Es war die vierte Staffel, die mich davon überzeugte, dass „Buffy“ doch nicht nur eine dumme Monsterserie ist.
Es war die vierte Staffel, die „Deep Space Nine“ zu einer eigenständigen Serie innerhalb des „Star Trek“-Universums machte. Und es war die vierte Staffel, in der „Fringe“ seine größte Krise erlebte. In einer Zeit, in der kaum eine Serie überhaupt noch vier Jahre überlebt, muss man fragen, was ist dran am verflixten 4. Jahr?
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. So gern wir auch davon fantasieren, Abenteuer zu erleben und ein abwechslungsreiches Leben zu führen, im Grunde unseres Herzens sind wir doch froh, wenn jeden Morgen das Nutella auf dem Tisch steht und pünktlich zur Monatsmitte das Gehalt überwiesen wird. Und so ähnlich ist das auch mit Serien. Experimente sind in der Regel unerwünscht und werden prompt mit sinkenden Einschaltquoten bestraft. Machen wir uns nichts vor, Endlosserien wie die „Lindenstraße“ oder die diversen „CSI“-Krimis fahren ganz gut damit, praktisch jede Woche die gleiche Geschichte zu erzählen.
Trotzdem funktioniert das nicht immer. Eine Krimierzählung folgt anderen Regeln als Science-Fiction, und der Versuch, beide Genres zu vermischen, geht meistens gehörig in die Hose. Nehmen wir nur mal „Akte X“ als Beispiel, die Serie hat den richtigen Moment, sich weiterzuentwickeln, einfach verpasst und torkelte nach neun Jahren dann recht uninspiriert ihrem Ende entgegen. Interessiert hat das keinen mehr. Selbst bei einer Serie wie „House“ war irgendwann die Luft raus, und das, obwohl Arztserien ansonsten verhältnismäßig krisensicher sind.
Doch was passiert nun eigentlich bei Serien, die die Gelegenheit zur Erneuerung nutzen? Bei „Buffy“ kam den Autoren zugute, dass die Hauptfigur nach drei Staffeln die Schule abschloss und auf die Universität wechselte. Zwar blieb das Grundgerüst das gleiche, Buffy bekämpfte weiterhin Vampire und Dämonen, doch man traute sich nun auch an erwachsenere Themen und nutzte die Abgründe des Höllenschlunds mehr als einmal als Metapher für die Abgründe der menschlichen Seele. Die Zielgruppe war großteils mit der Serie gewachsen, deshalb funktionierte dieser Wechsel im Tonfall, die Fans erkannten sich darin wieder.
Aber so eine Richtungsänderung kann auch gelingen, wenn sie rein erzählerische Hintergründe hat. „LOST“ ist dafür ein gutes Beispiel, die vierte Staffel brachte nicht nur die sogenannten Flashforwards, die die Geschichte praktisch vom anderen Ende aus aufrollten, sondern auch kürzere Staffeln und damit einhergehend eine generell stringentere Erzählweise, was der Serie enorm gut tat. Für „Battlestar Galactica“ war die vierte Staffel zugleich die letzte, die auf persönlichere Geschichten und einen philosophischeren Ansatz setzte. Selbst „Deep Space Nine“ wagte das Experiment, führte nach drei Jahren eine neue Figur ein, stellte einen Krieg in den Mittelpunkt der Serie, was für „Star Trek“ insgesamt ungewöhnlich war, und verdüsterte die gesamte Atmosphäre. Für viele war das Grund genug, der Serie den Rücken zu kehren, doch Fakt ist, dass sie erst ab da wirklich spannend wurde und die Figuren an Tiefe gewannen.
Problematisch wird es dann, wenn sich Autoren einen allzu radikalen Richtungswechsel in den Kopf setzen. Die vierte Staffel von „Fringe“ war milde gesprochen eine Katastrophe, weil das über drei Jahre aufgebaute Beziehungsgeflecht innerhalb nur einer Folge vollständig zerstört wurde und die Figuren quasi über Nacht zu ganz anderen Menschen wurden. In gewisser Weise ist verständlich, warum die Idee auf dem Papier verlockend klang, doch Serien leben nun mal von der Bindung der Zuschauer an das einmal etablierte Universum und dem Wissen darum, wie die Figuren ticken. Diese Regeln zu ändern, ist einfach fatal, und das bekam die Serie auch deutlich zu spüren.
Freilich ist es fast müßig, darüber nachzudenken, denn die meisten Serien erreichen heute gar nicht mehr den Punkt, an dem sie über einen Richtungswechsel nachdenken könnten. Und das ist ausgesprochen schade, nicht allein deshalb, weil das dazu führt, dass man ständig neue Serien ausprobieren muss und die guten allzu schnell wieder eingestellt werden, sondern auch, weil man als Zuschauer keine Chance mehr hat, sich auf eine Geschichte einzulassen, auf Charaktere und auch auf die Sackgassen, in die Autoren das Ganze zuweilen manövrieren. Eine Serie wie „Deep Space Nine“ würde ich heute nicht so hoch schätzen, wenn sie nur die ersten drei Staffeln erlebt hätte, und „Buffy“ hätte ich ohne die vierte Staffel nie geschaut. Vielleicht hätten Ned und Chuck in einer vierten Staffel von „Pushing Daisies“ endlich einen Weg gefunden, sich wieder berühren zu können. Vielleicht hätte Mick in „Moonlight“ Beth endlich auch zu einem Vampir gemacht. All diese Serien hatten nie die Möglichkeit, diesen Punkt zu erreichen, und das ist ehrlich gesagt etwas, was ich wirklich bedaure. Denn „House“ hab ich in der siebten Staffel nach Schema F schließlich aufgegeben.