Hap benutzt Homer, um eine weitere Kandidatin für seine Experimente zu entführen, während er Scott opfert, um ein Exempel zu statuieren. Spoiler!
Dr. Hunter Hap versucht, die Musikerin Renata seiner exklusiven Sammlung hinzuzufügen, und benutzt dafür sogar Homer, der nach Jahren der Gefangenschaft nicht anders kann, als diesen kurzen Moment der Freiheit zu genießen. Als warnendes Beispiel, weil sie Hap nicht sagen wollen, was es mit den seltsamen Bewegungen auf sich hat, die Prairie und Homer ständig ausführen, holt er Scott bei vollem Bewusstsein zu seinen Experimenten und tötet ihn dabei endgültig. Doch er hat die Macht von Prairie und Homer unterschätzt.
Sollte ich auch anfangen, Prairie OA zu nennen? Mir ist in dieser Folge ganz speziell aufgefallen, dass praktisch niemand sie mehr Prairie nennt, weder in der Flashback-Geschichte noch in der Gegenwart. Obwohl es mir schwerfällt, den Übergang nachzuvollziehen, weil wir eigentlich nur wissen, dass ihr wahrer Name so ähnlich klingt, wäre es wohl angemessen, wenn man die Veränderung zugrundelegt, die wir in den letzten Folgen beobachten konnten.
Der Plot um Renata nimmt in „Paradise“ den größeren Raum ein, dennoch möchte ich gerne mit Scott beginnen. Er war innerhalb der Gruppe der Schwächste, aber auch der größte Zweifler. Indem Hap seine Schwäche ausnutzt, macht er ihn am Ende ungewollt stärker. Dennoch war es schwer mitanzusehen, wie Scott darum bettelt, verschont zu bleiben, und in seiner Verzweiflung schließlich alles verrät, was er über OA und Homer weiß. Hap ist und bleibt ein undurchschaubarer Charakter, er setzt das Experiment nichtsdestotrotz fort, doch Scotts Tod scheint in diesem Fall tatsächlich ein Unfall gewesen zu sein, den er am Ende dazu nutzen will, den anderen ein schlechtes Gewissen zu machen.
Was genau vorgeht, ist schwerer denn je zu sagen, und es ist eine der Besonderheiten von „The OA“, dass die Geschichte zwar in die höheren Sphären der Fantasy vorstößt, dabei aber ungewöhnlich ernsthaft und … ja, realistisch bleibt. Bewegung als ultimative Freiheit, das ist fast schon eine Metapher, es ist aber auch ein kraftvolles Bild, wie die Szene zeigt, als OA und Homer stundenlang ihren Tanz aufführen und dabei regelrecht in Trance verfallen, bis sie damit schließlich Scott ins Leben zurückholen. Mehr noch, indem Scott sich an seine Erlebnisse nach dem Tod erinnert, kommt er diesmal gestärkt aus dieser Erfahrung und bringt die dritte der fünf Bewegungen mit, die sie benötigen, um einen Tunnel in eine andere Dimension zu öffnen.
Diese Symmetrie spielt in dem Zusammenhang eine wichtige Rolle, denn es gibt nicht nur fünf Bewegungen, sie benötigen dafür auch fünf Menschen. Selbst indem sich Homer von Hap dazu hat benutzen lassen, Renata zu entführen, hat Hap ihnen dadurch unwissentlich das finale Puzzleteil für ihre Waffe gegeben. Ich bin gespannt, wie er auf die erste Machtdemonstration der Gruppe reagiert, ihm muss doch so langsam aufgehen, dass er mit Kräften spielt, die jenseits seiner Vorstellung liegen – und denen er über kurz oder lang nicht mehr Herr werden kann.
Über Renata erfahren wir diesmal noch nicht viel, doch anders als OA lässt sie sich von den Versprechungen Haps nicht blenden und schlägt sein Angebot, an seinen dubiosen Experimenten teilzunehmen, aus. Dass es funktionieren würde, Homer derart zu instrumentalisieren, habe ich nicht erwartet, doch selbst hier zeigt sich, wie rational Hap handelt, denn er baut geradezu ein unsichtbares Gefängnis um Homer.
Ich muss gestehen, die Geschehnisse in der Gegenwart interessieren mich immer weniger, je weiter die Story voranschreitet. Es ist auch schwer zu sagen, was davon relevant ist und was lediglich dazu dient, die Charaktere mit Leben zu füllen. Dass die Gruppe aber nicht zufällig gewählt ist, erfahren wir, als OA ihnen eröffnet, warum sie ihnen all das erzählt. Sie möchte ihnen die fünf Bewegungen beibringen, um einen Tunnel zu öffnen, durch den sie in eine andere Dimension gelangt. Dieselbe Dimension, in der offenbar ihre vier Mitgefangenen sind, was sich mit dem deckt, was sie dem FBI-Typen sagt, nämlich dass sie „off the board“ wären. Wurde damit vorweggenommen, dass den fünf die Flucht gelingen wird?
„We’re gonna change the world.“ Was ist das zwischen OA und Homer? Ist es wirklich nur sexuelle Frustration, wie man uns weismachen will, als er mit Renata schläft, oder steckt mehr dahinter? Ich fand auch, dass es großartig inszeniert war, wie bedrohlich die plötzliche Freiheit auf Homer wirkt. Und während Hap vom Klang der Musik fasziniert ist, achtet Homer bei Renata ausschließlich auf die Bewegungen ihrer Hände (die Musik wird sogar sehr effektiv ausgeblendet).
4 ½ von 5 tanzenden Bananen.