Diese Woche versuchen wir’s mal mit Psychologie, und das funktioniert besser als erwartet. Dass trotzdem eine Menge besser hätte gemacht werden können, versteht sich fast von selbst. Man achte auf meine freundliche Spoilerwarnung.
Ein Mörder, der schon mehrere Kinder entführt und getötet hat, schlägt wieder zu. Sein Markenzeichen: Luftballons. Noch besteht Hoffnung, das neue Opfer lebend wiederzufinden, und tatsächlich bringt Holmes die Polizei auch schnell auf die vermeintliche Spur des Täters. Doch statt ihm greifen sie sein allererstes Opfer auf, das all die Jahre bei ihm gelebt hat und ihn inzwischen als Vater betrachtet. Nach langem Zureden führt er sie zur Wohnung des Ballonmörders, wo sie auch das kleine Mädchen lebend vorfinden. Doch irgendetwas ist faul an der Geschichte.
Das war schon viel mehr nach meinem Geschmack, eine spannende Geschichte, bei der das Stockholm-Syndrom einmal andersrum interpretiert wurde. Ich hab die Wendung nicht kommen sehen und fand es lediglich ein wenig schade, dass man nicht einfach mal radikal war und Adam am Ende damit davonkommen ließ, weil er eigentlich ein sehr interessanter und cleverer Charakter war. Und leider, leider hat man auch die Gelegenheit verpasst, etwas tiefer in die Psychologie von Holmes einzusteigen. Dennoch, von den bisherigen drei Folgen die beste.
Ich schätze, das Problem bei einer Krimiserie ist, dass sich die Autoren jede Woche aufs Neue einen spannenden und plausiblen Fall ausdenken müssen, und gleichzeitig die Figuren weiterentwickeln wollen, was bei einem normalen Drama ohne Leichen und zeitraubende Ermittlungsarbeit natürlich viel einfacher geht. Deswegen wirkt in meinen Augen manches etwas holprig und unausgegoren, ganz so, als habe ab und zu mal jemand eine tolle Idee, dann aber nicht genügend Zeit, sie zu verfolgen. Bei dieser Folge hatte ich zum Beispiel permanent das Gefühl, dass an der Fassade von Holmes gekratzt wird, aber nicht besonders kräftig. Er erzählt Adam von seiner eigenen Kindheit, um sein Vertrauen zu gewinnen, als Watson ihn dann aber fragt, ob irgendetwas davon wahr ist, verneint er. Aber war es nun? Ich denke schon, aber richtig klar wird das in der Szene nicht. Genauso sein gesteigertes Interesse daran, bei dem Fall mitzuwirken. Ist es einfach nur die Freude am Rätsel oder echte Sorge um das entführte Mädchen? Das sind genau die Dinge, die ich als Zuschauer wissen möchte.
Über Watson möchte ich mir diese Woche jeden Kommentar ersparen. Erst fordert sie Holmes dazu auf, Jazzgymnastik (!) zu machen, und dann nimmt sie ihm sogar noch die Worte aus dem Mund und bezeichnet sich gleich selbst als „Hohlraum zwischen zwei Ohren“. Vielen Dank, Watson, weitermachen.
Die Ballonnotizen. Holmes denkt nach, indem er redet. Interessanter Charakterzug, ich denke beim Schreiben, kann das also gut nachvollziehen. „Ich hätte schwören können, dass ich irgendwann ein Hemd an hatte.“ Apropos, er sagt an einer Stelle sinngemäß, er lege nicht viel Wert auf sein Aussehen, das ist der schon sehnlichst erwartete Widerspruch zu seinen vielen Tattoos. (Ich las letzthin ein Interview mit Miller, worin er sagte, man habe eine Möglichkeit gefunden, sie in die Geschichte zu integrieren, ich warte also gespannt auf die Erklärung, die alles noch absurder macht.) Waren die Ballons eigentlich irgendwie relevant?
5 von 5 entführten Bananen.
Davon wusste ich noch gar nichts, klingt aber definitiv interessant. Reingucken werd ich also auf jeden Fall, ob's ausreichend Stoff zum Reviewen liefert, muss sich dann zeigen. Aber ich muss gestehen, ich find unsere kleinen Diskussionen auch ganz wundervoll.
Hey, wirst du dir ab dem 18.2. "Grimm" auf VOX angucken – und vielleicht sogar reviewen? Ich finde es sehr nett, nach jeder Folge mit dir darüber klönen zu können, wie es war.
Ich frage, weil David Giuntoli eventuell ein guter Kandidat sein könnte. Eventuell. Ich muss ihn mir mal in bewegten Bilder angucken, um das letztendlich sagen zu können. Bislang schreckt mich sein Clark-Kent-Gedenkscheitel noch ab…
Spontan fallen mir Lee Pace aus "Pushing Daisies" und Alex O'Laughlin aus "Moonlight" ein.
