Dieser Hobbit war ein sehr wohlhabender Hobbit, und er hieß Beutlin. Die Beutlins wohnten schon seit unvordenklichen Zeiten in der Gegend um den Bühl und galten als sehr achtbare Leute, nicht nur, weil die meisten von ihnen reich waren, sondern auch, weil sie sich nie auf irgendwelche Abenteuer einließen oder etwas Unerwartetes taten.
Ich war nie ein besonders großer Leser von Fantasy. Als ich aufwuchs, führte mich mein Vater behutsam an Science-Fiction heran, und ich glaube, diese eher wissenschaftlich geprägten Romane haben mir die Welt der Fantasy ein bisschen verleidet. Was nicht heißt, dass ich das Genre komplett ausklammere, als Teenager mochte ich die Bücher von Tamora Pierce unheimlich gerne, ein paar der Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett hab ich auch gelesen, und als noch nicht einmal Gerüchte über eine mögliche Verfilmung kursierten, las ich auch Tolkiens „Herr der Ringe“. Gerade letzteres war eher der Sargnagel dieser Beziehung, denn so sehr ich die Geschichte und all die Wesen auch mochte, die langatmige Erzählweise hat mich damals unheimlich frustriert. Hier und da ein paar Raffungen, und Tolkien wäre gut mit zwei statt drei Büchern hingekommen, wenn ihr mich fragt.
Was also hat mich unter diesen Voraussetzungen nur dazu bewogen, „Der Hobbit“ zu lesen? Ich gebe zu, es war die Verfilmung, aber nicht so, wie ihr jetzt denkt. Weil ich mir keinen drei Stunden langen Film in 3D antun, aber trotzdem auf hohem Niveau mitreden wollte, beschloss ich, stattdessen das Buch zu lesen. Rückblickend muss ich nun allerdings einräumen, dass ich wohl trotzdem in einer schlechten Position bin, denn die Filme müssen ordentlich ausgeschmückt worden sein, wenn man aus so einem schmalen Buch gleich eine ganze Trilogie machen konnte. Eine schlechte Entscheidung war es aber nicht, dazu gleich mehr.
„Der Hobbit“, das ist Bilbo Beutlin, der ein behütetes Leben führt, gerne oft und reichlich isst, und bei seinen Nachbarn einigermaßen angesehen ist. Das ändert sich schlagartig, als der Zauberer Gandalf ihm gleich dreizehn Zwerge auf einmal ins Haus schleppt. Was zunächst vor allem ein logistisches Problem ist, weil ihm die Herren die Speisekammer halb leer futtern, wird zum ausgemachten Desaster, als sich herausstellt, dass Gandalf Bilbo für ein großes Abenteuer ausersehen hat. Der ist ganz und gar nicht begeistert, denn Hobbits sind von Natur aus keine Abenteurer, doch ehe er sich versieht, sitzt er auch schon auf einem Pony (ohne Taschentuch wohlgemerkt!) und befindet sich auf dem Web zum Einsamen Berg, wo der Drache Smaug auf dem Goldschatz der Zwerge hockt. Was folgt, ist im Grunde die klassische Heldenreise, gespickt mit Prüfungen und einer großen Schlacht am Ende.
Was man sich von vornherein bewusst machen muss, ist, dass es sich beim „Hobbit“ um ein Kinderbuch handelt. Während „Herr der Ringe“ ein älteres und gewiss auch gebildeteres Publikum anspricht, ist „Der Hobbit“ ein Buch, das eine Geschichte für Kinder in einer Sprache für Kinder erzählt. Beides zu vergleichen, wäre also ziemlich unfair. Nichtsdestotrotz komme ich nicht umhin zu sagen, dass mir dieser Stil sehr viel besser gefallen hat. Obwohl die Geschichte auch eine gewisse Epik hat, sind die einzelnen Phasen so kurzweilig geschrieben, dass niemals Langeweile aufkommt. Es gibt sogar Stellen, in denen der Erzähler bewusst abkürzt, ungefähr so: Sie legten diese und jene Strecke zurück und das war langweilig. Dadurch wirkt die Geschichte wirklich wie ein Abenteuer, bei dem schon auf der nächsten Seite die nächste Gefahr lauern könnte.
Mein einziger Kritikpunkt betrifft eigentlich die Auflösung des Ganzen. Ich fand es schon ziemlich hart für ein Kinderbuch, dass sich Thorin nach der Rückeroberung des Schatzes als solches Charakterschwein entpuppt, immerhin sollte auch ihm klar gewesen sein, dass er selbst den Drachen nie hätte besiegen können. (Und insgeheim war ich wohl auch traurig, dass es keinen Kampf Zwerge gegen Drache gab, den hätte ich nämlich gerne gelesen.) Dass sich dann aber irgendwie alles in Wohlgefallen auflöst, weil schließlich alle gegen alle kämpfen, das erschien mir dann wiederum etwas zu einfach – sogar für ein Kinderbuch.
„Der Hobbit“ kann man mal gelesen haben. Man kann ihn ruhig auch zwei- oder dreimal gelesen haben, was nur die Wenigsten beim „Herr der Ringe“ bewerkstelligen werden. Es ist eine schöne und spannende Geschichte mit liebenswerten Figuren und einem einfühlsamem Schreibstil, klassische Fantasy und vermutlich für die Ewigkeit. Wer mag mir jetzt erzählen, wie sehr die Verfilmung vom Buch abweicht?
Es ist ja auch nicht deine *Schuld*, es wäre ja nur nett gewesen, da eine Warnung anzubringen, dass du das Ende verrätst (also quasi auch das Ende des übernächsten(!) Films).
Aber ich bin inzwischen schon so überspoilert, weil die wenigsten daran denken, dass sie, wenn sie über das Buch sprechen, damit auch Dinge verraten, die in den Filmen erst noch kommen.
Ist halt der Nachteil, wenn man auch einem Buch drei Filme macht.
Ich bin mir da zwar keiner Schuld bewusst, denn ich habe ja explizit das Buch besprochen und nicht den Film, werde aber nachträglich noch eine Spoilerwarnung setzen.
Wie schade, dass offenbar niemand daran denkt, der den Hobbit gelesen hat, dass es Leute gibt wie z.B. mich, die nur den ersten Film kennen und daher vom Verraten des Buchendes übel gespoilert werden…