Es ist ein bisschen wie bei einem Autounfall. Man will eigentlich nicht hingucken, kann aber einfach nicht den Blick davon lösen. „Helix“ startete im vergangenen Jahr als vielversprechende Mischung aus Medical Drama und Zombie-Horror, verstrickte sich allerdings schon bald in zahllosen Handlungssträngen. Die zweite Staffel hat nicht minder konfus begonnen – und doch, wir können alle nicht anders als weiterzuschauen.
Das erste Mal hörte ich von „Helix“ vor etwa anderthalb Jahren, als auf der Comic Con ein erster Teaser gezeigt wurde. Zwei Dinge machten mich neugierig: Zum einen das sterile Setting, zum anderen der Name Ronald D. Moore, der für mich untrennbar mit der grandiosen Serie „Battlestar Galactica“ verknüpft ist. Als „Helix“ dann ein knappes halbes Jahr später startete, war ich von der ersten Minute an begeistert. Die Idee, den klassischen Zombie-Plot einmal nicht apokalyptisch, sondern wissenschaftlich anzugehen, gefiel mir auf Anhieb und schien eine Menge Potenzial zu haben, vor allem aber bewahrheitete sich der erste Eindruck aus dem Teaser, dass die kalte Umgebung der Arktis einen ganz besonderen Reiz ausüben würde. Dazu kamen interessante Charaktere, gezielt gesetzte Horrormomente und nicht zuletzt ein geradezu makabrer Sinn für Humor, der sich oftmals in grausigen Szenen zeigte, die mit Fahrstuhlmusik unterlegt waren.
Doch so heftig die Liebe entbrannte, es zeigte sich allzu schnell, dass die Autoren offenbar nicht den geringsten Plan hatten, wohin sie mit der Serie wollten. Im Laufe der ersten Staffel wurden immer mehr und mehr Baustellen aufgebrochen, bis man als Zuschauer irgendwann nicht einmal mehr wusste, was nun überhaupt wichtig ist oder einfach nur des Schauwerts wegen gezeigt wurde. Bilder wie die im ewigen Eis eingefrorene Horde fliehender Affen oder die in Tanks aufbewahrten Köpfe von Wissenschaftlern haben sich in mein Hirn eingebrannt, doch ihren Sinn verstehe ich bis heute nicht. Das Handeln der Protagonisten wurde zunehmend irrational, der Krankheitsverlauf völlig chaotisch und im Finale endete alles mit einem Knall, der zwar nichts erklärte, aber gleich mal noch ein Dutzend Plots anriss.
Das Seltsame daran ist, während mich so ein Durcheinander bei anderen Serien zur Verzweiflung gebracht und sicherlich dazu geführt hätte, das Ganze zu vergessen, regte es hier eher meine Fantasie an. Nicht nur fragte ich mich, was die Autoren aus diesem einmal etablierten Universum machen würden, ich fieberte der zweiten Staffel geradezu entgegen. Nun ist sie gestartet und macht mich ratloser denn je. Plötzlich gibt es einen neuen tödlichen Virus, Handlungen auf verschiedenen Zeitebenen, eine unendliche Schwangerschaft und ungefähr eintausend Verschwörungen. Es ist unüberschaubar geworden, wer für wen arbeitet, und wer davon auf der Seite der Guten ist (geschweige denn, ob es so etwas wie die Guten in dieser Serie überhaupt gibt). Das größte Manko und wahrscheinlich ein kapitaler Fehler ist allerdings der Wechsel des Schauplatzes. Das sterile, einsame und irgendwie endlose Gefühl, das sich dadurch einstellte, dass die Wissenschaftler in einer Basis in der Arktis festsaßen, machte für mich den größten Reiz an „Helix“ aus. In der zweiten Staffel sind sie nun auf einer Insel, wo eine mysteriöse Sekte lebt, und das ist mir einfach schon wieder zu viel Input und Ablenkung. (Außerdem, „LOST“, ick hör dir trapsen.)
Doch ich schrieb eingangs, dass wir bei aller Kritik trotzdem weiterschauen, und das ist tatsächlich ein Phänomen, das ich mir bisher nicht erklären kann. Der Normalfall bei so einem Chaos von Serie ist, dass die Leute anfangen zu meckern und schließlich aufhören, sie zu gucken. Bei „Helix“ wird auch viel gemeckert, sogar richtig viel, wenn man sich einmal bei den Reviews und den Leserkommentaren umschaut, aber die einhellige Meinung lautet dennoch: „Gott, ist das schräg, ich bin so gespannt, was nächste Woche passiert!“ Ich schrieb kürzlich selber bei Facebook, dass ich mittlerweile fest davon überzeugt bin, dass die Autoren irgendein total verrücktes Drogen-Experiment machen, obwohl genauso wahrscheinlich ist, dass wir Zuschauer das Experiment sind. Die wollen einfach sehen, wie lange man uns verschaukeln kann. Ich weiß es nicht, aber ich freue mich jede Woche auf die neue Folge und wundere mich durch vierzig Minuten puren Irrsinns.