Aber ich gucke Serien ja nicht WEGEN denen, sondern betrachte sie als netten Bonus.
Und oft ist auch die Rolle total wichtig, ich fand zum Beispiel anfangs, dass Arthur Darvill (aus "Doctor Who") eine furchtbar hässliche Nase hat, aber als er dann so der stille Held wurde, fand ich ihn immer attraktiver. Hach, bin ich einfach gestrickt … 😉
Jetzt bin ich neugierig… ;P
Ich meine, ich kenne im Vergleich zu dir vielleicht einen Bruchteil an Serien. Kein Wunder, also, das da kein Beuteschema-Typ für mich dabei war.
(Ich meine, etliche sind ganz knuffig, zB. Merlin aus der BBC Serie…., und wenn Picard nur etwas jünger wäre… 😉 – aber so ein echter(!) Augenschmaus fällt mir jetzt echt nicht ein.)
Oh, okay, echt? Jetzt bin ich peinlich berührt, weil mir etliche einfallen würden …
Ach das meinst du. Also, ganz im Ernst, ich erinnere mich spontan an keine Serie, von der ich den Hauptdarsteller gutaussehend fand.
Na, wir gucken doch Serien nicht aufgrund ihrer hübschen Hauptdarsteller! (Wir doch nicht, ähem.)
"Im Zweifelsfall würde ich Cumberbatch zwar immer noch vorziehen, aber auf dieses Niveau wollen wir uns doch jetzt nicht hinabbegeben, oder? ;)"
Wie meinen?
@Schluss: Hach ja. Habe ja mit sowas gerechnet.
Oi, ich kenn sogar alle "Saw"-Filme und hab's trotzdem nicht gemerkt! Ach egal, ich freu mich ja, wenn solche Taktiken bei mir auch mal funktionieren. 🙂
Aber der Reihe nach, Miller find ich auch ganz nett, ich mag vor allem seinen Kleidungsstil, lustige T-Shirts und Westen. Im Zweifelsfall würde ich Cumberbatch zwar immer noch vorziehen, aber auf dieses Niveau wollen wir uns doch jetzt nicht hinabbegeben, oder? 😉
Dass die Ballons das Markenzeichen waren, hab ich auch so verstanden. Ich vermute, es liegt einfach nur am deutschen Titel, dass ich da mehr erwartet hab. Müsste mal nachgucken, wie die Folge im Original hieß.
Hm, am Ende ging Watson in die Küche, um einen Tee zu machen, und als sie zurückkam, war Holmes schon eingeschlafen. Genau so, wie er da saß. Sehr niedlich.
Mir hat die Folge auch gefallen, besser als die erste und zweite, jedenfalls.
Mir gelingt es aber auch immer besser, Millers Holmes vom Original zu trennen (das vermutlich nicht darum gebeten hätte, den Jungen verhören zu dürfen, sondern das sich einfach über die Regeln hinweggesetzt hätte und ins Verhörzimmer hineinmarschiert wäre – und für den Watsons Wachbleib-Gymnastik ein absolutes!! No-Go gewesen wäre).
Und diese Trennung tut der Serie gut. Okay, es ist Sherman Hobbes, nicht Sherlock Holmes, aber damit funktioniert das Konzept echt gut.
Rein optisch gefällt mir Miller als Holmes übrigens sogar besser als Cumberbatch: Das Hagere, Unrasierte, leicht Gammlige entspricht meiner Vorstellung eines teilweise opiumsüchtigen, verkopften Sherlock Holmes besser. Und Millers Nase sowieso.
Zur Folge selbst: Ich habe sowas ja schon geahnt, es hat mich sehr an einen Saw-Teil erinnert, wo eines der ersten Opfer des Jigsaw am Ende Drahtzieher weiterer Entführungen und Entwickler von Folterkammerkonzepten war – und dabei noch viel skrupelloser und brutaler vorging als das Vorbild.
Trotzdem, gute Folge.
Ich habs so verstanden, dass Holmes offen lässt, ob die Misshandlungen seiner Kindheit passiert sind, oder nicht. Seine Antwort auf die Frage, was davon wahr sei, lautete meines Wissens nach: "Ich war im Internat" – was alles oder nichts bedeuten kann.
Mein Lieblingssatz in dem Zusammenhang war: "Ich persönlich hätte meinen Dad gegen ein TicTac getauscht." LOL
Die Ballons? Hm, ich glaube, sie sollten nur ein Markenzeichen des Serienentführers/-killers sein, damit man die Fälle miteinander in Verbindung bringen kann.
Jedenfalls: Acht von zehn Kniebeugen für diese Folge.
Und am Ende noch eine Frage: Ich habe die Folge aufgenommen, aber mein Rekorder hat die letzten Minuten abgeschnitten, gerade da, wo Watson die Fensterläden schließt, ihm die Akten wegnimmt und sagt, er brauche Reizentzug und Schlaf.
Passiert da nochwas? Schläft er wirklich?