Sie besaß ein Paar spitz zulaufender Flügel in transparentem Zartgrün mit roséfarbenem Linienmuster, ein puppengleiches Gesicht, das von blonden Löckchen gerahmt wurde, und kleine spitze Ohren. Wie alle Elfen war sie ausgesprochen klein im Vergleich zu Menschen, doch das glich sie durch ihren einnehmenden Charakter mehr als aus, gar nicht zu reden von ihrer leicht rauchigen Stimme und den fiesen Schimpfwörtern, die allenthalben aus ihrem Mund herausfielen.
Letzte Woche schrieb ich an dieser Stelle darüber, wie schwer der Anfang eines Buches zu schreiben ist, und erwähnte in dem Zusammenhang auch das Problem, wann man am besten beschreibt, wie der Protagonist aussieht. Nun, ich habe es noch nicht gelöst. Während ich diese Woche über der ersten Seite gebrütet habe und sie jetzt in einem Zustand ist, den ich fast als perfekt bezeichnen möchte, ist genau das komplett rausgefallen. Die einzigen Hinweise auf Arwels Aussehen sind die Erwähnung der Tatsache, dass sie eine Elfe ist, und eine blonde Locke, die sie um ihren Finger wickelt. Doch ist das genug?
Vor längerer Zeit hatte ich einmal diese im Grunde sehr amüsante Unterhaltung mit einer Freundin, in der sie mir eröffnete, dass sie von Arwel eigentlich gar keine fleischliche Vorstellung hatte, sondern nur eine gezeichnete. Natürlich hängt das damit zusammen, dass ich die allerersten Storys gern mit kleinen Kritzeleien geschmückt habe, aber es könnte auch darauf hindeuten, dass ich trotz aller Beschreibungswut kein echtes Bild der Heldin im Kopf des Lesers erzeugt habe.
Jeder Autor geht anders vor, wenn er seine Figuren plant. Persönlich fände ich es furchtbar spannend, Figuren einmal komplett aus Worten zu bauen, aber leider funktioniert meine Imagination so nicht. Meine Figuren basieren ausnahmslos auf echten Menschen, manchmal Schauspielern (bzw. bestimmten Rollen, die sie gespielt haben), manchmal anonymen Personen, deren Foto ich auf irgendeiner Webseite gefunden habe. Natürlich ist das nicht eins zu eins, da vermischen sich verschiedene Einflüsse oder verändern sich im Laufe des Schreibprozesses, aber letzten Endes kann ich zu jeder Figur, die ich je geschrieben habe, ein reales Vorbild benennen. (Und um einmal mutig zu sein, verrate ich hier, für Arwel ist es Juno Temple. Ja, die Locken.)
Doch es bleibt die Frage, was ich damit anfangen soll. Mich, die ich beim Schreiben ein Bild von Arwel im Kopf habe, stört es freilich nicht, wenn erst auf der vierten Seite eine kleine Beschreibung folgt, aber wie mag es dem frischen Leser damit gehen? Und wie lässt sich das mit der eisernen Regel vereinbaren, ein Buch nicht mit langwierigen Erklärungen, sondern direkt mit Action zu beginnen? Wer möchte Versuchskaninchen für sagen wir die ersten fünf Seiten spielen?
Der Traumdieb
Detektelfe Arwel, Story Nr.1
Seite 1 der Überarbeitung
Arwel gesamt: 190 Seiten