Endlich an Bord der „Byzantium“, begegnet der Doctor dem Riss wieder, den er erstmals in Amys Kinderzimmer gesehen hat. Derweil beginnt Amy, rückwärts zu zählen, ohne dass sie weiß, wieso. 3, 2, 1 … Spoiler!
Der Gruppe gelingt es, an Bord der „Byzantium“ zu gelangen, doch die Weeping Angels sind ihnen dicht auf den Fersen und verfolgen sie bis zur Kommandozentrale, wo der Doctor den Riss von Amys Zimmerwand wiedersieht. Zu allem Überfluss ist es einem der Weeping Angels gelungen, in Amys Geist einzudringen, was sie zunehmend schwächt. Sie schaffen es in den Wald an Bord, der das Schiff mit Sauerstoff versorgt, die Weeping Angels aber trachten ihnen längst nicht mehr nach dem Leben, sondern verlangen vom Doctor, sich zu opfern, um so den Riss zu schließen.
Es ist nicht alles so, wie es scheint bei „Doctor Who“. Ich glaube, es war tatsächlich diese Folge, die mich damals nicht nur davon überzeugte, dass Steven Moffat die einzig richtige Wahl für diesen Job war, sondern auch, dass ich die letzten fünf Jahre irgendetwas, aber sicher keine Serie über einen Zeitreisenden gesehen hatte. Warum das so ist, werde ich gleich noch erläutern, es bleibt festzuhalten, dass „Flesh and Stone“ sogar noch etwas besser ist als „The Time of Angels“, weil der Spannungsbogen kontinuierlich aufgebaut wird und die Ästhetik einfach herausragend gut gelungen ist.
Doch sprechen wir über den sprichwörtlichen Elefanten im Raum. Es wurde recht früh deutlich gemacht, dass der immer wieder auftauchende Riss zur großen Rahmenhandlung der Staffel gehört, dennoch kommt es sehr überraschend, dass nun bereits in der fünften Folge so viele Informationen preisgegeben werden. Es handelt sich also um einen Riss in der Zeit selbst, der durch eine Explosion ausgelöst wird – wann und wo, sei noch zu ermitteln. Die temporale Energie des Doctors, so erfahren wir, könnte ausreichen, um ihn zu schließen, doch verständlicherweise ist der nicht gerade erpicht darauf, sich zu opfern (obwohl er es tun würde, auch das wird hier klar).
Die Schlüsselszene der Folge ist indes eine, die durch ihre ruhige Art aus dem Plot heraussticht. Kurz nachdem der Doctor, River und Father Octavius Amy in der Obhut der anderen Soldaten gelassen haben, um die Kontrolle über das Schiff zurückzuerlangen, kehrt der Doctor zurück und erklärt ihr, dass sie sich daran erinnern muss, was er ihr gesagt hat, als sie sieben Jahre alt war. Sein ruhiges und ernsthaftes Verhalten widerspricht völlig der aufgedrehten Art, mit der er sie zuvor noch behandelt hat, doch es ist vor allem die Tatsache, dass er plötzlich wieder ein Jackett trägt, nachdem er es eben erst an die Weeping Angels verloren hat, die uns stutzig machen sollte. Diese Diskrepanz ist viel zu offensichtlich, um ein Produktionsfehler zu sein, und das lässt angesichts der bekannten Liebe Moffats zu nicht chronologisch erzählten Geschichten nur einen Schluss zu: Dieser Doctor kam aus der Zukunft. Einer Zukunft, in der er der Natur des Risses schon auf der Spur ist und nun versucht, ihn zu kitten. Was das mit dem zu tun hat, was er Amy als Kind gesagt hat, wissen wir bislang nicht, doch es wirft ein gänzlich anderes Licht auf jene Szene in der ersten Folge, als der Doctor seinen Fehler vermeintlich wiedergutmacht und tatsächlich noch in der Nacht ihrer ersten Begegnung zu ihr zurückkehrt.
Die Art und Weise, wie sich Amys Zustand verändert, war ebenfalls wundervoll erzählt, denn der Countdown wird anfangs noch sehr subtil in ihre Dialoge eingestreut. Späterhin geht diese Raffinesse leider verloren, als sie mit geschlossenen Augen durch den Wald laufen soll, mitten durch die Weeping Angels. Der Doctor sagt ihr über das Komgerät, dass sie einfach so tun soll, als sähe sie, dann würden es die Weeping Angels in ihrer Verwirrung schon glauben. Das allein ist schon absoluter Humbug, wird aber umso unglaubwürdiger, wenn man sich bewusst macht, dass sie das Gespräch zwischen ihr und dem Doctor mitanhören können. Das macht die Spannung der Szene dann mehr oder weniger zunichte.
„Amy, I am nine hundred and seven years old, do you know what that means?“ – „It’s been a while?“ Am Ende der Folge reisen der Doctor und Amy wieder in ihre Zeit, wo sie ihm von ihrer bevorstehenden Hochzeit erzählt, bevor sie sich auch schon auf ihn stürzt. Ich muss gestehen, beim ersten Sehen hat mich das total aus dem Konzept gebracht, zumal ich dachte, wir hätten das endlich überwunden, dass sich die Companions immer in den Doctor verlieben. Und das haben wir auch, denn Amy macht sehr deutlich, dass sie an nichts Längerfristigem interessiert ist, sondern nach den vielen Abenteuern, die sie mit dem Doctor erlebt hat, eben noch ein anderes Abenteuer hinzufügen möchte. Das ist erfrischend anders, und um ehrlich zu sein, es ist herzig mitanzusehen, wie hilflos der Doctor auf ihre Avancen reagiert.
Flesh and Notes. Was für eine haarscharfe Analyse: „Oh, that’s bad. That’s extremely not very good.“ Die Idee, dass der Countdown keinerlei Zweck dient und Amy nur Angst machen soll, was die Weeping Angels wiederum amüsiert, war wirklich fies. „There’s a plan?“ – „I don’t know yet. I haven’t finished talking.“ Der Doctor erfährt, dass River im Gefängnis war und mit dieser Mission eine Begnadigung zu erlangen hofft. Angeblich hat sie einen guten Mann getötet, laut River sogar den allerbesten. Lässt das nicht eigentlich nur einen Schluss zu? Wir sehen sie jedenfalls wieder „when the Pandorica opens“, und das sagt mir mit Blick auf die Folgentitel im Staffelfinale. Das zufällig am selben Tag lief, an dem laut „base code of the universe“ die Explosion stattfindet: am 26.06.2010, Amys Hochzeitstag.
5 von 5 rückwärts zählenden Bananen.