die Tatenlosigkeit, zu der die Frauen verdammt sind, nachfühlbar macht.
• Der Kommandant und Serena sind jünger als in der Buchvorlage, das macht die Tatsache, dass sie keine Kinder kriegen können, fast noch bedrückender.
• Das Abgeschnittensein von Informationen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. June vermutet lediglich, dass ihr Mann tot ist, weiß es aber nicht. Und dass Moira tot ist, ist letzten Endes auch nicht mehr als ein Gerücht, das Janine verbreitet.

5 von 5 Bananen, die vielleicht Spione sind.

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